piwik no script img

Gespräche zwischen USA und TalibanKein Durchbruch in Afghanistan

In Abu Dhabi finden auf US-Initiative Gespräche für eine Konfliktlösung mit den Taliban statt – und bringen bisher keine greifbaren Ergebnisse.

Zalmay Khalilzad war in ähnlicher Funktion schon nach dem US-Einmarsch 2001 tätig Foto: ap

Kabul/Abu Dhabi taz | „Wir wollen nicht, dass sich der Krieg weiter hinzieht“, aber Frieden werde es erst geben, „nach dem die Aggressoren das Land verlassen haben.“ Das erklärte Talibansprecher Sabihullah Mudschahed am Donnerstag per Telefon im afghanischen Fernsehen mit Bezug auf die US-geführten Koalitionstruppen, die in Afghanistan die Regierung von Präsident Aschraf Ghani stützen.

Mudschaheds in Kabul viel diskutierter erster Liveauftritt in einem afghanischen Medium folgte auf viertägige Gespräche im Golfemirat Abu Dhabi. Dort wurde auf US-Initiative eine diplomatische Konfliktlösung für Afghanistan ausgelotet. Bei der zentralen Runde am Dienstag und Mittwoch traf der US-Sondergesandte Zalmay Khalilzad, in ähnlicher Funktion nach dem US-Einmarsch 2001 zum Sturz des Talibanregimes in Kabul tätig, Vertreter der damals von der Macht Vertriebenen.

Die Kabuler Regierung saß nicht mit am Tisch. Die Taliban lehnen Direktgespräche mit ihr ab. Vorgeschaltet war deshalb eine Viererrunde aus USA, Saudi-Arabien, Pakistan und Afghanistan. Am Donnerstag trafen sich die Taliban gesondert mit den Pakistanern, Saudi-Arabern und den gastgebenden Emiratern. Kabul sprach trotzdem von indirekten Gesprächen, was Mudschahed zurückwies.

Aus Sicht der Taliban geht es allein um den Abzug der ausländischen Truppen. Dafür wollen sie einen Zeitplan und Garantien weshalb Regierungs- und Militärvertreter aus Saudi-Arabien, Pakistan und des Gastgebers hinzugezogen wurden. Danach, so Mudschahed, werde man sich „unter Afghanen“ auf alles weitere einigen.

„Es gibt keinen Ersatz für eine gewählte Regierung“

Die Taliban waren in Abu Dhabi höherrangig vertreten als je zuvor. Neben ihrem im Golfstaat Qatar stationierten Verhandlungsteam waren Amir Khan Mutaki sowie zwei weitere Mitglieder ihres Führungsrates anwesend. Mutaqi war bereits 2000 als persönlicher Vertreter des damaligen Talibanchefs Mullah Omar Chefunterhändler mit der UNO.

Offiziell, so Khalilzad, dienten seine Gespräche in Abu Dhabi der „Herbeiführung eines intra-afghanischen Dialogs“. Der Chef des Nationalen Sicherheitsrates, Hamdullah Moheb, erklärte, kein anderes Land habe „das Recht, Regierungsstrukturen für Afghanistan zu diskutieren“. Das spielt auf Gerüchte an, Khalilzad betreibe die Schaffung einer Übergangsregierung mit Talibanbeteiligung, obwohl für April 2019 Präsidentenwahlen angesetzt sind. „Es gibt keinen Ersatz für eine gewählte Regierung“, so Moheb. In Kabul wird befürchtet, Washington könne die Regierung vor vollendete Tatsachen stellen.

Khalilzad steht unter Druck. Er hat sich eine Sechsmonatsfrist für einen Durchbruch gesetzt – aus Furcht, Präsident Trump könne einen einseitigen Truppenabzug anordnen. Die Taliban, die mehr Territorium kontrollieren denn je seit 2001, haben Zeit. „Das ist der Zeitplan der Amerikaner“, so Mudschahed. Afghanistan sei ein „komplexes Problem, dass sich nicht in ein, zwei Sitzungen lösen lässt“. Die nächsten Gespräche sollen am 15. Januar in Saudi-Arabien stattfinden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • „Es gibt keinen Ersatz für eine gewählte Regierung.“

    Ein nicht begründbares Postulat. König, Stammesräte, religiöse Räte, alles vorstellbar. Demokratie ist für Afghanistan möglicherweise - noch - nicht die richtige Regierungsform. Die jetzige Regierungsform einer vom Westen gestützten Demokratie ist jedenfalls ganz offensichtlich nicht in der Lage, den Afghanen eine Zukunftsperspektive zu geben.