Germanist aus Togo über Rassismus: „Beide Seiten sind Opfer“
Messan Tossa forscht gerade zu „Hofmohren“. Der Germanist erklärt, wie der europäische Rassismus entstanden ist.
wochentaz: Herr Tossa, Sie sind aus Togo. Was hat Sie bewogen Germanistik zu studieren?
Messan Tossa: Wo ich herkomme, ist die Arbeitslosigkeit sehr hoch. Darum habe ich nach dem Abitur überlegt, was die besten Zukunftsperspektiven für mich sind. Die meisten meiner Mitschüler fanden die deutsche Sprache schwierig, und so habe ich mich für diese Fachrichtung entschieden, weil ich da wenige Konkurrenten hatte.
Man lernt in Togo Deutsch in der Schule?
Am Gymnasium schon. Französisch hat man von Beginn der Schule an, Englisch ab dem siebten Schuljahr, und im ersten Jahr des Gymnasiums, also im 10. Schuljahr, fängt man mit Deutsch an. Inzwischen gibt es mehr Wahlmöglichkeiten, zum Beispiel Spanisch, aber damals gab es an meinem Gymnasium keine anderen Fremdsprachen.
Interessiert es denn junge Togoer, Deutsch zu lernen?
Ja, und ich denke, es liegt an der deutschen Kolonialvergangenheit, dass in der Bevölkerung eine gewisse Sympathie für die Deutschen geblieben ist. Wir Akademiker sprechen manchmal von „transgenerationaler Nostalgie“. Wenn man die Sache genau analysiert, ist es aber eher eine Art rhetorische Projektion, eine implizite Kritik an Frankreich: Deutschland scheint vielen als Ideal, weil Togo in der nachkolonialen Zeit ab 1960 eine schlechte Erfahrung mit Frankreich gemacht hat – der Kolonialmacht, die nach Deutschland kam.
Der Mensch
Messan Tossa wurde 1978 in Aného geboren, einer Stadt von etwa 28.000 Einwohnern an der Küste Togos. In der deutschen Kolonialzeit (bis 1918) war Aného Sitz der Kolonialverwaltung. Darum gibt es dort bis heute viele Menschen mit deutschen Vor- und teils auch Nachnamen – Nachkommen von Verbindungen zwischen Deutschen und Einheimischen. Auch in Tossas Schule gab es einige Kinder mit deutschen Namen.
Der Forscher
Nach dem Abitur studierte Tossa Germanistik in Togos Hauptstadt Lomé, arbeitete als Deutschlehrer und promovierte 2014 zum Thema „Friedensdiskurse in der neueren deutschsprachigen Literatur“. Aktuell ist er Fellow am Interdisziplinären Zentrum für die Erforschung der Europäischen Aufklärung der Martin-Luther-Universität in Halle (Saale). Hier forscht er zum Thema „Das Narrativ der Aufklärung in Biographien von afrikanischen Hofmohren“.
Sie sind nun aber letztlich kein Deutschlehrer geworden, sondern forschen mittlerweile über deutsche Philosophie. Wie kam das?
Ich hatte keine Absicht, in der Wissenschaft zu arbeiten. Aber nach meinem Diplom hatte ich als einer der Jahrgangsbesten die Möglichkeit, ein Stipendium vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) zu bekommen. So kam ich im Winter 2004 für ein Semester an die Humboldt-Uni nach Berlin zur Vorbereitung meiner Magisterarbeit. Das war prägend für mich, weil ich da zum ersten Mal in persönlichen Kontakt mit der deutschen Gesellschaft kam – nicht nur vermittelt durch die Literatur.
Wie war das?
Sehr anders als erwartet. Ich hätte nicht gedacht, dass hierzulande der individuelle Raum fast etwas Sakrales hat. Wenn ich zu Hause in Afrika morgens aufwache und zwei oder vier Stunden meine Nachbarn nicht sehe, gehe ich hin und frage, wie es ihnen geht. Aber hier klopft niemand bei den Nachbarn. Die Privatsphäre ist heilig.
Wie fanden Sie das?
Nach einer Zeit konnte ich es verstehen, es liegt an den hiesigen sozialpsychologischen und historischen Erfahrungen der Gesellschaft: Die Geschichte von Aufklärung, Menschenrechten etc. hat eben großen Einfluss auf die tagtäglichen Verhältnisse.
Wie kamen Sie auf Ihr Forschungsthema, die „Hofmohren“ in der Zeit der Aufklärung?
Da muss ich etwas ausholen, und diese Geschichte hat – wie das Thema „Hofmohren“ – mit Hegemonie und Subalternität zu tun. Denn ich musste mir ja damals ein Thema auswählen, das auch dem DAAD als Förderer gefällt. Zu dieser Zeit war das Thema Kindersoldaten in Togo sehr brisant und ich habe versucht, das mit der deutschen Kriegsgeschichte in Verbindung zu bringen, mit Autoren wie Heinrich Böll oder Gregor Dorfmeister, der „Die Brücke“ geschrieben hat, einen Roman, in dem es um Jugendliche im Zweiten Weltkrieg geht, die eine Brücke verteidigen müssen. Ich habe versucht, Parallelen zu Kindersoldaten in Togo zu finden. Das liegt nicht wirklich auf der Hand, aber es war auch nur ein Mittel, um die Förderung zu bekommen. Das hat geklappt.
Und dann?
Für die Promotion bin ich diesen Weg weitergegangen und habe mich mit dem deutschen Pazifismus beschäftigt, wie er sich literarisch seit dem Ersten Weltkrieg in der deutschen Kulturgeschichte herauskristallisiert hat. Hier war mein Rahmen: die 90er Jahre, wo in Afrika viele Bürgerkriege tobten, während man in Deutschland und Europa mit dem Ende des Kalten Krieges die Hoffnung hatte, dass nun eine lange Periode des Friedens anbrechen würde.
Sie versuchen also, Themen, die in Afrika aktuell oder brisant sind, zu verknüpfen mit deutscher Literatur?
Das ist sowieso ein wichtiges Anliegen für uns afrikanische Germanisten. Die Frage des Studiums verknüpft sich im globalen Süden fast systematisch mit der Frage der Entwicklung unserer Gesellschaften – sodass man nur selten ein Thema als rein akademische „Luxusfrage“ bearbeitet. Wir befassen uns mit Themen, die Impulse für unsere Gesellschaft geben.
Was für einen Impuls gibt die Beschäftigung mit „Hofmohren“?
Hier ist der Bezug nicht so offensichtlich, aber es gibt ihn. Ich kam darauf, als ich 2018 an einer Tagung in Dresden teilnahm. Wir hatten einige Sitzungen im Dresdner Residenzschloss. Dort habe ich mehrere Gemälde von Schwarzen Menschen gesehen – und war völlig überrascht. Ich hatte zwar von „Hofmohren“ gehört wie zum Beispiel von Anton Wilhelm Amo, der 1707 als Kind in Ghana versklavt wurde und an den Hof des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel kam. Dort wurde er ausgebildet, später wurde er der erste Philosoph afrikanischer Herkunft in Deutschland. Von Amo wusste ich, aber ich wusste nicht, dass das Phänomen „Hofmohren“ damals so verbreitet war.
Es gab viele von ihnen?
Ja, es war seit der Aufklärung eine Tradition an deutschen Höfen, sich Leute aus Afrika zu „holen“ und als „Prestige-Objekte“ zu verwenden. Viele Adelige hatten welche, oft waren sie einfache Diener, aber manche wurden auch gut ausgebildet. Ich habe also begonnen zu erforschen, wie prägend Menschen wie Amo für die deutsche akademische Kultur waren.
Schwarze Leute mit ähnlichem Schicksal waren zum Beispiel Jacobus Elisa Johannes Capitein aus den Niederlanden oder der Urgroßvater von Puschkin am Hof des Zaren. Mich hat das interessiert, denn schon in der Zeit der Aufklärung hat es ja angefangen, dass Fragen der Rassendiskriminierung auf der Tagesordnung standen. Ich versuche in meinem Projekt den Zusammenhang zu ergründen. Der Bezug zur Aktualität ist eher didaktisch.
Inwiefern?
Als Gymnasiasten haben wir die ganze Philosophie gelernt: Kant, Hegel, Heidegger. Aber wir haben niemals davon gehört, dass rassendiskriminierende Fragen ihr Denken durchzogen haben.
Dass sie Rassisten waren?
So würde ich es jetzt nicht ausdrücken. Aber ich war schockiert, dass uns nicht beigebracht worden war, was zum Beispiel Kant über Schwarze geschrieben hat: dass die „Race“ der Weißen angeblich die „größte Vollkommenheit“ hat und die Schwarzen „weit tiefer“ stünden. Dieses Denken zu analysieren ist, glaube ich, eine wichtige Arbeit, die man angehen muss, wenn man die Grundlagen des heutigen Rassismus verstehen muss. Ich habe drei Söhne und finde es hoch dringend, dass ich ihnen erklären kann, warum diese oder jene Leute dieses oder jenes über sie denken.
Ihre Forschung über die Aufklärung soll helfen, den heutigen Rassismus zu beseitigen?
Das wäre schön, wenn sie dazu beitragen kann. Ich finde es sehr problematisch, dass man damals in unserer Ausbildung diese Aspekte übersehen hat. Am Ende meines Projekts plane ich in Kontakt mit dem togoischen Ministerium für Ausbildung zu treten, um ihnen vorzuschlagen, dass diese Aspekte in das Schulprogramm eingebracht werden. Damit die Schüler verstehen, woher die negativen Typisierungen der Afrikaner kommen.
Wie groß war nun der Einfluss von Schwarzen wie Amo auf die Philosophie der Aufklärung?
Ich denke, eher gering. Damals war es eine ambivalente Situation: Auf der seinen Seite herrschten die negativen Typisierungen der Schwarzen vor, auf der anderen Seite haben sich manche „Hofmohren“ trotzdem in die damalige Gesellschaft ganz normal integriert. Sie heirateten deutsche Frauen, zeugten mit ihnen Kinder, ohne dass man Aspekte der Marginalisierung oder Stigmatisierung in ihren Lebenswegen erkennt. Manche wurden genau wie Einheimische behandelt, wenn sie zum Gesinde des Adels gehörten, etwa beim Lohn. Nur konnten sie nicht frei sein, und auch heiraten durften sie nur, wenn ihr „Gönner“ es erlaubte.
Und Amo?
Was seinen Einfluss anbelangt: Ich glaube, der war nicht so prägnant. Amo galt ja an der Universität in Halle (Saale) als einer der besten Schüler des Frühaufklärers Christian Wolff und er war in die akademischen Diskussionen um dessen Philosophie einbezogen. Aber wenn Kant sich auf Wolffs Philosophie bezieht, versäumt er es, Amo zu erwähnen – und nennt stattdessen einen anderen, zweitrangigen Schüler. Daran sieht man: Die Vorurteile, die damals schon tief verankert waren, haben bewirkt, dass dunkelhäutige Akteure übersehen wurden. Das ist überhaupt ein Zeichen der hegemonialen Haltung der europäischen Kulturgeschichte: Man neigt sehr dazu, die außereuropäischen Einflüsse auf die europäische Kultur zu übersehen.
Aber vielleicht kannte Kant Amo nicht?
Er muss seine Schriften gekannt haben. Das ist so, als ob Sie über Psychoanalyse schreiben und weder Freud noch Jung erwähnen. Sie können das schon machen, aber dann müssen Sie begründen, warum sie sich nicht auf die Personen berufen, die am bekanntesten für eine Position stehen.
Kant hat also Amo auffällig übersehen?
Ja, ich finde das jedenfalls auffällig. Der Mythos von „den Schwarzen“, der in dieser Zeit entstand, besagte ja, dass sie „Sklavennaturen“ seien und nicht imstande, rational zu denken. Das war natürlich eine Rechtfertigung für das Plantagensystem, das auf Sklavenarbeit beruhte und damals das normale ökonomische System war. Es war das Anliegen vieler Politiker und Philosophen, die negativen Vorurteile über die Schwarzen zu bejahen, weil das konstitutiv für ihr Wirtschaftssystem war. Dieses System wollten sie auf keinen Fall in Frage stellen – allem Gerede über universelle Menschenrechte zum Trotz.
Weil man selber davon profitierte und der europäische Aufstieg und Wohlstand davon abhing?
Genau. Zum Beispiel ist Kant laut meiner Recherchen reich geworden, weil er sein Geld in Zuckergeschäften investiert hat – und Zucker war damals reine Plantagen- und damit Sklavenwirtschaft. Genauso Voltaire in Frankreich, der hatte sein Geld in Schiffsexpeditionen gesteckt. Wie Einstein sagte: „Die Wissenschaft ist eine wunderbare Sache, wenn man nicht seinen Lebensunterhalt damit verdienen muss.“ (lacht)
Zurück ins Heute: Es ist ja hier sehr umstritten, überhaupt noch „Mohr“ zu sagen. Die Mohrenstraße in Berlin-Mitte etwa soll umbenannt werden in Anton-Wilhelm-Amo-Straße. Benutzen Sie den Begriff?
Begriffsgeschichtlich kommt „Mohr“ ja von der Iberischen Halbinsel. Als die Araber dort herrschten, hatten sie Schwarze Sklaven mitgebracht, die in Spanien Fuß fassten und zuerst „Mauren“ genannt wurden. Das Problem heute ist, dass der Begriff eine Bedeutung bekommen hat, die mit diesem Ursprung nichts mehr zu tun hat, sondern mit einem Wahrnehmungsspektrum, das eine Reihe von negativen, diskriminierenden Elementen zusammenschließt. Die Verwendung des Begriffs ist also problematisch, weil an ihm kulturelle und psycholinguistische Lasten hängen. In meinen Vorträgen versuche ich daher, darauf zu verzichten. Oder ich sage wenigstens vorher, dass ich ihn problematisch finde.
Helfen Straßenumbenennungen, um hierfür ein Bewusstsein zu schaffen und gegen den mit solchen Worten verbundenen Rassismus anzugehen?
Ich glaube, mit den Straßenumbenennungen greifen wir nur die symbolische Dimension des Problems auf. Wenn wir die Frage des Rassismus behandeln möchten, ist das ein Punkt von vielen.
Was wäre wichtiger?
Wichtig ist, dass man versucht, das ganze Narrativ zu dekonstruieren, das hier auf der Grundlage von Diskriminierungen produziert wurde sowie auf der Grundlage der europäischen Epistemologie, Ethnologie, Anthropologie und Kolonialgeschichte. Dieses Narrativ, das in der kollektiven Mentalität Europas, in den Schulbüchern musealisiert wird. Dieses ganze Narrativ muss umgestaltet werden.
Sie meinen die Rede vom „aufgeklärten Europa“, vom „rückständigen Afrika“?
Das sind nur zwei Pfeiler dieses Narrativs. Grundsätzlich besteht das Narrativ darauf, dass die Weißen eine überlegene Position haben und die Schwarzen in der „Klassifizierung der Menschenrassen weit unten liegen“ – ich zitiere hier Kant und Hegel. Aus dieser Einstufung sind narrative Betrachtungen hervorgegangen, die systematisch die Schwarzen Leute zur „Rückständigkeit“ verdammen.
Denn man geht davon aus, dass die „Andersheit“ der Schwarzen nicht nur physisch ist, sondern einhergeht mit einer negativen Potenz auf der Ebene des Sozialen, Politischen, Künstlerischen. Ich glaube, das ist der größte Fehler der Geschichte. Auf der Grundlage dieser Konstrukte hat man versucht, die ganze Menschheitsgeschichte zu manipulieren.
Aber warum?
Um die Richtigkeit der Konstrukte aufrechtzuerhalten. Das hat auch mit dem Fall Amo zu tun. Man sagt: Wenn wir anerkennen, dass diese dunkelhäutigen Akteure dieses oder jenes geleistet haben, dann haben wir ein Problem mit unserem Postulat der Unterlegenheit der Schwarzen. Also versucht man bestimmte Aspekte der Geschichte zu vertuschen. Man hält zum Beispiel Amo klein.
Aber wie können wir dieses rassistische Narrativ dekonstruieren? Wenn Straßenumbenennungen nur symbolisch sind, sind die Restitutionen von Kunst und Kulturgütern für Sie wohl auch nur Symbolpolitik?
Ja. Ich bin verblüfft, wie obsessiv manche das Thema Restitution verfolgen. Es hat überhaupt keinen Sinn, dass ich geplünderte Objekte restitutiere, auf deren Basis ich Rassen diskriminierende Aussagen gebildet habe, wenn ich nicht zugleich etwas gegen diese diskriminierenden Aussagen mache. Denn was habe ich dann gemacht? Die Objekte gehen, aber das Narrativ besteht weiter.
Was also tun?
Ich denke, das Problem liegt tiefer. Auch die Weißen, die Europäer sind Opfer der Rassen diskriminierenden Ideen, die damals entwickelt und legitimiert wurden. Opfer in dem Sinne, als sie sich immer selbst hinterfragen müssen, ob sie rassistische Verhaltensweisen entwickeln, bewusst oder unbewusst.
Weil man als Weißer zwangsläufig rassistische Vorurteile hat?
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Ja, das ist ein Problem. Viele Kollegen oder Bekannte müssen sorgfältig verfahren, wenn sie uns Afrikanern oder Asiaten oder Araber entgegentreten – aus Angst, dass sie rassistische Verhaltensweise reproduzieren.
Müssen wir hier anfangen, mit der eigenen Dekolonisierung?
Ja, genau. Und ich finde, dass das in Deutschland schon ganz gut gemacht wird – hier ist man viel weiter als in Frankreich. Da werden zum Beispiel noch ganz unreflektiert bestimmte Begriffe gebraucht.
Wie zum Beispiel?
Zum Beispiel sagt man dort immer noch „afrique noire“ – „Schwarzafrika“. Ein Begriff, der hierzulande eigentlich nicht mehr verwendet wird.
Wie steht es um Sie persönlich: Was für Erfahrungen mit Rassismus haben Sie gemacht, möchten Sie davon erzählen?
Ich kann gerne darüber reden. Das Problem hat für mich zwei Dimensionen. Ich weiß ja aus früheren Erfahrungen, dass die deutsche Gesellschaft rassistisch ist – also erwarte ich in bestimmten Kontexten geradezu, dass eine Person mich herabsetzend behandelt.
Sie warten drauf, dass etwas Rassistisches passiert?
Ja, ich habe auch so meine Vorurteile. Das meine ich mit: beide Seiten sind Opfer. Glücklicherweise werden meine Erwartungen dann oft enttäuscht. Aber es gibt Erlebnisse von Rassismus, die sehr prägend sind – zum Beispiel das „veraffen“. Das ist weit verbreitet: Junge Leute, auch Kinder, manchmal auch Erwachsene, strecken die Zunge raus, wenn sie dich sehen, um damit „Affe“ zu sagen.
Das passiert oft?
In Berlin nicht so oft, aber in Thüringen schon. Was es auch gibt, dass einen Leute einfach ignorieren. Ist mir im Supermarkt zwei Mal passiert: Der Kassierer hat meine Sachen durchgezogen und wartet, dass ich ihm Geld gebe – aber er sagt nichts und guckt mich einfach nicht an. Es ist mir auch schon passiert, dass mich Leute als „N*“ anbrüllen. Das war nicht in Berlin, hier ist es inzwischen besser geworden, was Rassismus angeht.
Was sind Ihre Pläne?
Ich sehe mich nicht dauerhaft hier leben. Ich möchte eine Position haben als Akademiker zwischen zwei Welten – sodass ich Deutschland von einer Außenperspektive beobachten kann, ab und zu hierherkomme, um zu forschen und zu lehren, aber sonst in Afrika lebe. Das ist auch eine ethische Frage: Akademiker aus Afrika, die die Kompetenz und Möglichkeit haben, durch didaktische oder akademische Interaktionen zu Hause etwas zu bewegen, sollten das tun. Wo kommen wir hin, wenn sich alle in Europa niederlassen? Auch für meine Nachkommen ist es besser. Sie sollen später selbst entscheiden können, ob sie in Afrika bleiben oder woanders neu anfangen wollen.
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