Geschlechtsspezifische Verfolgung: Als Mädchen und Frauen bedroht
Die Linkspartei lobt, dass mehr Flüchtlinge wegen geschlechtsspezifischer Verfolgung anerkannt werden. Kritik übt die Partei aber am Schutzstatuts.
Am deutlichsten fällt die Entwicklung bei den Afghan_innen auf: Waren es im Jahr 2021 noch 116 Flüchtlinge, die das Bundesamt für Flüchtlinge (Bamf) wegen geschlechtsspezifischer Verfolgung anerkannte, waren es 2022 schon 1027 und allein im ersten Halbjahr 2023 bereits 1.499 Flüchtlinge.
Während aus Afghanistan vor allem Frauen vor staatlichen Akteuren, also den Taliban fliehen, sind es beispielsweise bei anerkannten Flüchtlingen aus Somalia vorwiegend Mädchen und Kinder, die vor nichtstaatlichen Akteur_innen fliehen, da sie Zwangsheirat oder Genitalverstümmelung befürchten.
Clara Bünger, fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion, wertet die Entwicklung positiv: „Es ist gut, dass geschlechtsspezifische Verfolgungsgründe bei Entscheidungen des Bamf an Bedeutung gewinnen.“ Sie kritisiert allerdings die Art des Schutzes, die Frauen oftmals zuteilwird: „Angesichts der systematischen Diskriminierung und Verfolgung von Frauen durch das Taliban-Regime müssten allerdings alle einen sicheren Flüchtlingsstatus erhalten, nicht nur bloßen Abschiebungsschutz“, so Bünger.
Hier sollte das Bamf dem Beispiel anderer EU-Staaten und den Empfehlungen der EU-Asylagentur folgen, so Bünger: „Innenministerin Faeser muss das Bundesamt entsprechend anweisen, denn das ist eine politische Entscheidung.“
Drei Viertel Mädchen und Frauen
75 Prozent aller Menschen, die wegen geschlechtsspezifischer Verfolgung vom Bamf erfasst werden, sind Frauen und Mädchen. Queere Männer würden vor allem aus Syrien, Türkei, Iran, Irak und der Russischen Förderation fliehen, um hier Schutz zu suchen.
Die Kleine Anfrage ergab ebenfalls: 2021 wurden 342 Vulnerabilitäten gemeldet, also Flüchtlinge, die besonders geschultes Personal brauchen. Das sind unter anderem Opfer von Menschenhandel, Genitalverstümmlung, Menschen mit schweren körperlichen Erkrankungen oder Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern. 2022 waren es 381 Fälle.
„Angesichts von 150.000 beziehungsweise über 200.000 Asylerstanträgen in diesen Jahren und einer hohen Vulnerabilität unter Geflüchteten ist die Schlussfolgerung wohl zulässig, dass die staatliche Verfahrensberatung durch das Bamf offenkundig nicht dazu geeignet war, vorhandene Vulnerabilitäten verlässlich festzustellen“, so Clara Bünger.
Sie übt auch Kritik an Mittelkürzung der Bundesregierung bei der unabhängigen Asylverfahrensberatung: „Politisch versprochen war eine Verdoppelung der Mittel für das Jahr 2024 – selbst dieser Betrag wäre nur die Hälfte der Summe, die für eine flächendeckende unabhängige Beratungsstruktur erforderlich ist.“ Wenn das Kürzungsprogramm der Ampel umgesetzt würde, hätte das desaströse Folgen.
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