Geplanter Protest von Ende Gelände: Brunsbüttel statt Braunkohle
Ein geplantes Terminal für Erdgas zieht die Aktivist*innen von Ende Gelände nach Norddeutschland. Zudem wollen sie mit einem Mythos aufräumen.
„Die Klimakrise und neokoloniale Ausbeutung gehen Hand in Hand“, sagt die Ende-Gelände-Sprecherin Elia Nejem. Das zeige sich am dem geplanten LNG-Terminal besonders, weil ein großer Teil des dort zukünftig angelieferten Erdgases aus Regionen kommen soll, in denen es durch unkonventionelles Fracking gewonnen wird, wie etwa den USA oder Argentinien. Beim in Deutschland verbotenen unkonventionellen Fracking wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien in Schiefer-, Ton-, Mergel- oder Kohleflözgestein gepresst, sodass Risse entstehen und Öl und Gas gehoben werden können.
In Deutschland erlaubt ist derzeit nur konventionelles Fracking, bei dem im tiefer liegenden Sandstein gebohrt wird, also weiter weg von der Oberfläche und den Grundwasserreservoirs. Die 2017 erlassene Frackingregelung endet jedoch in diesem Jahr, der Bundestag muss das Verbot dann neu prüfen. Für die Aktivist*innen ist das ein Anlass, das Thema vor der Bundestagswahl auf die Agenda zu setzen. Auch beim konventionellen, in Deutschland erlaubten Fracking ist der Wasserverbrauch enorm, betroffene Regionen leiden zudem oft unter Erdbeben und erhöhten Krebserkrankungsraten.
Die Planungen für das erste deutsche LNG-Terminal laufen seit Jahren. Im Gespräch waren mehrere Standorte, darunter neben Brunsbüttel auch Wilhelmshaven und Stade. In Wilhelmshaven liegt das Projekt mittlerweile auf Eis.
Das Problem mit dem Methan
Die Landesregierungen in Hannover (SPD und CDU) und Kiel (CDU, Grüne, FDP) haben die Projekte jeweils in ihrem Koalitionsvertrag verankert. In Schleswig-Holstein sprach sich ein Parteitag der Grünen jedoch dagegen aus. Befürworter*innen versprechen sich von der „Brückentechnologie“ einen geringeren Ausstoß von Kohlenstoffdioxid sowie weniger Schwefel, Feinstaub und Stickoxide als bei konventionellen Treibstoffen. Später könne das Terminal für Wasserstoff genutzt werden, so die Kalkulation.
„LNG ist die größte Klimalüge unserer Zeit“, sagt der argentinische Aktivist Esteban Servat, der sich bei Ende Gelände engagiert. Die durch Erdgas verursachten Emissionen seien ähnlich hoch wie die von Kohle, zudem zerstöre der deutsche Öl- und Gaskonzern Wintershall in seiner Heimatregion Mendoza im Westen Argentiniens durch Fracking die Natur und sei verantwortlich für Vertreibungen, Krankheiten und Menschenrechtsverletzungen.
„Durch den Bau von LNG-Importterminals wie in Brunsbüttel unterstützt die Bundesregierung diese Ausbeutung und fördert im Ausland das, was zu Hause verboten ist.“ Die Heuchelei und der Klimakolonialismus müssten beendet werden, sagt er. Die Aktivist*innen weisen auch darauf hin, dass das bei der Förderung, dem Transport und Verbrauch von Erdgas freigesetzte Methan ein schädlicheres Treibhausgas ist als CO2.
Ende Gelände wollen auch an sich selbst arbeiten
Über einen Zeitraum von 100 Jahren heizt ein Molekül Methan die Erde 28-mal so stark auf wie ein Molekül CO2. Laut der australischen Forschungsbehörde Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation ist Methan für 23 Prozent der globalen Erhitzung durch Treibhausgase verantwortlich, die Emissionen liegen aktuell auf einem Rekordhoch. Der Hauptgrund dafür ist neben der Viehzucht der Verbrauch fossiler Energieträger, allen voran die Förderung und der Transport von Erdgas.
Das Terminal, das in Brunsbüttel entstehen soll, lässt sich nur erahnen. Bislang steht hier der „Chemcoastpark“, das größte zusammenhängenden Industriegebiet Schleswig-Holsteins. Die meisten Formen hier haben einen hohen Gasverbrauch. Die Wiese neben dem Industriegebiet ist aber noch grün. „Wir haben uns entschieden, eine Katastrophe aufzuhalten, bevor sie gebaut wird und Milliarden Steuergelder reinfließen“, sagt die Ende-Gelände-Sprecherin Joli Schröter. Das Camp der Aktivist*innen steht bereits, auch zwei Demonstrationen haben sie angemeldet.
Am Freitag sollen die Aktionen im Kontext eines internationalen Aktionstags gegen Gas stehen, an dem sich auch Fridays for Future beteiligt. Für die deutsche Klimabewegung steht das neue Ziel in diesem Jahr auch für einen Veränderungsprozess: Die Bewegung will internationaler und diverser werden, sie möchte weg vom Image einer von weißen Akademiker*innenkindern dominierten, homogenen Gruppe.
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