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Gesundheitliche Folgen der Klimakrise4.500 Hitzetote diesen Sommer

Deutschland hat seinen viertwärmsten Sommer erlebt. Besonders im Westen des Landes sind viele Menschen durch die extremen Temperaturen gestorben.

Waldsterben im Harz bei Braunlage auf der Luft gesehen im August Foto: Swen Pförtner/dpa

Berlin dpa/taz | Nach einer Schätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) sind in diesem Sommer etwa 4.500 Menschen in Deutschland infolge von Hitze gestorben. Damit liege die Zahl hitzebedingter Todesfälle in diesem Jahr auf einem ähnlichen Niveau wie 2015, 2019 und 2020, heißt es in der Veröffentlichung. 2021 waren 1.900 Menschen, im Jahr davor 3.600 Menschen infolge von Hitze gestorben.

Die Analyse zeigte, dass es im Süden zwar die meisten Hitzewochen gab, hier aber nicht die meisten hitzebedingten Todesfälle auftraten. Im Süden starben diesen Sommer demnach etwa 1.400 Menschen durch die Hitze, im Westen waren es sogar 2.000. Ähnliches war auch schon im Jahr 2018 zu beobachten gewesen. „Ein Grund für diese Unterschiede ist vermutlich die bessere Hitzeadaption in Regionen, in denen auch in der Vergangenheit heißere Sommer auftraten“, mutmaßen die Autorin und der Autor.

Die Gründe für hitzebedingte Todesfälle seien vielfältig und reichten vom Hitzeschlag bis zu komplexeren Konstellationen, etwa bei Menschen mit vorbestehenden Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen. Die Gesamtzahl der durch Hitze ausgelösten Todesfälle zu erfassen, sei deshalb schwierig.

Für ihre Auswertung haben die Experten auf Basis der Sterbefälle und der gemessenen Temperaturen die hitzebedingten Todesfälle in Deutschland geschätzt. Herausgerechnet haben sie für ihre Auswertung die gemeldeten Corona-Todesfälle.

Klimakrise verschärft die Hitzewellen

Im Vergleich mit dem langjährigen Durchschnitt sei der Sommer 2022 der sonnigste und viertwärmste seit Aufzeichnungsbeginn gewesen, heißt es in der Studie. 2022 habe es viele Hitzewochen gegeben, vergleichbar mit dem Rekordsommer 2018.

„Es ist davon auszugehen, dass es durch den Klimawandel auch in Zukunft vermehrt zu Perioden extremer Hitze in Deutschland kommen wird, die weitreichende gesundheitliche Risiken mit sich bringen können“, schreiben die Autorin und der Autor. Ein zeitnahes Monitoring könne helfen, Risiken zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen. Kli­ma­for­sche­r:in­nen gehen davon aus, dass mittlerweile jede einzelne Hitzewelle durch die Klimakrise wahrscheinlicher und intensiver geworden ist.

Am Beispiel Großbritannien hat das Forschungsnetzwerk World Weather Attribution die europäische Hitzewelle in diesem Sommer als Einzelfall untersucht. Das Ergebnis: Die Klimakrise hat die britische Extremhitze rund zehnmal wahrscheinlicher gemacht. Ohne die menschlichen Treibhausgas-Emissionen in der Atmosphäre hätten dieselben meteorologischen Umstände zu mindestens zwei Grad weniger geführt.

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1 Kommentar

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  • UNVOLLSTÄNDIGE RECHNUNG

    "Die Klimakrise hat die britische Extremhitze rund zehnmal wahrscheinlicher gemacht..."

    Was England betrifft, ist die Anzahl der Kältetoten allerdings um eine Größenordnung höher als die Zahl der Hitzetoten: 800 Hitzetote und 60500 Kältetote zwischen 2000 und 2019. D.h. das Risiko, an Unterkühlung zu sterben ist 10 Mal höher als das Risiko an Hitze zu sterben. [1]

    Die Anzahl der Kältetoten dürfte sich - angesichts der steigenden Energiepreise mit der Folge von 'Energiearmut' [2] und zusätzlich angesichts der aktuellen Energieknappheit - eher noch erhöhen. [3]

    Kälte fordert auch weltweit pro Jahr ca. 10 Mal so viele Opfer wie Hitze. [4]

    [1] "Each year in England and Wales, there were on average nearly 800 excess deaths associated with heat and over 60,500 associated with cold between 2000 and 2019, according to a new study published in The Lancet Planetary Health."



    https:/www.lshtm.ac.uk/ne...-rates-vary-across

    [2] Der Guardian vor 2 Jahren:



    "Thousands of people in the UK are dying from the cold, and fuel poverty is to blame."



    Es sollte nicht übersehen werden, daß auch umweltpolitisch induzierte und/oder motivierte Energiepreissteigerungen in bestimmten Bevölkerungsgruppen zu dieser Energiearmut beitragen.



    www.theguardian.co...ty-energy-spending

    [3] Zunehmende Hitze könnte also u.U. die Anzahl der Kältetoten stärker sinken lassen als sie die Anzahl der Hitzetoten steigen läßt. Es gibt Anzeichen dafür, daß dies auch weltweit der Fall ist, d.h. daß zwar die Hitzetodesfälle zunehmen, aber die Kältetodesfälle gleichzeitig stärker abnehmen.

    [4] "Globally, 5 083 173 deaths (...) were associated with non-optimal temperatures per year, consisting of 4 594 098 cold-related deaths (...) and 489 075 heat-related deaths"-



    www.thelancet.com/...1)00081-4/fulltext