Gespräche über ein TTIP light: Ein zweiter Chlorhähnchenkrieg droht

Donald Trump will, dass die EU weitere Zölle auf US-Agrarprodukte senkt. Doch längst gehen die Handelsgespräche darüber hinaus.

Aktivisten tragen eine Chlorhähnchen-Puppe

Wird es bald wieder Proteste geben, wie hier 2014 in München? Foto: reuters

BRÜSSEL taz | Zwei Jahre nach dem Scheitern des umstrittenen transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP hat die EU-Kommission neue Handelsgespräche mit den USA angekündigt. Sie arbeite an einem Verhandlungsmandat, sagte Handelskommissarin Cecilia Malmström nach einem Besuch in Washington. Es gehe nur um Industriegüter und Autos, eine Neuauflage von TTIP sei nicht geplant.

Doch genau das fürchten Umweltverbände und Verbraucherschützer. Auch Teile des Europaparlaments zeigen sich alarmiert. Er habe durchaus Sorge, dass noch andere Themen auf die Agenda kommen könnten, sagte Reinhard Bütikofer, EU-Abgeordneter der Grünen. „Wir können die EU-Kommission nur davor warnen, Punkte wiederzubeleben, die sich schon bei den gescheiterten TTIP-Verhandlungen als toxisch erwiesen hatten“, sagt er

Großen Widerstand gab es bei TTIP gegen eine Öffnung des Agrarmarkts für US-Produkte. Amerikanischer Genmais und Chlorhähnchen könnten auf den europäischen Markt gedrückt werden, so die Sorge damals. Sie wird auch jetzt wieder laut – denn die USA wollen erneut über die Landwirtschaft sprechen. Am Wochenende haben sie den Druck auf Brüssel erhöht.

Das Ziel der nun geplanten Verhandlungen sei es, EU-Zölle auf Agrarexporte aus den USA zu senken oder ganz abzuschaffen, sagte der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer. Auch andere Handelshemmnisse, etwa für biotechnologische Produkte, müssten fallen. Bereits im Sommer hatten die USA die EU gedrängt, endlich den Markt für Sojabohnen zu öffnen – mit durchschlagendem Erfolg.

Europa kommt Trump entgegen

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gab dem Verlangen von US-Präsident Donald Trump bei einem Besuch im Weißen Haus nach: Denn es koste die EU nichts; der Markt verlange ohnehin nach billigem US-Soja. Im zweiten Halbjahr 2018 seien die EU-Importe um 112 Prozent gestiegen, meldete Juncker Anfang Januar voller Stolz. Er hoffte wohl, dies werde Trump besänftigen.

Doch der US-Präsident verlangt mehr. Und die Europäer kommen ihm – ohne dies laut zu sagen – weiter entgegen. So kündigte die EU-Kommission an, bald auch die Nutzung von US-Soja als Biotreibstoff zu genehmigen. Zudem will Brüssel Gespräche zur „regulatorischen Zusammenarbeit“ führen. Dabei geht es um Themen wie Cybersicherheit, aber auch um Industrienormen und Produktstandards.

Doch die Hoffnung, dass nun endlich Ruhe einkehrt, hat sich nicht erfüllt. Im Gegenteil: Der US-Präsident führt die Europäer vor – wie zuletzt Anfang Dezember, als er deutsche Automanager zum Rapport ins Weiße Haus berief. VW, BMW und Daimler wurden aufgefordert, weitere Investitionen in den USA zu tätigen. Andernfalls müssten sie mit Strafzöllen rechnen, so die kaum verhohlene Drohung des US-Präsidenten.

Eine hilflose Kommission

Die EU hat darauf bis heute keine Parade gefunden. In Brüssel schweigt man eisern zu den Parallelverhandlungen, die Trump immer wieder mit Deutschland oder deutschen Herstellern führt. Auch Trumps jüngsten Forderungen steht die Kommission hilflos gegenüber.

Sie laufen auf ein „TTIP light“ hinaus, mit einer Marktöffnung bei Industriegütern und Landwirtschaft. Die EU will aber nur über die Industrie und Autos reden. Für ein umfassendes Freihandelsabkommen gebe es keine Mehrheit unter den 28 EU-Staaten, heißt es dazu in Brüssel. Vor allem Frankreich sträubt sich zum Schutz seiner Bauern gegen Agrar-Gespräche. Auch andere Staaten wie Belgien oder Irland haben Vorbehalte.

Demgegenüber scheint Deutschland zu allem bereit, um Strafzölle auf Autos zu vermeiden. Handelskommissarin Cecilia Malmström muss nun versuchen, alle Wünsche unter einen Hut zu bringen. Leicht wird das nicht werden– um das Verhandlungsmandat droht der nächste Streit.

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