Gerichtsentscheidung zum Paragraf 219a: Hoffentlich bald Klarheit
Das Bundesverfassungsgericht soll den Streit um den Paragrafen 219a beenden. Dann gäbe es endlich Klarheit für Ärzt*innen und Frauen.
E ndlich. Nach mehr als zwei Jahren Kampf um den Paragrafen 219a, nach einer politischen Schmierenkomödie, nach einer Reform des Paragrafen und nach Urteilen, die zeigen, dass die Situation nach der Reform widersprüchlicher ist als zuvor – nach all dem soll nun endgültig entschieden werden, ob der Paragraf 219a Bestand haben soll.
Dass der von der Großen Koalition geschlossene Kompromiss den Praxistest nicht bestehen würde, war absehbar, auch wenn die SPD das nicht wahrhaben wollte. Die Realität aber zeigt der Politik, wie schlimm die Lage tatsächlich ist: Ärzt*innen, die auf ihren Websites darüber informieren, dass und wie sie Schwangerschaftsabbrüche anbieten, können weiter angezeigt werden. Sie können als „Tötungsspezialisten“ diffamiert werden. Sie können über Listen öffentlich an den Pranger gestellt werden. Aber sie können noch immer nicht selbst sachlich über eine Leistung informieren, die laut Weltgesundheitsorganisation zur medizinischen Grundversorgung gehört.
Die Erleichterung darüber, dass das Bundesverfassungsgericht nun endlich Klarheit schaffen soll, könnte allerdings verfrüht sein. Denn wie diese Klarheit aussehen wird, ist nicht absehbar. Ebenso wenig, ob die Situation für Ärzt*innen und ungewollt schwangere Frauen hinterher besser sein wird als zuvor. Immer wieder gab es auch Gerichtsurteile, die zugunsten des Schutzes des „ungeborenen Lebens“ zutiefst frauenfeindlich waren. Als Mitte der 1970er Jahre die Fristenlösung kommen sollte, erklärte das Gericht diese für verfassungswidrig – gegen das Minderheitenvotum eines Richters und der einzigen weiblichen Richterin. 1992 kippte das Gericht einen Kompromiss des Parlaments, das Schwangerschaftsabbrüche unter Auflagen erlauben wollte.
Es ist eine andere Zeit
Immerhin: Diese Entscheidungen sind lange her. Die Zeit ist eine andere, die Besetzung des Gerichts ebenso. Die Hoffnung ist da, dass das Gericht nicht starr an einem Frauenbild festhält, in dem Bevormundungen alltäglich sind – sondern anerkennt, dass zu einer modernen, gleichberechtigten Gesellschaft sowohl das Recht auf Informationsfreiheit als auch das Recht auf körperliche Selbstbestimmung unabdingbar dazu gehören.
Der juristische Kampf um den 219a könnte bald beendet sein. Von der Entscheidung hängt nun ab, ob damit auch die politische Debatte um den Paragrafen beendet ist.
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