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Gesetzentwurf zur DNA-FahndungMit Haut und Haaren

Ermittler sollen durch DNA-Analyse Haut- und Haarfarbe von Tätern feststellen dürfen. In dem Entwurf heißt es, der Eingriff ins Persönlichkeitsrecht sei „verhältnismäßig“.

Chromosomen unter dem Mikroskop: Wozu darf man die darin enthaltene DNA verwenden? Foto: ap

Berlin afp | Die Polizei soll künftig über DNA-Spuren die Farbe von Haut, Haar und Augen sowie das Alter eines flüchtigen Täters feststellen dürfen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf habe das Justizministerium vorgelegt und zur Abstimmung an die anderen Ministerien gegeben, berichten die Zeitungen der Funke Mediengruppe.

„Der Änderungsvorschlag soll die wissenschaftlich mit einer hohen Wahrscheinlichkeit mögliche Bestimmung der Haar-, Augen- und Hautfarbe sowie des Alters des Spurenlegers erlauben“, heißt es in dem Gesetzentwurf. Diese Erkenntnisse seien „grundsätzlich geeignet, die Ermittlungen voranzubringen und den wahren Sachverhalt aufzuklären“.

Die Erweiterung der DNA-Fahndung stelle zwar einen „Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar“, heißt es laut den Funke-Zeitungen in dem Referentenentwurf. Dieser sei aber „in der konkreten Ausgestaltung verhältnismäßig“.

Keine „biogeografische“ Auswertung

Bisher ist nur die Erfassung des Geschlechts durch einen DNA-Test möglich. Zudem können Ermittler einen sogenannten DNA-Abgleich machen. Entdecken Polizisten an einem Tatort eine DNA-Spur – etwa Haare, Hautschuppen oder Bluttropfen – können sie in einer Datenbank erkennen, ob der mutmaßliche Täter schon polizeilich mit seiner DNA erfasst ist.

Weiterhin nicht erlaubt bleibt laut Entwurf die Auswertung der „biogeografische Herkunft“ eines gesuchten und unbekannten mutmaßlichen Täters. So ist zwar medizinisch per DNA-Test auch möglich, die „geografische Herkunft“ einer unbekannten Person zu ermitteln. Rechtlich solle dieses Instrument den Ermittlern jedoch nicht an die Hand gegeben werden, schreiben die Funke-Zeitungen.

Das Justizministerium hebt demnach im Gesetzentwurf hervor, dass „die DNA-Untersuchung selbst nicht spezifisch gegen eine bestimmte Personengruppe oder Minderheit gerichtet und damit an sich nicht diskriminierend“ sei. Bei den „Folgemaßnahmen“ müsse allerdings beachtet werden, „dass es in Fällen der möglichen Zuordnung der Spur zu Angehörigen einer Minderheit nicht zu einem Missbrauch dieses Umstandes im Sinne rassistischer Stimmungsmache oder Hetze kommen darf“.

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6 Kommentare

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  • Wie und wo werden die ganzen DNA-Untersuchungen denn gespeichert? Wann werden die Daten gelöscht? Wer bekommt Zugriff auf die Datenbestände?

    Hier mal ein historisches Negativ-Beispiel:



    de.wikipedia.org/wiki/Rosa_Liste

  • Ich sehe da kein Problem. Würden Zeugen berichten, dass der Täter rote Haare hat, dann würde ja auch nach einem Rothaarigen gefahndet werden.

    • @Thomas Friedrich:

      Heilicher Strohsack.

      Setzen Sie sich mal ein wenig mit Statistik auseinander, mit seltenen Merkmalen in unserer Bevölkerung, und mit den Trefferquoten (=> in Umkehrung mit den "falschen positiven") dieser Methoden auseinander (die Rede ist von Grössenordnungen von 70% Trefferquoten!).

      Und lesen Sie dann mal über Prävalenzfehler [1] nach: wenn die Falschpositivrate wesentlich höher ist als der fragliche Populationsanteil ernten Sie Mist. Viel Mist. Der aber gegen diese Population gerichtet wird.

      Ich wäre mit solchen Entwicklungen einverstanden, wenn ich nur ein klein wenig Vertrauen hätte, dass die Ermittlungsbehörden und die Presse zu solchen Feinheiten fähig wären.

      Meine Erfahrung lehrt jedoch leider etwas anderes...

      [1] de.wikipedia.org/w...%C3%A4valenzfehler

    • @Thomas Friedrich:

      ...und seit wann gehören "Rothaarige" zu einer Minderheit, die Ziel struktureller, institutioneller oder medialer "rassistischer Stimmungsmache oder Hetze" werden können?...



      Fehlt nur noch, dass Sie Schwarzhaarigen Ihr Verwechslungsbeileid aussprechen!

      • @blinde kuh:

        www.welt.de/lifest...rige-zu-leben.html

        "Dass die Diskriminierung Rothaariger gesellschaftsfähig sein kann, ist mir erst aufgefallen, als ich vor zwei Jahren nach London zog. An meinem ersten Wochenende kaufte ich mir die eigentlich linksliberale Zeitung „Guardian“. Der Titel der Samstagsbeilage lautete sinngemäß: „Warum ich meine Kinder liebe, obwohl sie rothaarig sind.“ Die Engländer finden Rothaarige hässlich, weil sie die Schotten und Iren hassen und die nun mal sehr häufig rothaarig sind. Anekdotische Beweise gibt es dafür zuhauf. Die Geschichte der Familie Chapman machte landesweit Schlagzeilen. Dreimal zogen sie um, weil ihre Kinder wegen ihrer roten Haare verprügelt wurden. Tim Culley flog 2002 aus dem „Big Brother“-Haus, nachdem herauskam, dass seine braunen Haare nur gefärbt und er in Wahrheit rothaarig ist. Er wurde zur nationalen Witzfigur und wanderte schließlich nach Südafrika aus."

        Die Diskriminierung Rothaariger in Europa gibt es schon seit Jahrhunderten.

    • @Thomas Friedrich:

      Und genau deshalb muss unbedingt untersagt werden, Zeugen nach solchen Merkmalen zu befragen. Denn deren Fehlerquote ist weit höher als die der DNA-Analyse. Wenn schon, denn schon. Keine halben Sachen. Wenn in einem Fahndungsaufruf mehr als ein neutrales, merkmalsloses "ein*e Verdächtiger*in" steht, wird irgendjemand garantiert diskriminiert.