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Gesperrte Indymedia-WebsiteKlagen gegen „linksunten“-Verbot

Die angeblichen Betreiber klagen gegen das Verbot der Indymedia-Website „linksunten“. Die Seite bleibt zunächst weiter unerreichbar.

Samstag demonstrierten Indymedia-Unterstützer_innen – nun folgte die Klage Foto: dpa

Freiburg taz | Eine Gruppe von Anwälten um den Göttinger Sven Adam klagt im Namen der Betroffenen gegen das Verbot der linksradikalen Webseite „Indymedia linksunten“ sowie gegen die damit zusammenhängenden Hausdurchsuchungen. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung, das Verbot von „linksunten“ bleibt damit zunächst bestehen.

Am Freitag hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) den angeblichen Verein „linksunten.indymedia“ verboten und auch verfügt, dass dessen Webseite abgeschaltet werden soll. Die Seite laufe den Strafgesetzen zuwider, denn sie habe es „ermöglicht und erleichtert“, dass dort Delikte wie die „Billigung von Straftaten“ oder die „Anleitung zu Straftaten“ begangen werden konnten. Die Posts von anonymen Dritten wurden den Betreibern der Webseite zugerechnet, weil jene die strafbaren Beiträge bewusst auf der moderierten Seite stehen ließen.

Gegen das Verbot klagen nun drei in der Verfügung namentlich genannte Personen sowie zwei weitere Personen, denen die Polizei die Verfügung am Freitag übergeben hat oder dies zumindest versuchte. Die Kläger machen darin zunächst nur geltend, dass sie mit den anderen genannten Personen „keinen Verein“ gebildet haben. Eine nähere Begründung enthalten die Klagen noch nicht. Sie dienen zum einen der Wahrung von Fristen, zum anderen beantragen die Anwälte damit auch Akteneinsicht, insbesondere in Vermerke und Dossiers des Verfassungsschutzes.

Zuständig für die Klagen gegen das Vereinsverbot ist in erster und einziger Instanz das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Dort wird der Fall auch mündlich verhandelt werden. Voraussichtlich wird es dann vor allem um vier Fragen gehen: Gehören die fünf Personen überhaupt zu Indymedia linksunten? Sind die Betreiber der Webseite ein Verein mit gemeinsamer Willensbildung? Müssen sich die Betreiber strafbare und verfassungsfeindliche Postings der Nutzer zurechnen lassen? Haben diese strafbaren und verfassungsfeindlichen Inhalte die Wirkung der Webseite „geprägt“?

Da bei allen fünf Personen Hausdurchsuchungen stattfanden, haben die Betroffenen auch dagegen Klage eingereicht. Zuständig hierfür ist das Verwaltungsgericht Freiburg. Die Durchsuchungen seien rechtswidrig gewesen, so die Kläger, was aber ebenfalls noch nicht begründet wurde. In einer separaten Klage wendet sich das Freiburger autonome Zentrum KTS dagegen, dass es am Freitag ebenfalls durchsucht wurde.

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5 Kommentare

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  • 1G
    1338 (Profil gelöscht)

    Das Verbot von Indymedia ist sicherlich als ein öffentlichkeitswirksamer Wahlkampfbeitrag des Innenministers zu werten. Gleichzeitig versucht er hiermit,

    die Linke zu diskreditieren.

    Des Weiteren kann man dieses Verbot auch als Test verstehen,

    wie weit man das Internet

    unter staatliche Kontrolle bringen kann. Das Internet ist in Zeiten von Fake News und Propaganda in den öffentlichen und Konzernmedien für viele Menschen zu einer alternativen Informationsquelle geworden. Die Konkurrenz des Internets zu den öffentlich-rechtlichen Medien und den Zeitungsverlagen wird für diese zunehmend zum Problem.

     

    Linksunten verboten https://de.indymedia.org/node/13553

  • "Nach kurzer Zeit verschwanden Beiträge, u.a. meiner. Es wurde vom Webmaster zensiert. Die Beiträge paßten nicht ins Meinungsbild"

     

    Halte ich für gezieltes Streuen unwahrer Behauptungen.

     

    Nach meiner Erfahrung blieben auch erkennbar rechtsmotivierte Kommentare stehen, z.B. die offensichtlich erfundene Geschichte eines "Anwohners" aus dem Schanzenviertel, der für sich in Anspruch nahm für "die Mehrheit" der Bewohner dieses Viertels zu sprechen und der unmittelbar nach dem G20-Gipfel u.a. die sofortige Schließung der Roten Flora forderte.

     

    Es gab ein oder zwei kurz gehaltene Distanzierungen anderer Kommentarschreiber, man wollte den Trollen offensichtlich nicht zuviel Futter geben.

     

    Des weiteren ist auch bekannt, dass dort, eben WEIL es anonym war, auch Polizisten und Zivilfahnder geschrieben haben. Manche gaben sich direkt zu erkennen, bei anderen konnte man es früher oder später am Duktus erkennen.

     

    Spannend wäre sicherlich mal der Versuch, zu klären, ob und in welcher Form die sogenannten "Staatsschützer" auch hier Einfluss auf Diskussionen und die Planung von Widerstandsaktionen genommen haben.

  • 2G
    2830 (Profil gelöscht)

    Selbstverständlich ist freie Meinungsäußerung ein hohes Gut, das es zu verteidigen gilt. Ich habe die Plattform besucht und gepostet. Nach kurzer Zeit verschwanden Beiträge, u.a. meiner. Es wurde vom Webmaster zensiert. Die Beiträge paßten nicht ins Meinungsbild, das nicht so frei ist, wie vorgegeben wird. Keiner der beschnittenen Foristen verstieß gegen Netiquette, war links, nur offener als Dogmatiker. Freie Meinungsäußerung auf linksunten nur wenn sie der eigenen entspricht?

    Das Anprangern von Personen, mit Wohnadressen und Daten, ist daher nur konsequent. Feindbilder müssen befriedigt und gefördert werden. Hetze, Hass und Rachsucht sind Methoden der Klientel, die es eigentlich zu bekämpfen gilt. Wer sich gleich macht, kann nur verlieren.

     

    Zudem nervt es den Rechtsstaat bis über die Maßen auszureizen, Heldentum zu pflegen (die wahren Gerechten) und einen auf Opfer zu machen, wenn es um Verantwortung geht und das System, das man abschaffen will um Hilfe anzuwinseln.

     

    Trotzdem finde ich das Abschalten unzufriedenstellend. Soll doch jeder machen was will, solange er mich nicht umbringt.

  • Wie gut, dass es beim Staat mit seinen Bürokrat_innen und Söldner_truppen ausschließlich mit rechten Dingen zu geht. ;) Rechtsbeugung, Bürger_innenrechte durch neue Gesetze einschränken, oder in Einzelfällen Staatspraxis im Nachhinein als rechtswidrig erklären, was kaum Relevanz für die Betroffenen hat... Presseberichte staatlicher Organe werden dann durchaus wohlwollend von der Presse aufgenommen und verbreitet...

    • 8G
      82741 (Profil gelöscht)
      @Uranus:

      "Söldner_truppen"

       

      Fehlt da das "_innen"? Und was für Söldner(_innen) meinen Sie? Fußballer? Hessen?