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Gewerkschaften in KolumbienMehr Mitglieder trotz Terror

Kolumbien ist für Gewerkschafter gefährlich, fast 3.000 sind seit den 1980er Jahren ermordet worden. Trotzdem werben sie offensiv für ihre Sache – mit Erfolg.

Für Gewerkschafter ist Bogota nicht ganz so friedlich, wie es aussieht. Bild: reuters

HAMBURG taz | „In Kolumbien lernen die Manager immer noch an der Universität, dass eine Gewerkschaft für ein Unternehmen der erste Schritt zur Pleite ist. Wir müssen zeigen, dass es ganz anders ist“, erklärt der Präsident der Sintracarbón-Präsident Igor Díaz López. Sintracarbón ist die Gewerkschaft der Kohlekumpel Kolumbiens. In der größten Steinkohlemine des Landes, Cerrejón, ist dem Gewerkschaftschef und seinem Team die Imagewerbung für seine Sache ausgesprochen gut gelungen.

Die Mine liegt auf der Halbinsel La Guajira im Norden des Landes. Rund 32 Millionen Tonnen Steinkohle werden in der riesigen Mine jährlich gefördert und auch nach Deutschland exportiert. Seit etwa 25 Jahren existiert die im offenen Tagebau betriebene Mine. Von Februar bis März diesen Jahres stand sie still, das erste Mal in ihrer Geschichte. 97 Prozent der Kumpel hatten für den Streik gestimmt, weil sich das Betreiberkonsortium aus BHP Billiton, AngloAmerican und Xstrata nicht bewegen wollte.

Die drei weltweit agierenden Bergbaukonzerne waren lange nicht bereit, auf die Kernforderungen der Gewerkschaft nach besserer Gesundheitsversorgung, einem spürbaren Lohnzuschlag und nach der Formalisierung der Arbeitsverhältnisse von mehr als 6.000 Zeit- und Leiharbeitern einzugehen.

Erst nach 32 Tagen Streik lenkten die Multis schließlich ein. Sintracarbón war es gelungen die eigenen Forderungen in der öffentlichen Wahrnehmung als berechtigt darzustellen, so dass die Regierung in Bogotá schließlich vermittelnd aktiv wurde. Gute Öffentlichkeitsarbeit, Transparenz in allen Phasen des Tarifkonflikts und der ungeteilte Rückhalt der Kumpel waren dafür entscheidend, so Díaz López.

"Wir wissen genau, wo ihre Familie lebt"

Der stämmige Mann, der einst als Elektriker in der Mine Cerrejón begann, stand während des Tarifkonflikts allerdings unter immensen Druck. Am 10. Januar klingelte in seiner Wohnung in Riohacha das Telefon. Eine männliche Stimme warnte die Frau von Igor Díaz López, dass man genau wisse, wo sie und ihre Familie lebe. Sie solle aufpassen. Wenige Tage zuvor waren noch massivere Drohanrufe bei Aldo Raúl Amaya Daza eingegangen, dem Schatzmeister von Sintracarbón.

Ob es einen Zusammenhang zwischen dem Arbeitskonflikt und den massiven Drohungen gibt, weiß Igor Díaz López nicht. „Ich mache nichts anderes als meine Arbeit als Gewerkschafter“, sagt er und zieht die Augenbrauen in die Höhe. Doch Gewerkschafter landen seit Jahrzehnten immer wieder auf den Todeslisten von Paramilitärs und Killerkommandos in Kolumbien. Seit Mitte der 1980er Jahre sind in Kolumbien fast 3.000 Gewerkschafter ermordet worden. Das belegen die Statistiken der nationalen Gewerkschaftsschule (ENS) in Medellín. Zwanzig Morde wurden für 2012 registriert, so ENS-Direktor Guillermo Correa Montoya.

Der Organisationsgrad steigt langsam an

Wie brisant die Situation ist, zeigt ein Pamphlet der paramilitärischen Bande „Los Rastrojos“, das Ostersonntag an 92 Organisationen, darunter Menschenrechtsanwälte, Gewerkschafter und Parlamentarier, verschickt wurde und in dem sie mit dem Tode bedroht wurden.

Auch Sintracarbón-Präsident Díaz López steht auf dieser Liste. Schutz von Seiten des Staates hat er bis heute nicht erhalten. „Nicht untypisch in Kolumbien, wo erfolgreiche Gewerkschaftsführer immer wieder in den Fokus des Terrors geraten“, kritisiert ENS-Direktor Guillermo Correa Montoya. Er hat mit seinem Team aus mehreren Dutzend Wissenschaftlern in den letzten Jahren zahlreiche Gewerkschaften wie Sintracarbón vor, während und nach Tarifkonflikten beraten.

Erfolgreich, wie nicht nur das Beispiel von Sintracarbón, sondern auch der Anstieg beim landesweiten Organisationsgrad zeigt. „2010 lag der noch bei vier Prozent, heute liegen wir bei fünf“, so der ENS-Direktor. Ein Erfolg neuer transparenter Organisationsarbeit, besonnener Gewerkschafter und internationaler Solidarität, so Correa Montoya.

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1 Kommentar

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  • P
    Pink

    Hoffentlich ändert sich mittel- und langfristig die kolumbianische Politik.

     

    Mir ist einer der dortigen Ausbeuter, ein Deutscher, bekannt, der jetzt insolvent aus Kolumbien zurückkam.

    Recht so ! Da ist nichts mehr mit Goldketten für die Verwandtschaft in good old Germany. Er kocht jetzt auch nur mit Wasser.