Gesetzentwurf zur Grundrente: Zu wenig für zu wenige
Ganze 75 Euro würden arme Rentner mehr bekommen im Monat. Die Fehler der Vergangenheit korrigiert das nicht.
E s ist eine Binsenweisheit: Jede Grundrente ist besser als keine Grundrente. Daher kann die Große Koalition auch kleine Verbesserungen als bedeutsamen Fortschritt verkaufen. Doch nüchtern betrachtet ist nicht viel passiert. Etwa 1,3 Millionen arme Rentner werden ab 2021 pro Monat durchschnittlich 75 Euro zusätzlich erhalten. Das ist fast nichts. Zudem haben die jahrelangen Diskussionen über die Grundrente den Blick aufs Wesentliche verstellt:
Wie kann es eigentlich sein, dass im reichen Deutschland so viele Rentner arm sind? Diese Debatte wird kaum geführt, stattdessen lieber auf die Demografie verwiesen. Es wird suggeriert, dass Deutschland „vergreisen“ würde und die Renten zwangsweise niedrig sein müssten. Nach dem Motto: Wie sollen die wenigen Jugendlichen denn die vielen Alten finanzieren?! Der Topos von der „Vergreisung“ hat sich derart ins öffentliche Bewusstsein gefressen, dass gar nicht mehr auffällt, dass es diese „Überalterung“ bisher nicht gab:
Momentan arbeiten so viele Menschen wie noch nie. Der große Schwung der Rentner kommt erst noch. Diese Zukunft kann aber nicht erklären, warum die Alten schon in der Gegenwart darben. Die Armut der Rentner spiegelt die schweren Fehler der Vergangenheit wider. Vor allem von Rot-Grün. Denn die Schröder-Regierung hat alles getan, um die Rentenkassen in eine Krise zu stürzen. Der erste Fehler: Es wurde systematisch dafür gesorgt, dass die Löhne kaum steigen konnten.
Ob Hartz IV, Leiharbeit, vereinfachte Befristung, Minijobs als Nebenerwerb oder ein Mindestlohn, der viel zu niedrig ist: Wenn die Gehälter dümpeln, dann legen auch die Rentenbeiträge nicht zu. Das ist pure Logik. Genauso wahnsinnig war es, die private Riester-Rente einzuführen. Diese Gelder fehlen jetzt in der gesetzlichen Rentenversicherung – und die Arbeitgeber müssen nichts dazu beitragen. Solange diese Fehler nicht behoben sind, werden viele Rentner weiter darben. Die Grundrente hilft nur wenigen – und zu wenig.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links