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Gericht verbietet BetriebKein Aspirin aus dem Automaten

In Hüffenhardt sollte ein Automat Medikamente ausgeben, als sich für die Apotheke kein Nachfolger fand. Doch das bleibt nun verboten.

Beratung per Video, Abgabe per Automat? Nein, sagt das Gericht Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Die niederländische Versandapotheke DocMorris darf in Deutschland keine „Apothekenautomaten“ betreiben. Das entschied jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem Pilotverfahren.

Für seinen Versuchsballon wählte DocMorris die 2.000-Einwohner-Gemeinde Hüffenhardt bei Heidelberg. Dort hatte 2016 die Apotheke dichtgemacht, ein Nachfolger fand sich nicht. Stattdessen richtete DocMorris 2017 in den Räumlichkeiten einen sogeannten Apothekenautomaten ein.

Der Kunde wurde dort von einem „Welcome Manager“ ohne pharmazeutische Ausbildung betreut. Die fachliche Beratung übernahmen per Video-Schaltung Apotheker, die im holländischen Firmensitz arbeiten.

Gegen das Modell klagten jedoch drei Apotheker aus Nachbargemeinden, ein Kölner Versandhändler und der Landesapothekerverband Baden-Württemberg. DocMorris betreibe unlauteren Wettbewerb, weil es das Arzneimittelgesetz missachte. Hier würden apothekenpflichtige Medikamente außerhalb einer Apotheke verkauft. In einer Apotheke müsse immer ein Apotheker anwesend sein.

DocMorris räumte ein, dass die Einrichtung in Hüffenhardt keine Apotheke ist, berief sich aber auf seine Lizenz zum Versandhandel. In Erwartung von Kundenbestellungen habe man rund 8.000 beliebte Medikamente vorsorglich nach Hüffenhardt gebracht und eingelagert.

Kein Versandhandel

Dieses Argument akzeptierte das OlG Karlsruhe nicht. Ein Versandhandel liege nur vor, wenn der Versand nach der Bestellung erfolgt. Entscheidend sei, dass aus einer Apotheke geliefert wird und der Apotheker im Moment der Lieferung die Arzneimittel und ihr Haltbarkeitsdatum kontrollieren kann. Der Apotheker in Holland könne jedenfalls keine Packungen öffnen. Außerdem könne er bei Änderungen der Medikation auch keine Vermerke auf dem Rezept vornehmen.

Trotz der offensichtlich grundsätzlichen Bedeutung des Streits hat das OLG die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen. DocMorris wird aber vermutlich Beschwerde einlegen. Eine DocMorris-Sprecherin sagte, es gehe hier um eine „Klärung von elementaren Rechtsfragen zu pharmazeutischen Innovationen“.

In einem parallelen Rechtsstreit hat DocMorris im April bereits vor dem Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe eine Niederlage hinnehmen müssen. Dort klagte DocMorris gegen die Schließung des Apotheken-Automaten durch das Regierungspräsidium Karlsruhe. Das VG konnte ebenfalls keinen Versandhandel erkennen, „wenn nach außen der Eindruck des Betriebs einer Präsenzapotheke erweckt wird“.

Auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich gegen Apothekenautomaten positioniert. Er will diese in der Apotheken-Betriebsordnung ausdrücklich verbieten und würde damit die weiteren Gerichtsverfahren in dieser Sache überflüssig machen. Enthalten ist der Vorschlag in Spahns Gesetzentwurf zur Stärkung von Vor-Ort-Apotheken, der demnächst im Bundeskabinett beschlossen werden soll.

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3 Kommentare

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  • "Gegen das Modell klagten jedoch drei Apotheker"

    Denen geht es bestimmt nur um das Wohl der Patienten und nicht um den Schutz ihrer Pfründe.

  • Aspirin kaufe ich im Supermarkt, gleich hinter der Grenze, und wenn es sie dort auch gäbe, würde ich auch die verschreibungspflichtige Hautsalbe, die ich gelegentlich brauche, dort kaufen. Lieber zahle ich die vollen gut 20 Euro als dass ich eine Stunde beim Arzt herumhänge. Und, großes Ehrenwort, ich schlucke die Salbe nicht. Kein Apotheker muss sich um mich sorgen, keiner mich bevormunden.

  • Besitzstände müssen gewahrt werden. Gleiches gilt auch für andere Berufsgruppen oder Gewerbe. Wo kämen wir sonst hin?