Geplanter islamistischer Terroranschlag: Haft für „tickende Zeitbombe“
Am Freitag wurde ein 21-jähriger Hamburger zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Er wollte zum 20. Jahrestag von 9/11 einen Anschlag verüben.
Zehn Minuten später ist die Gelassenheit verflogen: Das Hanseatische Oberlandesgericht verurteilt ihn zu einer Haftstrafe von acht Jahren wegen der Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat und wegen des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontroll- und Waffengesetz. C. wollte einen Terroranschlag zum 20. Jahrestag der Attentate vom 11. September 2001 verüben.
Mit dem Urteil ging das Gericht noch über die Forderung der Bundesanwaltschaft hinaus, die eine siebenjährige Haftstrafe gefordert hatte. C.s Verteidiger hatte sich lediglich für eine Jugendstrafe von maximal drei Jahren ausgesprochen. Das Gericht bezeichnete C. hingegen als „tickende Zeitbombe“.
Für den geplanten Anschlag hatte C. im Darknet und auf anderen Webportalen größere Menge an Chemikalien sowie weitere Materialien zum Bau eines Sprengsatzes erworben. Beim versuchten Kauf einer Makarow-Pistole und einer Handgranate nahm er unwissend Kontakt mit einem verdeckt agierenden Polizeibeamten auf. Bei der vereinbarten Übergabe der Waffen im August 2021 war der junge Mann von Spezialkräften in Hamburg festgenommen worden.
Anschlag auf den Boston-Marathon war sein Vorbild
Nach Ansicht des Gerichts hat C. einen „fanatischen Hass auf vermeintlich Ungläubige“ gehabt, der ihn zur Planung eines Terroranschlags bewegte. Während der Verhandlung, so schilderte es die vorsitzende Richterin Petra Wende-Spors am Freitag in der Urteilsbegründung, habe C. weder Reue über die geplante Tat gezeigt noch habe er die Absicht einer Deradikalisierung erkennen lassen.
Wenn die Tat durchgeführt worden wäre, hätte es mit Sicherheit viele Tote und Verletzte gegeben, so die Richterin. Vorbild sei für C. der Terroranschlag auf den Boston-Marathon im Jahr 2013 gewesen, bei dem drei Menschen getötet und 264 verletzt wurden.
„Die Art und die Beweggründe haben nichts mit einer typischen Jugendverfehlung zu tun, sondern mit der Tat eines erwachsenen Mannes“, sagte die vorsitzende Richterin am Freitag – deshalb wurde C. auch nicht nach dem Jugendstrafrecht verurteilt. C.s islamistische Radikalisierung begann bereits im Jugendalter. Konkret verfestigte sich sein Plan für einen Terroranschlag im Oktober 2020.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana