Gesundheit und Digitalisierung: Abschied vom Papierrezept
Das E-Rezept soll seit dem 1. Juli die Zahl der Arztbesuche verringern. Die Reaktionen von Ärzten auf die Digitalisierung sind gemischt.
![Eine Krankenkassenkarte in einem Lesegerät. Eine Krankenkassenkarte in einem Lesegerät.](https://taz.de/picture/6441301/14/33366649-1.jpeg)
Eckert stellt schon seit Januar 2022 elektronische Rezepte, sogenannte E-Rezepte aus. Für Folgerezepte reicht dabei ein Anruf des Patienten in der Praxis und die neue Verschreibung wird dort digital auf einen Server geladen. In der Apotheke müssen diese Daten nur abgerufen werden und schon steht das Medikament bereit. „Das E-Rezept bietet Vorteile, aber nur, wenn die Software schnell genug ist und die Ärztinnen und Ärzte in der Bedienung dieser Software geschult sind“, sagt Eckert der taz.
Am Mittwoch stellte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in Berlin die E-Rezepte vor. Die bisherigen Erfahrungen seien „sehr positiv“ sagte Lauterbach. Bisher schon seien 2,6 Millionen E-Rezepte ausgestellt worden. Seit 1. Juli können Patient:innen von ihrer Arztpraxis ein solches Rezept bekommen, dass sie dann in der Apotheke nur noch einlösen, indem sie dort ihre Versichertenkarte einlesen lassen. Die Versichertenkarte muss beim Arzt aber immer noch einmal im Quartal vorgelegt werden.
In der Vergangenheit konnte man zwar schon E-Rezepte bekommen, brauchte aber eine App auf dem Smartphone oder einen ausgedruckten QR-Code, um sie nutzen zu können.
Software muss funktionieren
Während die meisten Apotheken bis Ende August über Möglichkeiten verfügen sollen, Rezepte über die Versichertenkarte einzulösen, sind keineswegs alle Arztpraxen dafür bereit. „Da sollte man die Erwartungen nicht zu hoch schrauben“, sagt Eckert.
![Gesundheitsminister Lauterbach mit einem älteren Mann in einer Apotheke. Gesundheitsminister Lauterbach mit einem älteren Mann in einer Apotheke.](https://taz.de/picture/6441301/14/33366576-2.jpeg)
Die Praxen seien zwar in der Regel schon an die Telematikinfrastruktur angeschlossen, die sie mit den Krankenkassen, Krankenhäusern und Apotheken verbindet, aber oftmals dauere es zu lang, die Daten einzugeben, auf Antwort zu warten und die E-Rezepte elektronisch zu unterschreiben. „Nur wenn die Software funktioniert, bleiben die Praxen dabei“, sagt Eckert.
In seiner Praxis in Berlin-Dahlem zum Beispiel werde die Rezeptausstellung noch „händisch“ gemacht, sagt Wolfgang Kreischer, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Berlin und Brandenburg (BDA), der taz. „Wir werden das E-Rezept auch erst mal nicht einführen, denn es ist keine Erleichterung für uns.“
Zwar sei seine Praxis an die Telematikinfrastruktur angeschlossen, „die Anschlüsse funktionieren aber oft nicht“, so Kreischer. Das zeige sich auch bei der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die schon seit Beginn dieses Jahres möglich ist. „Das dauert 30 Sekunden, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die Kassen zu schicken“, rügt der Allgemeinarzt.
Wenn es bei E-Rezepten ähnlich lange dauert, könnte sich die zusätzliche Arbeitszeit in einer Praxis auf bis zu 50 Minuten am Tag belaufen.
Auch die E-Akte kommt
Rezepte können künftig weiterhin per Ausdruck eingelöst werden oder per Versichertenkarte oder per E-Rezept-App. Der Ausdruck ist allerdings künftig weiß. Die rosafarbenen Papiere sind also Geschichte. Für Ärzt:innen soll es vom 1.Januar 2024 an zur Pflicht werden, Verschreibungen auch elektronisch auszustellen. Sanktionen gegen unwillige Ärzt:innen solle es aber nicht geben, sagte Lauterbach, „wenn die Technik nicht funktioniert, kann der Arzt nichts dafür“.
Bis Anfang 2025 soll dann auch die elektronische Patientenakte kommen, außer, einE Patient:in lehnt dies ab. Dabei handelt es sich um einen persönlichen Datenspeicher für Befunde, Röntgenbilder und Medikamente. Ein Gesetzentwurf zur E-Akte soll Ende August vorgestellt werden, sagte Lauterbach. In der Digitalisierung des Gesundheitssystems brauche Deutschland „eine Aufholjagd. Da sind wir Entwicklungsland.“
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