piwik no script img

Geplanter islamistischer TerroranschlagHaft für „tickende Zeitbombe“

Am Freitag wurde ein 21-jähriger Hamburger zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Er wollte zum 20. Jahrestag von 9/11 einen Anschlag verüben.

Zeigte keine Reue: verhinderter Attentäter in Hamburg vor Gericht Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Hamburg taz | Als der 21-jährige Adburrahman C. am Freitagvormittag den Saal im Hamburger Strafjustizgebäude betritt, lächelt er noch freundlich. Der junge Mann schüttelt Hände mit den Anwesenden und wirkt gelassen.

Zehn Minuten später ist die Gelassenheit verflogen: Das Hanseatische Oberlandesgericht verurteilt ihn zu einer Haftstrafe von acht Jahren wegen der Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat und wegen des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontroll- und Waffengesetz. C. wollte einen Terroranschlag zum 20. Jahrestag der Attentate vom 11. September 2001 verüben.

Mit dem Urteil ging das Gericht noch über die Forderung der Bundesanwaltschaft hinaus, die eine siebenjährige Haftstrafe gefordert hatte. C.s Verteidiger hatte sich lediglich für eine Jugendstrafe von maximal drei Jahren ausgesprochen. Das Gericht bezeichnete C. hingegen als „tickende Zeitbombe“.

Für den geplanten Anschlag hatte C. im Darknet und auf anderen Webportalen größere Menge an Chemikalien sowie weitere Materialien zum Bau eines Sprengsatzes erworben. Beim versuchten Kauf einer Makarow-Pistole und einer Handgranate nahm er unwissend Kontakt mit einem verdeckt agierenden Polizeibeamten auf. Bei der vereinbarten Übergabe der Waffen im August 2021 war der junge Mann von Spezialkräften in Hamburg festgenommen worden.

Anschlag auf den Boston-Marathon war sein Vorbild

Nach Ansicht des Gerichts hat C. einen „fanatischen Hass auf vermeintlich Ungläubige“ gehabt, der ihn zur Planung eines Terroranschlags bewegte. Während der Verhandlung, so schilderte es die vorsitzende Richterin Petra Wende-Spors am Freitag in der Urteilsbegründung, habe C. weder Reue über die geplante Tat gezeigt noch habe er die Absicht einer Deradikalisierung erkennen lassen.

Wenn die Tat durchgeführt worden wäre, hätte es mit Sicherheit viele Tote und Verletzte gegeben, so die Richterin. Vorbild sei für C. der Terroranschlag auf den Boston-Marathon im Jahr 2013 gewesen, bei dem drei Menschen getötet und 264 verletzt wurden.

„Die Art und die Beweggründe haben nichts mit einer typischen Jugendverfehlung zu tun, sondern mit der Tat eines erwachsenen Mannes“, sagte die vorsitzende Richterin am Freitag – deshalb wurde C. auch nicht nach dem Jugendstrafrecht verurteilt. C.s islamistische Radikalisierung begann bereits im Jugendalter. Konkret verfestigte sich sein Plan für einen Terroranschlag im Oktober 2020.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • Also die Geschichte hat es ganz schön in sich, ein Mensch auch mit deutschen Wurzeln will töten, ist gleichzeitig irgendwie nicht rational oder gebildet, aber Student. Die Eltern treten seiner Radikalisierung nicht entschieden entgegen, ignorieren gewalttätige Ansagen.

    Das ist reichlich merkwürdig, ob man daraus abschließend folgern kann, dass dieser A.C. wirklich voll entwickelt und reif war?

    Da habe ich Zweifel. Und ich habe auch Zweifel, ob dieser Mensch acht Jahre benötigt, um zu einem besseren Menschen zu werden, besonders im Kontext einer Haftanstalt für Erwachsene.

    Wenn es schlecht läuft, kommt der viel gefährlich da wieder aus, als er reingegangen ist und er wäre dann immer noch ziemlich jung.

    Aber irgendeine Sympathie kann man nicht mal in Ansatz für diesen Menschen empfinden. Es wirkt auch sehr durchgebrannt, als Mensch mit deutschen Wurzeln den Wunsch zu haben, andere Menschen deutsch, mit deutschen Wurzeln hier verletzen und töten zu wollen. Das Weltbild ist wirklich irrational und von extremen Hass-Gefühlen durchsetzt. Dass er in Maroko damit nicht aufgefallen ist?

    • @Andreas_2020:

      Dass seine Eltern "seiner Radikalisierung nicht entschieden entgegen" getreten seien, ist wohl nicht übertrieben. Sein Vater war ja Schatzmeister an der al-Quds-Moschee, aus deren Umfeld die 9/11-Attentäter stammen. Der Vater kannte diese persönlich. Darüber berichteten alle große Medien.

      • @AlexA:

        Danke für den Hinweis. Andererseits konnte dieser junge Mensch in so einem Umfeld sich auch nicht entwickeln.



        Dennoch ist dies ja eine Wiege des Mega-Terrorismus. Die Jugendämter in Hamburg sollten bei diesen Kreise eher dazwischen gehen, immerhin war die Familie ne ganze Weile hier.

  • Anbetracht des verbrecherischen Vorhabens finde ich diese 8 Jahre, welche bei guter Führung eh nur ca. 5 Jahre sind, als zu mild.



    Die Bösartigkeit des Vorhabens ist doch nicht nur deshalb kleiner, weil noch nicht getötet wurde.

    • @Rudi Hamm:

      Bei guter Führung spielt die Einsicht in eigene Schuld und die Gesamtentwickluntg eine Rolle. Das wird nicht pauschal gemacht. Und es wäre für diesen Menschen hier wichtig, wie sein Verhalten ist, wie er sich entwickelt. Außerdem hätte er danach Bewährungsauflagen zu erfüllen. Die würde man sicher genau ansehen. Also ein Arbeitsverhältnis bei einem islamischen Verein oder einer durchgebrannten Moschee wären da nicht drinnen. An diesem Punkt hätte ich durchaus Vertrauen in die Haftanstalt und die Justiz.

  • Gerade noch mal gut gegangen. Nicht auszudenken, wenn dieser islamistische Anschlag durchgeführt worden wäre. Wieviele Opfer wären wohl verstümmelt und getötet worden?



    Beim Boston Marathon waren es 3 Tote und 260 teils Schwerletzte, denen teils Gliedmaßen amputiert wurden.