Gerede um den FC Bayern: Dichter und Lenker
Die Münchner befinden sich in der Vor-Post-Hoeneß-Ära. Jedes Wort wird gewogen. Unter besonderer Beobachtung steht dabei Trainer Niko Kovač.
A m Anfang war das Wort und das Wort war bei Bayern München. So oder so ähnlich steht es ja schon in der Bibel. Und deshalb fiebern nicht wenige dem 15. November entgegen, wenn Uli Hoeneß, der Allmächtige beim FC Bayern zu seinem Abschied aus dem Präsidentenamt bei der Jahreshauptversammlung ans Mikrophon treten wird und ein letztes Mal seinen Schäfchen, der süddeutschen und westdeutschen Presse und allen anderen natürlich auch die Leviten lesen wird.
Die anderen im Verein tun sich eher schwer mit dem Wort – trotz aller Bemühungen. Legendär etwa ist die Jahreshauptversammlung, bei der Franz Beckenbauer aus dem Präsidentenamt verabschiedet wurde, und Karl-Heinz Rummenigge ein aus dem Internet geklautes Gedicht zum Besten gab: „Lieber Franz, ich danke Dir. Ich danke Dir, ich danke Dir sehr,ich danke Dir, das fällt uns nicht schwer…“
Vergleichsweise war das noch eine leichte Übung, schließlich war das Publikum wohlgesinnt. In einer feindseligen Atmosphäre dagegen müssen sich derzeit Sportdirektor Hasan Salihamidžić und Trainer Niko Kovač bewähren. In einem Umfeld also, in dem Hoeneß stets zur Hochform aufzulaufen pflegt.
Salihamidžić, gemeinerweise gern noch „das Bürschchen“ genannt, obwohl er nun gar zum Sportvorstand befördert werden soll, muss man zugute halten, dass er sich ausprobiert, um seine Wortgewalt zu steigern. Am Mittwoch versuchte er es nach der hilflosen Vorstellung der Bayern-Elf im DFB-Pokal gegen den VfL Bochum mit Hilfe von Ironie: „Top-Abend – Riesenspiel gemacht“.
Schöngeist Kovač
Verbucht wurde sein Auftritt aber unter der Rubrik Skurriles. Trainer Niko Kovač taugt eh nicht als Hoeneß-Imitator, geht lieber seine eigene Wege. Er formulierte diese Woche mit Blick auf die Partie bei Eintracht Frankfurt am Samstag den so schön ausgedachten Satz: „Die Einfachheit, das ist die Schwierigkeit, und darin liegt auch die Schönheit.“
Doch der Schöngeist weiß, dass seine Worte derzeit nicht gut ankommen. Weder bei seinen Spielern noch bei den Medien. An Selbstkritik fehlt es ihm zumindest nicht. Er räumte am Donnerstag ein: „Vielleicht darf ich nicht so in Metaphern oder wie ein Dichter irgendwas erzählen.“ Schluss also jetzt mit der Poesie, mit Sätzen wie „Ich bin nicht der Papa, ich bin auch nicht die Mama, ich bin nur der Trainer“.
Und zum Münchner Publikum wird Kovač sich ebenso nicht mehr äußern wollen. Denn die Aufregung war immens, weil er dieser Tage die Fans von Eintracht Frankfurt zu den besten der Bundesliga kürte. Vereinsverantwortliche und Spieler haben stets die eigenen Fans für die besten zu halten und sie für ihre unvergleichlich gute Stimmung zu loben.
Es sei denn man heißt Uli Hoeneß. Der hat den Anhängern auf der Südtribüne, die um Mitbestimmungsrechte kämpfen, bereits vor Jahren zu verstehen gegeben, dass er die Vip-Besucher für die besten Fans hält, weil sie das meiste Geld einbringen. „Eure Scheiß-Stimmung, dafür seid ihr verantwortlich.“
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