piwik no script img

Gentrifizierung in Berlin-FriedrichshainWiesn weicht dem Widerstand

Die Oktoberfest-Kopie „Spreewiesn“ verwirft nach Protesten aus dem Kiez den Plan, neben den linken Club About Blank am Ostkreuz zu ziehen.

Ab'baut is: Widerstand gegen Zapfenstich zeigt Wirkung Foto: picture alliance/dpa/Peter Kneffel

Berlin taz | Die Berliner Oktoberfest-Kopie „Spreewiesn“ wird nicht neben dem linken Techno-Club About Blank im Friedrichshainer Laskerkiez stattfinden. Wie der Veranstalter bestätigt, sei der Plan vom Tisch, mit dem Event vom ursprünglichen Feiergelände zum Ostkreuz zu ziehen. Die Party bleibe nun doch am Ostbahnhof.

Der Veranstalter reagiert mit seinem Rückzieher auf Proteste aus dem Laskerkiez. Gegenüber der taz erklärt er, er wolle vermeiden, dass während des Fests „Gäste gestört oder Autos attackiert“ würden. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen. Zuerst hatte die Berliner Morgenpost berichtet.

In einem Offenen Brief hatten zuletzt unter anderem das About Blank, das Stadtteilbüro Friedrichshain und das Bündnis „Wem gehört der Laskerkiez“ Widerstand gegen die „Oktoberfest-Sauf-Veranstaltung“ angekündigt. Die „Spreewiesn“ würden dazu führen, dass zwei Monate lang „besoffene Horden unseren Kiez verschandeln“, hieß es im Brief.

Das unmittelbar betroffene und ohnehin von Verdrängung bedrohte About Blank spricht auf taz-Nachfrage zudem von „sexistisch-volkstümlicher Brauchtums- und Trachtenkultur“, die auf dem Oktoberfest in München wie auch auf den diversen Kopien zelebriert werde.

Veranstalter fühlt sich missverstanden

Der Veranstalter der „Spreewiesn“ sagt im Gespräch mit der taz, er fühle sich missverstanden. Er und das About Blank seien doch „Leidensgenossen“. Denn der ursprüngliche Plan, die Veranstaltung zum Ostkreuz zu verlegen, sei aufgrund eigener Gentrifizierungszwänge entstanden. Da auf dem Gelände am Ostbahnhof bald ein Hochhaus gebaut werden soll, hätte er nach Ausweichmöglichkeiten gesucht.

Das Mitleid der „Leidensgenossen“ im Laskerkiez hält sich in Grenzen. „Es ist ein gutes Zeichen, dass der Protest gewirkt hat“, sagt Christoph Casper vom Stadtteilbüro Friedrichshain zur taz. Ähnlich das About Blank, das sich erleichtert darüber zeigt, dass die Nachbarschaft „von dieser Zumutung verschont“ bleibt.

Der Veranstalter beklagt unterdessen die fehlende Dialogbereitschaft. Er hätte sich „einen Austausch auf Augenhöhe“ gewünscht. „Die wollen aber scheinbar nicht reden, sondern nur anti sein“.

„Unüberbrückbarer Interessenkonflikt“

Stimmt, heißt es von den Geg­ne­r:in­nen des Umzugs. Man wollte nicht reden. Ein Austausch hätte auch zu keinem konstruktiven Ergebnis geführt, sagt Timo Steinke von der Initiative „Wem gehört der Laskerkiez“ zur taz: „Es war einfach ein unüberbrückbarer Interessenkonflikt.“

Bei dem Widerstand gegen die „Spreewiesn“ sei es, so die Aktivist:innen, auch gar nicht um den Veranstalter als Person gegangen, sondern um die Veranstaltung an sich, „die zunehmende Kommerzialisierung und Touristifizierung des Kiezes“. Steinke sagt, dem Veranstalter würde ja niemand sein Fest verbieten wollen – „nur eben nicht in unserem Kiez.“ Auch die Nach­ba­r:in­nen­schaft habe sich sehr erfreut über die Absage gezeigt. „Der Zuspruch gibt uns Recht“, ist Steinke überzeugt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare