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Geplante CoronalockerungenDie Maske wird noch gebraucht

Kommentar von Kathrin Zinkant

Für eine erfolgreiche Impfkampagne ist es zu spät. Doch gerade deshalb ist eine Maskenpflicht weiter dringend nötig.

Ab 20. März ist Frühling für die Nasen und Münder in Deutschland Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Z u den vielen Einsichten aus zwei Jahren Coronapandemie sollte eigentlich gehören, dass man das Ende aller Maßnahmen nicht vor dem Ende ihrer Notwendigkeit verspricht. Die deutsche Coronapolitik ist gegen diese Einsicht aber offenbar immun, weshalb die Ampelkoalition als würdiger Nachfolger der Groko im Februar, als sich die Rekord-Inzidenzkurve ein paar Tage lang leicht bückte, das Ende aller Maßnahmen versprach, für den 20. März.

Der rückt nun greifbar nahe. Und mit Blick auf die derzeitige Coronasituation im Lande dämmert es Po­li­ti­ke­r:in­nen in Bund und Ländern doch allmählich, dass man den so genannten Freedom Day besser verschiebt.

Das Virus feiert nämlich neue Rekorde. Mehr Infektionen denn je, steigende Hospitalisierungsraten und mehr als 1.000 Tote pro Woche, da hat nicht nur der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Janosch Dahmen, den zutreffenden Eindruck, es sei zu früh für ein fröhliches Maskenbegräbnis.

In Brandenburg will die grüne Gesundheitsministerin Ursula Nonnenmacher offenbar an strengen Beschränkungen festhalten, auch Rheinland-Pfalz könnte kurz vor dem Stichtag auf die Lockerungsbremse treten. Besser spät als nie, möchte man sagen, und der Bundespolitik Vergleichbares ans Herz legen. Aber mit Blick auf die geringen Impfraten ist das nicht einmal genug.

Denn da ist noch eine Einsicht: Wer Lockerungen verspricht, erweckt nicht gerade den Eindruck, eine Impfung sei jetzt noch dringend nötig. Gleichzeitig zeigt die stagnierende Impfquote deutlich, dass hypothetische Anreize durch Zugangsbeschränkungen oder die Zulassung eines vermeintlich impfgegnerfreundlichen Totimpfstoffs wirkungslos verpufft sind.

Für eine Impfkampagne, von der immer geredet wurde, die aber nie stattfand, ist es jetzt zu spät. Eine Verlängerung der bundesweiten Maskenpflicht, der Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen ist deshalb so dringend nötig wie die überfällige Entscheidung für eine Impfpflicht. Denn von allein, das sollte klar sein, wird dieses Virus eben nicht verschwinden.

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7 Kommentare

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  • MELDUNG VOM 16.3.



    Experte Brockmann vom RKI ist alarmiert: Er kritisiert die Lockerungen als "irrational" angesichts exponentiell steigender Infektionszahlen.



    Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt weiter. Das Robert Koch-Institut meldet einen Wert von ...

    83,7.



    Meldung vom 16.3. - zwotauseneinundzwanzig.



    www.tagesschau.de/...-wachstum-101.html

  • Wann kommt die nächste Variante ? Oder sind gerade weitsichtige FDPler mit der Glaskugel am Rund, wenn sie -konspirativ natürlich- mal eben eine harmlose Ominkron Variante durchlaufen zu lassen, in der Hoffnung, damit Immunschutz gegenüber weiteren Wellen aufgebaut zu haben? Ich höre jetzt aus allen Ecken von gerade angesteckten Nachbar*innen, Enkel*innen und Freund*innen. Es ist leider eine Fehlspekulation, weil die Varianten sich ja gerade deshalb durchsetzen könne, weil sie die Vorhergehende 'austricksen gelernt' hat. Also weiter herumexperimentieren, Krieg derzeit ja vorrangiger als die Pandemiebewältigung. Putin statt Impfen...

  • Der Artikel ist auf so vielen unterschiedlichen Ebenen angreifbar, aber manchmal genügt ja ein Blick auf den letzten Satz, der den intellektuellen Gehalt allen vorher Gesagtes auf den Punkt bringt: "Denn von allein, das sollte klar sein, wird dieses Virus eben nicht verschwinden."

    Nun, große Enttäuschung, es wird gar nicht verschwinden. Auch mit Maskenpflicht, Impfpflicht und noch drei weiteren Pflichten nicht. Wem das 2022 noch erklärt werden muss, hat irgend etwas nachhaltig verschlafen.

    • @Detlev Beutner:

      War eben fast allen, bewusst oder oft sicher auch eher nicht, ums Aufschieben gegangen, auf den unsichtbaren Sankt-Nimmerleins-Tag. Dass jetz plötzlich der zwecks Prokrastination so wunderbar vorschiebbare Bedarf an einem konventionell erzeugten Impfstoff leider tatsächlich erfüllt werden kann, das Zeug unverschämterweise und überall verfügbar ist, macht nur nen schönen Selbstbetrug resp. ne schöne Ausrede kaputt - nicht aber die in Hirn und Herz getragene Überzeugung, das Impfzeugs, egal welches, sei allemal schlimmer als gar nichts zu tun. Vor denen, die für ihre Skepsis bis Ablehnung allerdings belastbare Gründe (zu) haben (meinen), sollten wir uns den Respekt bewahren.

    • @Detlev Beutner:

      Wird natürlich nicht verschwinden. Den Mythos veträumt weiterzuspinnen is tatsächlich sträflich oberflächlich.

      Ist das Weiterleben-MIT-dem-Virus aber ein Grund, niemanden mehr zu schützen ? Gibt's etwa im Supermarkt keine besonders gefährdeten Personen ? Brauchen die kein Essen kaufen ? Hä ? Maskenpflicht z.B. is soooo einfach. Und wärs auch in Zukunft.

      Die FDP-geführte Bundesregierung gefährdet mutwillig Menschenleben.

  • 9G
    93851 (Profil gelöscht)

    "Freedom Day"



    Die Verkündigung eines implizierten "Sieges" über COVID19 – mehr Sarkasmus geht wirklich nicht.

    Welche Strategie verfolgt ein Bundesgesundheitsminister , der einen für viele nervtötenden föderalen Flickenteppich zur Pandemiebekämpfung erneut ausrollt?



    Steigende Inzidenzwerte, hoch wie noch nie, sollen die bundespolitische Entscheidung wohl noch "untermauern", oder wie jetzt?

    Eins ist klar, das weltweite "Virenkabinett für Mutation und Ausbreitung" betont, dass Deutschland seit zwei Jahren ohnehin nur von einer – "Pannemie" – betroffen sei und jubelt bereits:



    "Freiheit für COVID-19!"







    Den Zusatz – "Lockerungen wider den tierischen Ernst" – hat das Bundesgesundheitsministerium daher wohl einfach nur vergessen ...



    Panne eben.

  • Wieder mal viel Aktionismus ohne Not.