Genitalverstümmelung in Gambia: Frauenrechte in Gefahr
Seit 2015 ist die Verstümmelung weiblicher Genitalien in Gambia verboten. Jetzt pushen Abgeordnete die erneute Legalisierung im Namen des Islam.
Eine erste Hürde hat der Vorschlag Anfang der Woche genommen. Im Parlament stimmten 42 von 49 anwesenden Abgeordneten dafür, dass ein Ausschuss die höchst umstrittene Vorlage weiter prüft. Wann das passiert, ist noch nicht bekannt.
Der 41-jährige Gibba ist nach Angaben einer nichtstaatlichen Organisation, die sich für eine höhere Beteiligung junger Menschen in der Politik einsetzt, Mitglied der gambisch-saudi-arabischen Freundschaftsgruppe und weiß eine große Lobby von Muslim:innen hinter sich. Dazu gehört Abdoulie Fatty. Vergangenes Jahr zahlte er, so die Zeitung The Standard, Geldstrafen für drei Frauen. Die Justiz sah es als erwiesen an, dass sie die Genitalien von Mädchen verstümmelt hatten. Nur wenige Wochen später erließ der Oberste muslimische Rat Gambias (GSIC) eine Fatwa. Darin hieß es: „Allah hat die Beschneidung von Frauen angeordnet.“
Der GSIC ist auch jetzt der große Befürworter des Gesetzentwurfs. Vizepräsident Cadi Omar Secka sagte vergangene Woche: „Die Beschneidung von Frauen ist kein bloß ererbter Brauch, wie fälschlicherweise von denen behauptet wird, die keine Ahnung vom islamischen Recht haben. Es ist vielmehr eine der Tugenden des Islam und einer der Sunna-Praktiken.“ Die „weibliche Beschneidung“, wie er sie bezeichnet, würde auf Überlieferungen zurückgehen.
Männer erklären Frauen die Verstümmelung als Tradition
Bestes Gegenbeispiel ist Niger, wo sich von den gut 25 Millionen Einwohner:innen fast alle zum Islam bekennen. Laut Unicef sind dort aber nur 2 Prozent der Frauen im Genitalbereich verstümmelt, was bereits seit 2003 unter schweren Strafen steht. In einer Umfrage sprachen sich 91 Prozent der Jungen und Männer gegen diese Praxis aus sowie 82 Prozent der Mädchen und Frauen.
Auch in Gambia bekennen sich 95 Prozent der 2,4 Millionen Einwohner:innen zum Islam. Die Ansichten des mit Männern besetzten GSIC teilen aber längst nicht alle. Auf X (vormals Twitter) kritisieren Gambierinnen das Mansplaining: Männer wollten ihnen ihre „islamischen Rechte“ erklären.
Jaha Marie Dukureh, Gründerin von Safe Hands for Girls – die Organisation kämpft gegen FGM und Zwangsverheiratung – betont: „Wir bekämpfen den Islam nicht und werden den Islam niemals bekämpfen. Wir schützen nur zukünftige Generationen davor zu erleben, was wir durchgemacht haben.“
Nach UN-Angaben haben in Gambia drei von vier Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren Genitalverstümmelung am eigenen Körper erlebt. Weltweit sind mehr als 230 Millionen Mädchen und Frauen in 30 Ländern Afrikas, im Nahen Osten sowie Asien betroffen.
So gut wie nie kommt es zu Anzeigen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilt FGM in vier Typen ein. Eins haben alle gemeinsam: Die physischen und psychischen Konsequenzen sind enorm und halten mitunter ein Leben lang an. Medizinische Vorteile gibt es, so die WHO, keine.
Deswegen kämpfen UN-Behörden, nichtstaatliche Organisationen wie Aktivist:innen seit Jahren um Verbote und deren Durchsetzung. 2012 verabschiedete die UN-Generalversammlung einstimmig eine Resolution, die die Praxis verbietet. Doch das wird nur zögerlich in nationale Gesetze aufgenommen. Umso wichtiger ist Aufklärungsarbeit. Argumentiert wird mit gesundheitlichen Konsequenzen, die keine Religion gutheißen könne.
Nach Informationen von Amnesty International hat es auch in Gambia erstmals 2023 zwei Verfahren gegen sogenannte „Beschneiderinnen“ gegeben. Damals war das Gesetz schon acht Jahre lang in Kraft. Die Genitalverstümmelung passiert im familiären Umfeld, wird von Frauen durchgeführt und auch weiterhin akzeptiert. Daher kommt es so gut wie nie zu Anzeigen.
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