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Gesetzentwurf der UmweltministerinSchulze will Plastiktüten verbieten

Das Bundesumweltministerium möchte Plastiktüten aus Supermärkten verbannen. Das reicht nicht, finden Grüne und Umweltverbände.

Sind die ab Mitte 2020 verboten? Foto: dpa

Berlin taz | Das Bundesumweltministerium (BMU) arbeitet an einem Verbot von Plastiktüten in Supermärkten. Ein entsprechender Gesetzesentwurf sei bereits in den letzten Zügen, bestätigte am Freitag ein Sprecherin von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) der taz. Demnach könnten schon im kommenden Jahr Plastiktüten, darunter auch „bio-basierte und bio-abbaubare Kunststofftragetaschen“ von den Supermarktkassen verschwinden. Der Gesetzentwurf gehe nun zur Abstimmung an die anderen Ministerien, teilte das BMU mit.

Der Gesetzentwurf sieht vor, Einweg-Plastiktüten mit einer Wandstärke von unter 50 Nanometer an Supermarktkassen gänzlich zu verbieten. Das beträfe alle dort bisher erhältlichen Einweg-Plastiktaschen. Zudem sollen auch Tüten aus „Bio-Plastik“ verboten werden – sie seien mit Blick auf die pestizidanfällige Herstellung lediglich eine „Mogelpackung“, teilt das Ministerium mit. Die besonders dünnen „Hemdchentüten“ genannten Einweg-Plastiktüten, die an Obst- und Gemüseauslagen erhältlich sind, blieben hingegen auch nach Inkrafttreten des geplanten Gesetzes erlaubt. Würden sie verboten, kämen neue (Vor-)Verpackungen auf den Markt, befürchtet das Ministerium.

Das neue Verbot könnte etwa ein halbes Jahr nach der Verkündung in Kraft treten. Die vorgelagerte Ressortabstimmung im Umweltministerium wurde bereits am Donnerstag eingeleitet. Ob und wann das Gesetz aber tatsächlich kommt, ist noch unklar. Zunächst müssen das Bundeskabinett und der Bundestag zustimmen, zudem muss das Gesetz den Bundesrat passieren. Das Ministerium rechnet jedoch fest damit, dass das Gesetz in der ersten Jahreshälfte 2020 in Kraft tritt. Gegenstimmen von Seiten der Koalitionspartner erwarte man nicht.

Obwohl der Entwurf noch jung ist, stößt er bereits auf scharfe Kritik. So geht Umweltverbänden das Papier nicht weit genug. Auch die Grünen sehen den Entwurf von Schulze kritisch. Der Vorschlag verfehle seinen Zweck, wenn er nicht in ein Gesamtkonzept, das Einwegplastik vermeidet und Mehrweglösungen fördert, eingebettet sei, heißt es einer Mitteilung der Bundestagsfraktion. Zudem bekunden die Grünen Ärger darüber, dass Hemdchenbeutel für Obst und Gemüse von der Verbotsregelung ausgenommen blieben. Sie fordern stattdessen eine verbindlichen Abgabe auf alle restlichen Einwegtüten. Gleiches fordert auch der Naturschutzbund (Nabu).

Verband kritisiert „Vertrags- und Vertrauensbruch“

Der Handelsverband Deutschland (HDE) spricht gar von „Vertrags- und Vertrauensbruch“. So besteht seit 2016 eine freiwillige Selbstverpflichtung des Handels, die Plastiktaschen an der Landeskasse zu bepreisen. Das hatte der HDE gemeinsam mit dem Ministerium ausgehandelt. Seitdem ging der Verbrauch von 68 Tüten pro Kopf im Jahr 2015 zurück auf 24 im vergangenen Jahr.

„Die Einzelhändler haben Wort gehalten und die Vereinbarung mit dem Bundesumweltministerium zur Reduzierung von Einwegtragetaschen übererfüllt“, sagt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des HDE. Nun frage man sich, „ob man sich auf das Wort der Regierung noch verlassen kann“, so Genth.

Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums hatte noch im Frühjahr gesagt, bei den Plastiktüten gehe es „im Grunde genommen um Peanuts“: Sie machten weniger als ein Prozent des Verpackungsaufkommens aus Kunststoff aus. Das Ministerium beteuert, auch andere Plastikarten bekämpfen zu wollen. So würden bereits 2021 aufgrund einer EU-Verordnung weitere Einweg-Plastikartikel wie Plastikgeschirr oder Rührstäbchen verboten.

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8 Kommentare

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  • Ich finde die Idee gut, auch weil wir uns damit erst einmal mit kleinen Schritten, die uns allen leicht fallen, an die größeren Verursacher herantasten.

    Meiner Meinung nach ist es wichtig, der "breiten Masse" an Menschen, zu der ich mich ausdrücklich auch zähle, die nicht ganz so reflektiert sind und manche Folgen ihres Konsumverhaltens nicht vollständig überblicken, zu helfen, das Richtige zu tun bzw. das Falsche zu unterlassen.



    Dabei finde ich Aufklärung sehr wichtig, aber eben auch, dass die Politik Verbrauch steuert. Und mit dem Verbot der Plastiktüten, Plastikgeschirr etc. tut man (im Gegensatz zu der Verteuerung von Strom, Heizung, Bauvorschriften etc.) vermutlich wirklich niemandem weh. Solche Änderungen sollten am Anfang stehen. Ich bin der Ansicht, wenn mit solchen "schmerzfreien" Änderungen begonnen wird, steigt die Akzeptanz der anspruchsvolleren Aufgaben.

  • Was wird dann aus dem gelben Sack? Hier in Niedersachsen gibt es zudem keine Abfalltonnen mehr. Alles wird in farbigen Plastiksäcken sortiert, statt in Tonnen.

  • Mitteilung an die Redaktion:

    Im drittletzten Absatz findet sich folgender Passus:



    »Plastiktaschen an der Landeskasse«

    Wären dann nicht die Bundesländer zuständig? ;-)

    Es sollte wohl »Ladenkasse« heißen, nehme ich an.

  • Was im Artikel völlig fehlt: Wozu sollen die »Einwegplastiktüten« verboten werden? Was ist das große Ziel der kleinen Maßnahme? Sagt das Bundesumweltministerium dazu nichts? Das wäre doch weit wichtiger als die Gremien zu benennen, die noch zustimmen müssen. Auch mein Eindruck ist: Das ist Symbolpolitik.

    Ich benutze Plastiktüten, die ich habe, normalerweise sehr oft. Nur wenn sie kaputt oder stark verschmutzt sind, werfe ich sie weg, indem ich sie als Müllbeutel benutze, wenn das noch geht.

    Ich habe einen Behälter, in den Plastiktüten kommen, die ich gerade nicht nutze. Wenn ich eine brauche, suche ich mir eine in der gewünschten Größe. Manche Plastiktüte ist zehn Jahre oder älter.

    Will mir jemand an der Kasse eines Geschäfts eine Plastiktüte geben oder gar aufdrängen, weise ich auf meinen mitgebrachten Rucksack hin und verstaue das Gekaufte dort. So komme ich seit Jahren nur auf wenige neue Plastiktüten jährlich.

    Manchmal finde ich Plastiktüten ganz praktisch, z. B. bei Regenwetter, wenn der Rucksack nicht für das Gekaufte reicht. Stofftaschen sind dann eher unpraktisch, weil die Nässe durchgeht.

    Plastiktüten eignen sich gut zur Weitergabe kleiner Geschenke (z. B. Obst und Gemüse aus dem Garten) oder als Verpackung für ein Buch, das man verleiht. Man gibt die Plastiktüte einfach mit. Es wäre unpraktisch, wenn beim Austausch solcher Dinge, jeder jeweils einen Beutel o. Ä. dabeihaben müsste, wenn man sich nicht bei jemandem zu Hause trifft. Überraschende Mitgabe einer Sache werden dann schwieriger. Daran sieht man, dass die Plastiktüte Teil unserer Kultur geworden ist, ohne dass ich das jetzt überhöhen möchte.

    Insofern gefällt mir das Verbot nicht. Aber vielleicht gehen andere Menschen anders mit Plastiktüten um und das Verbot hat angesichts dessen einen Sinn. Ich habe einen Vorrat, von dem ich noch lange zehren kann.

  • Symbolpolitik vom Feinsten.



    Plastiktüten machen gerade einmal 1% des Plastiks aus.



    Industrieplastik dagegen etwa 2/3.

    Mal wieder wird versucht über Verbraucherpolitik und Alltagssymbolik, die eigentlichen Hebel zu verschleiern, weil die Politik Angst hat, sich mit den großen Playern anzulegen.

    • 9G
      90118 (Profil gelöscht)
      @J_CGN:

      diese 1% landen leider zum großen teil in der umwelt, landschaft, kanalisation usw. es in jedem fall ist es ein fortschritt, wenn dies entfällt.



      über die anderen probleme muss man trotzdem diskutiern, natürlich!

      • @90118 (Profil gelöscht):

        Ich bin mir da nicht so sicher.

        Bei uns landen Plastiktüten nie in der Landschaft. Wenn wir was in Tüten in die Landschaft tragen, muss es ja auch wieder zurück.

        Wir könnten natürlich das ganze Picknick liegen lassen, aber dann ist die Tüte sicher nicht das Hauptproblem.

        Ich sehe das daher ähnlich wie J_CGN.

      • @90118 (Profil gelöscht):

        Es ist doch so, dass diemeisten Tüten wiederverwendet werden, als weitere Verpackung, Mülltüten, etc.

        Außerdem wäre ein Verbot des Exports von Plastikmüll der einfachstr und schnellste Hebel.

        Es ist schlicht diese populistisch auf Symbole setzende Politik, die nervt.