Prozess gegen mutmaßlichen Attentäter: Nix Schlimmes mit den Handgranaten

In Hamburg beginnt der Prozess gegen einen 21-jährigen, der sich im Internet radikalisiert und einen islamistischen Anschlag geplant haben soll.

In einem Gerichtssaal verbirgt ein Mann in Kapuzenjacke sein Gesicht hinter einem Papier.

Soll einen terroristischen Anschlag vorbereitet haben: Der Angeklagte im Gerichtssaal in Hamburg Foto: Daniel Bockwoldt / dpa

HAMBURG taz | Der 21-Jährige, der am Donnerstagmorgen vor dem Hamburger Oberlandesgericht steht, weil er einen islamistischen Anschlag vorbereitet haben soll, sieht aus, als könne er Teilnehmer eines Klimacamps sein. Ein schmaler, junger Mann in einer schwarzen Sweatshirtjacke mit langem, dunklem Zopf.

Die Bundesanwaltschaft wirft ihm die „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und Verstöße gegen das Kriegswaffenkontroll- und das Waffengesetz“ vor. C. will sich vorläufig nicht dazu äußern, sodass dieser erste Prozesstag höchstens Andeutungen bringt, was für ein Mensch das ist, der im Internet nach der religiösen Legitimation von Anschlägen gegen Ungläubige gesucht haben soll.

Ginge es nach C.s Anwalt, so würde die Öffentlichkeit wenig davon erfahren. C. sei noch Heranwachsender, er empfände seine Religiosität als privat und habe ein enges Verhältnis zu seiner Familie – die Mutter ist Deutsche, der marokkanische Vater erzog ihn streng religiös – und über all dies öffentlich sprechen zu müssen, sei nicht verhältnismäßig. Die Richterin lehnt das ab: C. habe schon vor der Tat eigenständig in Deutschland gelebt und aufgrund der „Schwere der Tatvorwürfe“ habe das öffentliche Interesse Vorrang.

Was die Öffentlichkeit dann an diesem Tag erfährt, ist vor allem praktischer Natur. Und wie oft vor Gericht trifft ein ungeheuerlicher Vorwurf auf banalen Alltag, was beides seltsam unwirklich erscheinen lässt. Da verbindet sich die Welt von Ebay-Kleinanzeigen mit dem Anschlag auf den Boston-Marathon, wenn der Staatsanwalt vorträgt, wie C. dort die Schrauben bestellt, mit denen er einen Sprengsatz nach dem Bostoner Vorbild bauen will – so lautet die Anklage.

Als er im Darknet nach Pistolen und Handgranaten sucht, wird ein US-Ermittler auf ihn aufmerksam

Letztendlich ist es die Suche nach weiteren Waffen, die den mutmaßlichen Al-Qaida-Anhänger C. auffliegen lässt. Als er im Darknet nach Pistolen und Handgranaten sucht, wird ein US-Ermittler auf ihn aufmerksam, der die deutschen Behörden auf ihn ansetzt.

Vor dem Gericht in Hamburg sagt der Beamte aus, der zum Schein Waffen für C. besorgt hat, ein großer, schmaler Mann, der so spricht, als sei er einem Thomas-Mann-Roman entstiegen, was den Eindruck von Unwirklichkeit verstärkt, wenn er von seinem Kontakt zu C. berichtet. „Ich habe ihm das Angebot für eine Makarow unterbreitet“, sagt der Beamte, denn die ursprünglich angefragte Glock-Pistole sei C. zu teuer gewesen.

Die ursprünglich ebenfalls angefragten Handgranaten hatte C. im Laufe der Verhandlungen nicht mehr erwähnt, bis der Beamte selbst sie noch einmal anbot. Warum er das getan habe, fragt C.s Anwalt. „Ich habe mein grundsätzliches Portfolio angeboten“, sagt der Beamte, schließlich sei er als Waffenhändler aufgetreten. Letzten Endes sei C. wieder mit dem Wunsch danach auf ihn zugekommen und habe auf die Frage, was er damit vorhabe, geantwortet: „Nix Schlimmes.“

Bei der Übergabe der Waffen, die mit C.s Festnahme endete, habe er „nervös“ gewirkt, sagt der Beamte. „Wie hat sich das geäußert?“, fragt die Richterin. C. habe sich beim Geldzählen verzählt und seine Hände hätten gezittert. Und etwas anderes erzählt der Beamte noch: Dass er C. sozusagen zum Spaß gefragt habe, ob er Islamist sei. C. habe als Antwort nur lächelnd zur Seite geschaut.

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