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Geplante Erhöhung des RundfunkbeitragsNein mit Symbolwirkung

Die Erhöhung des Rundfunkbeitrags könnte am Veto aus Sachsen-Anhalt scheitern – pikanterweise an einer Mehrheit von CDU und AfD.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist der AfD ein Dorn im Auge. Sendemast des WDR in Köln Foto: Christoph Hardt/imago images

Fürs kommende Jahr sollte der Rundfunkbeitrag wieder erhöht werden. Der politische Entscheidungsprozess dazu ist langwierig und läuft seit Anfang des Jahres. Allerdings sieht es so aus, als ob er an der Mehrheit von CDU und AfD in Sachsen-Anhalt scheitern wird. Die CDU-Fraktion in Magdeburg hat am Mittwoch angekündigt, sie bleibe beim Nein zur Erhöhung. Im November soll im Landtag darüber abgestimmt werden.

„Aus meiner Sicht wird es im November kein Ja der CDU-Fraktion zur Erhöhung geben“, sagt der medienpolitische Sprecher und parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Markus Kurze, am Donnerstag der taz. „Wir haben den Wählerinnen und Wählern Beitragsstabilität versprochen, das ist seit Jahren unsere klare Linie.“ Zwischenzeitlich hatte es so ausgesehen, dass die CDU zustimmen könnte, wenn die Sender Zugeständnisse machen, noch mehr zu sparen. „Wir stehen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, sagte Kurze. „Wir brauchen Sender, die unbeeinflusst und frei von Werbeerlösen ein Angebot machen können. Aber in einer bezahlbaren Größe.“

Weil Rundfunk Ländersache ist, muss jede Erhöhung des Beitrags von allen 16 Parlamenten beschlossen werden. Das gibt einzelnen Landesregierungen die Macht, durch ein angedrohtes Nein Forderungen durchzusetzen. In diesem Fall handelt es sich aber nicht um eine Regierungskoalition, die geschlossen agiert. Die Koalitionspartnerinnen SPD und Grüne haben sich bereits klar für die Erhöhung des Beitrags positioniert, die oppositionelle Linksfraktion zuletzt ebenfalls. Allerdings hätte die CDU-Fraktion gemeinsam mit der AfD-Fraktion eine Mehrheit im Landtag. Die AfD hat eine ablehnende Haltung zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk und wird deshalb sicher gegen eine Erhöhung stimmen.

Die CDU fordert eine Selbstverpflichtung der Sender zu weiteren Sparmaßnahmen

Die medienpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Dorothea Frederking, kritisiert die Haltung des Koalitionspartners. Wenn dieser Beitrag nicht komme, bedeute das erhebliche Einschnitte für die Produktionen und Mitarbeitenden. „Als Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen halten wir das für unverantwortlich und es ist zudem nicht sachgerecht.“ Der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse in seiner Bestands- und Entwicklungsgarantie gesichert werden. „Weitere Strukturprozesse laufen, damit der Beitrag sparsam und wirtschaftlich verwendet wird“.

Letztlich entscheiden die Länder

Im Frühjahr hatte die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (Kef) einen Rundfunkbeitrag von 18,36 Euro ab 2021 empfohlen, also eine Erhöhung um 86 Cent pro Monat. Diese Empfehlung der Kef ergeht alle vier Jahre. Letztlich entscheiden aber die Länder und schreiben ihren Beschluss als Staatsvertrag fest. Diesen Vertrag haben alle 16 Landeschef*innen bereits im Juni unterzeichnet. Er ist aber unwirksam, solange nicht alle Länderparlamente mehrheitlich zugestimmt haben. Sachsen-Anhalt hat ein Nein bereits mehrfach ins Spiel gebracht. Die CDU Sachsen-Anhalt fordert eine konkrete Selbstverpflichtung der Sender zu weiteren Sparmaßnahmen.

Wenn die CDU im November mit Nein stimmt, ist das auch ein rundfunkpolitischer Erfolg der AfD. Grünen-Abgeordnete Frederking sieht darin eine gefährliche Symbolwirkung. „Die CDU Sachsen-Anhalt hat in der Vergangenheit wiederholt ihre Ablehnung der Beitragserhöhung mit inhaltlicher Kritik an der Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk verknüpft. Damit folgt die CDU ein Stück weit der AfD („Lügenpresse“) und stellt den demokratischen Grundkonsens eines staatsunabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Frage“, sagt Frederking der taz. Die CDU müsse sich fragen, „ob sie sich bei der Abstimmung mit der AfD gemein macht und diesen Grundkonsens verlässt“.

Aus Sicht der Sender übrigens ist die Erhöhung des Rundfunkbeitrags keine. Sondern nur eine Anpassung an das Budget, das sie ohnehin schon ausgeben. In den letzten Jahren haben sie nämlich Rücklagen aufgebraucht, weswegen der Beitrag unter dem Bedarf lag. Dazu kommt die Inflation, die die Ausgabenseite erhöht. Die Sender argumentieren deshalb, dass auch mit einer Erhöhung von 86 Cent der Beitrag faktisch stabil bleibe. Ähnlich sehen das SPD und Grüne in Sachsen-Anhalt.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, Ministerpräsident Reiner Haseloff habe sich bei der Abstimmung im Juni enthalten. Das stimmt nicht. Enthalten hatte er sich bei einer früheren, nicht entscheidenden Abstimmung. Im Juni hat Haseloff zugestimmt.

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14 Kommentare

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  • Für die Zukunft brauchen wir ein gänzlich reines Bezahlfernsehen ohne Werbung. Das muss auch für das "Free-TV" gelten. Jeder Bürger bezahlt nur das, was er auch schaut. Das ist technisch möglich.



    So haben wir ein total überdimensioniertes Fernsehsystem welches A-Z Prominenten ein gutes Auskommen beschert. Quasi Umverteilung von unten nach oben.

    • @APO Pluto:

      Faktisch falsch. Befreiung von GEZ ist aus sozialen und gesundheitlichen Gründen möglich. Hier wird solidarisch jeder belastet (der Zahlen kann).

      Der Rundfunkbeitrag ist nicht nur auf den Fernsehanschluss begrenzt. Um ihren Konsum zu überwachen müsste schon eine 24/7 Videoüberwachung auf Ihrem kopf Installiert werden.

  • Der ÖR verdankt seine üppigen Privilegien ausschließlich seinem Informationsauftrag. Dafür genügt ein Fernsehkanal und ein Radiokanal pro Bundesland. Für Unterhaltung ist er nicht zuständig, auch wenn diese mittlerweile den größten Teil ausmacht. Zusammen mit handelsüblichen Gehältern ließe sich viel Geld sparen.

  • Ich wüsste gerne mal, welche Gage ein Hoecker oder Emi von de Maiglockjes oder wie die alle heißen bei den immer gleichen dümmlichen Quizsendungen bekommen. Guckt das jemand? Dann laufen noch Krimis, Krimis, Krimis.... unterbrochen von den Nachrichten. Da ist "In aller Freundschaft" schon fast ein Highlight. Die guten SAchern: Spät. Dann bietet sich noch umweltschädliches Streamen an. Ja, ist schlimmer als Fliegen! Wie, nicht gewusst???!!! Serielles TV längst nicht so schlimm im Stromverbraucht. Leider langweilig. Da ärgern mich die Gebühren schon, auch ohne Erhöhung.

    • @Maria Burger:

      "Eine Stunde Streaming im WLAN verursacht zwei Gramm CO2."

      www.tagesschau.de/...imabilanz-101.html

      365*5*2Gramm= 3650 Gramm 3,6kg

      Laut dem CO2-Rechner der gemeinnützigen Gesellschaft Klimaktiv ist ein Passagier auf einem Economy-Flug von Düsseldorf nach Mallorca und zurück für den Ausstoß von 0,75 Tonnen (750kg) CO2 verantwortlich.

    • @Maria Burger:

      Es gibt auch so etwas wie Deutschlandfunk und Deutschlandradio, die qualitativ sehr gute und spannende Podcasts zu aktuellen, kulturellen Themen haben. Dann gibt es zahlreiche gute Dokumentation die u.a. auf arte laufen , die ebenfalls durch den Beitrag finanziert werden. Also nicht alles Geld geht für Fußball und Quizsendungen, Krimis drauf...

      • @sian:

        Ja, stimmt, das hält mich ja auch aufrecht, z.B. mein kluger Radiosender SWR 2. Aber das ist im Verhältnis zu wenig bei all dem Müll rundum. Dann bbegibt man sich in die Mediathek, und da fängt wieder das Klimaelend an. Wird mir alles nicht genug diskutiert. Weil die AfD fragwürdige Kritik übt, müssen alle anderen, aus ganz anderen Gründen unzufreiden, nicht still sein.

  • der öffentlich rechtliche rundfunk würde auch mit der hälfte des geldes klarkommen. aber dann könnten viele grüne parteianhänger die irgentwas mit medien studieren in die verlegenheit kommen sich am markt behaupten zu müssen..... von unparteiisch kann ja nun nicht die rede sein........

    • @Sinulog:

      Vielleicht ist das mit dem am Markt behaupten müssen aber auch einfach nicht so gut für das was am Ende beim Kunden an kommt.

  • Bravo, CDU! Da sehen wir wes Geistes...

  • Der Rundfunkbeitrag ist in der Tat ein extrem unsoziales Konzept. Ob arm oder reich, alle zahlen gleich. Dass die AFD mit mehr als zweifelhaften Argumenten dagegen ist, ist noch kein Grund, den Betrag zu befürworten.

    Auch zahlreiche Empfänger von Sozialleistungen sind vom Rundfunkbeitrag betroffen, da das Befreiungsprozedere bürokratisch extrem hochschwellig ist und viele Menschen das in der Praxis nicht hinbekommen. Auch zahlreiche mittellose, vor allem nichtdeutsche Leistungsempfänger werden deshalb mit Forderungen der Rundfunksender überzogen.

    Zudem bevorzugt der Rundfunkbeitrag einseitig Radio und TV gegenüber den Printmedien. Radio und TV haben heute bei weitem nicht mehr die Bedeutung wie in den 5oer Jahren. Nötig ist eine staatliche Finanzierung der öffentlich-rechtlichen aus Steuermitteln, einschl. einer angemessenen Förderung zB durch steuerliche Befreiungen auch der Printmedien.

  • Gerecht wäre es wenn die Beitragszahler über die Erhöhung abstimmen könnten.



    Schließlich betrifft es Sie in doppelter Weise. Als Geldgeber und als Programmkonsumenten.

    Ebenso sollte es Möglichkeit geben die Intendanten zu wählen.

    Beim jetzigen System ist die Abhängigkeit von der Politik nur zu offensichtlich.

  • Ist das nun gut oder schlecht?

    • @Hannes Petersen:

      Das dürfen sie selber entscheiden.