Geplanter Flüchtlingsgipfel: Kommunen fordern „Masterplan“
Die Gemeinden klagen, sie seien mit der Versorgung von Geflüchteten überlastet. Nun gibt es bald einen „Flüchtlingsgipfel“.
Am Sonntag hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach anhaltendem Druck aus den Kommunen angekündigt, in den kommenden zwei bis drei Wochen erneut einen „Flüchtlingsgipfel“ einzuberufen. Bei diesem soll der Bund mit Vertreter*innen der Länder und Kommunen Probleme bei der Verteilung, Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten besprechen. Auch die Integrationsbeauftragte des Bundes und die Bundesbauministerin werden teilnehmen.
Schon lange klagen viele Kommunen, ihre Kapazitäten bei der Unterbringung und Versorgung der Menschen seien ausgeschöpft. Entsprechend forderte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, beim nun anstehenden Gipfel müsse ein „echter Masterplan“ herauskommen.
Scholz mahnt konsequente Abschiebung an
Statt der Bundesinnenministerin müsse Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sich der Sache annehmen, kritisierte Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistags. Auch die Unionsfraktion frotzelte, die Kommunen bräuchten kein „Gipfelchen“ bei Faeser, sondern einen „richtigen Gipfel“ im Bundeskanzleramt. Wichtiger als die Personalie sei, „dass endlich nachhaltige Strategien statt kurzfristiger Lösungen gefunden werden, um allen Geflüchteten ein gutes Ankommen zu ermöglichen“, erklärte hingegen Clara Bünger, fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion.
Wenn es in den Kommunen Engpässe bei der Unterbringung und Versorgung gebe, sei „nicht mehr Abschottung die Lösung, sondern es muss massiv in bezahlbaren Wohnraum, Kitas und Schulen investiert werden“, so Bünger. Erst am Wochenende hatte Bundeskanzler Scholz die konsequente Abschiebung abgelehnter Asylsuchender angemahnt.
Auch die Grüne Filiz Polat verwahrt sich dagegen, Probleme bei der Versorgung mit der Debatte über Abschiebungen zu verknüpfen. „Ich sehe da erst mal keinen Zusammenhang“, sagte sie der taz. „Bei den Hauptherkunftsländern handelt es sich ganz klar um Kriegs- und Krisengebiete, und wir sind humanitär und rechtlich in der Pflicht, diesen Menschen zu helfen.“ Auch bei vielen abgelehnten Asylsuchenden etwa aus Afghanistan oder dem Iran gäbe es aus gutem Grund ein Abschiebeverbot.
Eine Absage erteilte Polat auch den Plänen des neuen Migrationssonderbeauftragten Joachim Stamp (FDP). Er hatte vorgeschlagen, deutsche Asylverfahren im Ausland durchzuführen – etwa in nordafrikanischen Staaten. So etwas sei praktisch, aber auch völkerrechtlich nicht umsetzbar: „Wir Grünen lehnen eine Verlagerung von Asylverfahren ins Ausland ab“, sagte Polat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag