Gewaltsame Proteste in Neukaledonien: Polizei räumt Straße zum Airport
Sechs Nächte halten die Unruhen in dem Überseegebiet schon an. Der Vertreter der französischen Regierung droht mit Razzien in den Protesthochburgen.
Die Straße wurde seit Tagen von Unabhängigkeitsbefürwortern blockiert. Flüge von und nach Neukaledonien sind seit Dienstag ausgesetzt. Am Samstag hatte die Regierung erklärt, dass 3200 Menschen wegen der Flugausfälle festsitzen. Australien und Neuseeland hatten Frankreich um Genehmigung gebeten, Evakuierungsflüge für ihre Bürger zu starten.
Seit Montag halten die Unruhen in dem Überseegebiet an, bei denen bereits sechs Menschen starben und hunderte weitere verletzt wurden. Auslöser der Ausschreitungen ist eine von der französischen Regierung vorangetriebene Änderung des Wahlrechtes, durch die nach Ansicht von Unabhängigkeitsbefürwortern der Einfluss der ursprünglichen Bevölkerung zurückgedrängt würde.
Der Vertreter der französischen Regierung in Neukaledonien, Louis Le Franc, kündigte Razzien an, um Orte in Nouméa und den Städten Dumbéa und Païta zurückzuerobern. „Die republikanische Ordnung wird um jeden Preis wiederhergestellt“, sagte Paris' Hochkommissar in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache.
In den von Protestierenden gehaltenen Gegenden werde sich die Situation „intensivieren“, sagte Le Franc. „Wenn sie ihre Waffen einsetzen wollen, gehen sie jedes Risiko ein.“ Der Konflikt bleibe ernst und sei „beispiellos“, fuhr er fort. „Ich will den Randalierern sagen: Stopp, kehrt zur Ruhe zurück, gebt eure Waffen ab!“
Zwar hätten die Einsatzkräfte 60 Straßensperren durchbrochen, jedoch sei die wichtige Straße zwischen Hauptstadt und Flughafen voller Autowracks, verbranntem Holz und Metall. Erst an etwa 15 der Blockaden sei die Straße geräumt, außerdem sei die Straße an mehreren Orten beschädigt, sagte Le Franc weiter.
Journalisten der Nachrichtenagentur afp stellten fest, dass Unabhängigkeitsbefürworter erneut die Kontrolle über einige Straßensperren übernommen hatten. Die Reporter konnten aber dennoch zum Flughafen gelangen.
Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin hatte den Einsatz von hunderten Sicherheitskräften in dem französischen Überseegebiet am Samstagabend verkündet. Ein Großeinsatz von 600 Sicherheitskräften „wird in diesem Moment in Neukaledonien eingeleitet“, um die Straße zwischen Nouméa und dem internationalen Flughafen La Tontouta „vollständig unter Kontrolle zu bringen“, damit der Flughafen wieder öffnen kann, schrieb Darmanin im Onlinedienst X.
Die Regierung in Paris hat wegen der angespannten Lage den Ausnahmezustand in den Überseegebiet ausgerufen und 1000 zusätzliche Sicherheitskräfte entsandt. Bei den Unruhen wurden in den vergangenen Tagen Geschäfte geplündert, Barrikaden errichtet und Gebäude und Fahrzeuge in Brand gesetzt. Am Sonntagmorgen erklärte die Südprovinz Neukaledoniens, dass in der kommenden Woche alle Schulen geschlossen bleiben würden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga