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Gewalt an Berliner SchuleEhemaliger Rektor empfiehlt hartes Regime

Nach einem Brandbrief des Kollegiums der Bergius-Schule in Friedenau meldet sich der Ex-Rektor zu Wort. Sein Rezept hieß damals: Zucht und Ordnung.

Manche warfen ihm „Steinzeitpädagogik“ vor: Michael Rudolph im Jahr 2020 in seinem damaligen Direktorenzimmer Foto: Rainer Rutz

Berlin taz | Die Rede ist bereits von einem neuen Berliner Schulskandal. Von einem Fall, vergleichbar mit dem der Mitte der Nullerjahre bundesweit gewordenen Neuköllner Rütli-Schule: Es vergehe kein Tag ohne Beleidigungen und Bedrohungen von Leh­rern:­in­nen durch Schü­le­r:in­nen und ernsthafte Mobbing-Fälle unter den Kindern und Jugendlichen, schrieb das Kollegium der Friedrich-Bergius-Schule in Friedenau in einem Brandbrief. Es gebe eine „bedrohliche Gewaltbereitschaft und verbale Übergriffe“.

Am Donnerstag meldete sich der ehemalige Schulleiter der Integrierten Sekundarschule zu Wort hat und empfiehlt seinen Nach­fol­ge­r:in­nen und Ex-Kolleg:innen, klare Regeln konsequent durchzusetzen. So habe es zu seiner Zeit als Rektor gegen die ständigen Verspätungen zahlreicher Schü­le­r:in­nen konkrete Maßnahmen gegeben, sagte Michael Rudolph, der die Bergius-Schule bis vor einigen Jahren lange leitete, im RBB-Inforadio.

Die verspäteten Schü­le­r:in­nen mussten damals in der ersten Stunde eine gemeinnützige Arbeit leisten, etwa im Herbst die Blätter auf dem Schulhof zusammenfegen. Rudolph stand dafür seinerzeit teils auch schwer in der Kritik. Der frühere Berliner Bildungsstaatssekretär Mark Rackles (SPD) sprach mit Blick auf Rudolphs Methoden von „Steinzeitpädagogik“.

Folgt man dem Brandbrief, erlebt die Schule im Bezirk Tempelhof-Schöneberg aktuell einen Rückfall in alte Zeiten. Schon als Rudolph 2005 die Schulleitung übernommen hatte, waren Gewaltvorfälle vor und im Schulgebäude normal. Rudolph führte ein hartes Regime ein. „Es kamen damals 40, 50 Schüler von diesen 350 Schülern zu spät, ganz ohne Schuldbewusstsein, einfach so. Das hat natürlich unheimlich den Unterrichtsbetrieb gestört“, erinnerte sich Rudolph nun noch einmal im RBB.

Lange Gespräche mit Problemschülern

Verspätete Schü­le­r:in­nen seien nur nach Klingeln eingelassen und registriert worden. Dann habe zunächst die gemeinnützige Arbeit statt des Unterrichts angestanden. Die Verspätungen seien schnell zurückgegangen, berichtete Rudolph. Alle Schü­le­r:in­nen hätten gemerkt: „Da passiert jetzt irgendwas, da werden Grenzen gesetzt. Und dann wurde es leichter, auch andere Grenzen zu setzen.“

Außerdem habe er lange Gespräche mit Schü­le­r:in­nen geführt und sie sprechen lassen. „Was ist los, was hast du gemacht, was ist das Problem?“ Das hätten die De­lin­quen­t:in­nen hinterher aufschreiben müssen: „Ich habe heute das und das falsch gemacht, ich will aber später Fußballer werden und dann geht das nicht“, sagte Rudolph.

„Die Schüler wussten, dass sie etwas falsch gemacht haben und sie haben sich auch durchaus bemüht, das wieder richtig zu machen. Das ist ja nicht so, dass Schüler alle die Regeln brechen wollen.“ Ob eine Schule funktioniere, entscheide sich vor Ort, sagt Rudolph. Die Verantwortlichen müssten einen Weg finden, die Schulaufsicht könne das nur begleiten.

Die Leh­re­r:in­nen der Bergius-Schule hatten in dem Brandbrief an die Schulaufsicht um Hilfe und personelle Unterstützung gebeten. Verstärkt müsse die Schule die Polizei rufen, um bei eskalierenden Situationen etwa nach Schulschluss vor dem Schulgebäude einzugreifen, hieß es.

Die Senatsbildungsverwaltung hatte am Mittwoch mitgeteilt: „Die Schulaufsicht ist mit der Schulleitung im Austausch und wird in Kürze bei einem klärenden Gespräch weitere Unterstützung anbieten, aber auch die Vorgänge an der Schule prüfen.“ (mit dpa)

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2 Kommentare

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  • De Ex-Rektor hat recht. Wenn sich die Lehrer auf der Nase herum tanzen lassen wird nichts passieren, dann übernehmen die Problemschüler das Regime. Die Kollegen, die dann von "Steinzeitpädagogik" sprechen mögen bitte Vorschläge aus der "modernen Pädagogik" machen die Wirkung zeigen.



    Jugendliche testen ihre Grenzen aus, alles ganz normal. Wenn sie aber merken -da ist keine Grenze, dann ufert das ganze aus. In meinen Augen ein grundsätzliches Problem der "modernen" Erziehung und zum Teil auch eine Erklärung für die zunehmende Gewalt unter Jugendlichen, die immer brutalere Züge bekommt.



    Wer nicht lernt Grenzen zu akzeptieren und zu respektieren, kann auch grundsätzlich mit Begriffen wie "Respekt vor dem anderen" nichts anfangen.

  • An dieser Person zeigt sich positiv der Unterschied zwischen Autoritär und Autorität. Alles von ihm erscheint mir plausibel.