Gericht verbietet Hafenterminal-Bau: Ein Sieg für den Naturschutz

Der Offshore-Terminal in Bremerhaven wird nicht kommen. Ein Gericht hat der Anlage zum Verschiffen von Windkraftanlagen endgültig eine Absage erteilt.

EIn Blick auf die Luneplate in Bremerhaven: Eine grüne Wiese entlang einer Weserbiegung, im Hintergrund klein die Skyline der Stadt

Die Luneplate darf Naturschutzgebiet bleiben: Windkrafträder werden hier in Zukunft nicht verschifft Foto: Carmen Jaspersen/dpa

BREMEN taz | Säbelschnäbler können auf ihrem Flug nach Süden weiter Halt machen an der Luneplate in Bremerhaven und das Neunauge kann sich im Brackwasserwatt weiter von Salz- auf Süßwasser umstellen: Der große Hafenterminal, den das Land Bremen gerne in dem ausgewiesenen Natur- und Vogelschutzgebiet gebaut hätte, ist seit Mittwochnachmittag vom Tisch.

Das Oberverwaltungsgericht Bremen hat nach einer Klage des Umweltverbandes BUND entschieden: Der Planfeststellungsbeschluss des Landes ist unwirksam. Dass der Terminal wirtschaftlich sinnvoll ist, sieht das Gericht nicht.

„Sensationell“ findet der BUND das Urteil. „Irritierend“ findet es dagegen die Hafensenatorin Claudia Schilling (SPD). Vor allem „verwundert“ sei man gewesen, sagt Heike Winkler, die Geschäftsführerin der Offshore Windenergie-Agentur Bremerhaven (WAB).

Dabei kommt das Urteil nicht so überraschend, wie es in diesen Worten anklingt. Erstaunlich ist, dass die Entscheidung offenbar endgültig gefallen ist – eine Revision ist nicht zugelassen. Dass es nicht gut aussah für die Befürworter des Terminals, stand aber schon länger fest.

Eine Geschichte voller Rückschläge

Von Bremerhaven aus, so hatte es sich die Landesregierung ab 2010 überlegt, sollte die Energiewende vorangetrieben werden: Die vielen Unternehmen der Windkraftbranche in der Stadt sollten eine Umschlaganlage bekommen, von der aus ganze Windparks verschifft werden könnten, hin zu ihrem Bestimmungsort auf offener See.

Doch richtig gut entwickelt sich das Vorhaben nicht: Erst kann kein privater Investor überzeugt werden; das Land beschließt, das Projekt selbst zu finanzieren. Langsam wird deutlich, dass die besten Zeiten der Offshore-Windenergie-Branche in Bremerhaven erst einmal vorüber sind, einzelne Unternehmen müssen schließen, und 2015 entscheidet sich Siemens, mit einer großen neuen Anlage lieber nach Cuxhaven zu gehen.

Zweifel werden laut: Könnte die Anlage zum nächsten großen Pleiteprojekt des Landes werden, für das noch dazu ein geschütztes Stück Natur im Süden Bremerhavens verschwinden müsste? Der BUND beschließt Ende 2015, zu klagen. Leicht habe man sich die Entscheidung damals nicht gemacht, erklärt Martin Rode, Geschäftsführer des Bremer Landesverbands vom BUND. Aber am Ende scheint ein Nutzen für die Windkraft zu unwahrscheinlich, der Schaden für die Natur zu groß.

Ein Urteil des Verwaltungsgerichts in erster Instanz hatte dem BUND schon 2019 Recht gegeben: Der wirtschaftliche Nutzen des Projekts sei angesichts der Umweltschäden nicht ausreichend begründet worden, hieß es damals. Das nachzuholen ist dem Bremer Senat offenbar bis heute nicht gelungen.

Fronten verlaufen nicht zwischen Opposition und Regierung

Nicht alle in der Bremer Politik sind darüber traurig. Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne) ist schon lange als Gegnerin des Projekts bekannt. Und auch der dritte Koalitionspartner, die Linke, scheint nicht allzu traurig. „Der OTB ist schon lange tot, nun ist es amtlich“, so deren umweltpolitischer Sprecher Nelson Janßen.

Auch die Opposition zeigt sich gespalten. Die FDP kritisiert in einer hämischen Pressemitteilung mit vielen Wind- und Seefahrts-Metaphern, dass der Senat allzu lang „ohne wirtschaftspolitischen Sachverstand, ohne Perspektive und mit hohen Haushaltsrisiken“ am OTB festgehalten habe.

Die CDU dagegen trauert um den OTB und wirft der Landesregierung vor, ihm höchstpersönlich den Garaus gemacht zu haben. Die nämlich hat im Koalitionsvertrag festgehalten, dass die 180 Millionen Euro, die für das Projekt im Haushalt vorgesehen waren, nicht länger als Rücklage vorgehalten würde. „Wenn eine Regierung das Geld für ein zentrales Infrastrukturprojekt für andere Dinge verbraucht, dann machen sie frühere Beschlüsse gegenstandlos“, so Christine Schnittker, stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion.

Ändern neue Ausbauziele die Ausgangslage?

Das alles sieht man im Hafenressort ganz anders. So richtig versteht man die Welt nicht mehr: Man habe gut argumentiert, das Gericht habe sich wohl nur oberflächlich mit den neuen Argumenten auseinandergesetzt. Tatsächlich sind die Rahmenbedingungen ein wenig anders als noch beim Urteil in der ersten Instanz: Mittlerweile hat die Bundesregierung doch wieder Pläne gemacht, die Offshore-Windkraft auszubauen; die nächste Regierung dürfte das ähnlich sehen.

Warum das Gericht trotzdem gegen den OTB entschieden hat, ist noch nicht ganz klar: Die schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus. Wenn sie da ist, will die Hafensenatorin sehen, ob es doch noch einen letzten Weg zum OTB geben könnte: Eine Revision ist nicht möglich; aber eine Beschwerde – vielleicht.

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