Generalsekretär über Regenwaldfonds: „Wir hängen von diesen Wäldern ab“

Norwegen will Zahlungen für den Regenwald stoppen. Der Generalsekretär des Regenwaldfonds fordert ein koordiniertes Vorgehen der Sojaimportländer.

Ein Haufen gefällte Bäume

Traurige Realität: Brasiliens Regenwald Foto: dpa

taz: Herr Eggen, als Generalsekretär des Regenwaldfonds haben Sie den Beschluss der Bundesregierung kritisiert, Geldzahlungen an den Fonds zu stoppen. Macht Norwegen jetzt nicht das Gleiche?

Øyvind Eggen: Nein. Deutschland hat seine Zahlungen unter Hinweis auf die generelle Entwicklung unter der Regierung Bolsonaro gestoppt, Norwegen dagegen, weil Brasilien einen formellen Teil des Abkommens nicht erfüllt hat. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass Norwegen seinen Einsatz in Brasilien reduzieren will. Der Unterschied ist also, dass Deutschland einen Beschluss als Antwort auf die politische Entwicklung in Brasilien signalisiert hat, während es Norwegen um Fragen der Zusammenarbeit geht.

War es nicht unglücklich, dass Deutschland mit einer Entscheidung vorpreschte und Norwegen einige Tage später folgte?

International gesehen können der Schritt Deutschlands und der Norwegens tatsächlich etwas chaotisch wirken. Aber wie gesagt, handelt es sich ja nicht um das Gleiche. Ich halte es für wichtig, dass Deutschland und Norwegen klarmachen, dass ihr internationales Engagement unabhängig davon ist, welche Politik in Brasilien gerade aktuell geführt wird. Aber in welcher Form dieses Engagement stattfindet, ist natürlich abhängig von der Regierung in Brasília. Setzt sich die jetzige Situation fort, müsste der Einsatz Deutschlands und Norwegens geändert werden. Das Engagement für den Amazonas muss in einen breiten politischen und diplomatischen Zusammenhang integriert werden, in dem man mit verschiedenen Instrumenten versucht, Brasilien zu einer Änderung seiner Politik zu bewegen.

Deutschland und Norwegen importieren große Mengen Soja aus Brasilien. Sollten Oslo und Berlin deutlich machen, dass es einen Zusammenhang zwischen Handels- und Klimapolitik gibt?

Ich halte eine koordinierte Reaktion der Sojaimportländer für ganz entscheidend. Europäische Importeure haben viel Wert darauf gelegt, dass das von ihnen gekaufte Soja nicht auf abgeholzten Regenwaldflächen gewachsen ist. Europa sollte ein gemeinsames Signal nicht nur an die Firmen, von denen wir importieren, sondern an die gesamte brasilianische Sojaindustrie schicken, dass man diese Regenwaldzerstörung nicht einfach hinnimmt. Auch in Brasilien selbst wollen seriöse Produzenten die Abholzung gestoppt sehen. Ich glaube auch, sie würden eine solche europäische Initiative durchaus begrüßen. Auch in anderen Bereichen der Handelsbeziehungen könnten Norwegen und Deutschland Druck ausüben. Brasilien muss deutlich gemacht werden, dass europäische Firmen eine voraussehbare, verantwortungsvolle Politik erwarten, die die Rechte der indigenen Völker und der Zivilgesellschaft respektiert.

Waren die umgerechnet mehr als eine Milliarde Euro, die aufgewendet wurden, um den brasilianischen Regenwald zu retten, hinausgeworfenes Geld, weil der brasilianische Präsident sich nun nicht für den Regenwaldschutz interessiert?

Es wurden Hunderte von Einzelmaßnahmen finanziert. Zusammengenommen hatten die eine große Wirkung und haben dazu geführt, dass die Abholzung des Regenwalds in den vergangenen Jahren reduziert werden konnte. Wenn die neue brasilianische Regierung ihre Politik so weiterführt, werden tatsächlich viele bislang erreichte Resultate vergeblich gewesen sein, aber beileibe nicht alle. Und ich bin überzeugt, dass der jetzt eingeschlagene Weg dieser Regierung nicht dauerhaft ist. Es gibt sehr viele Menschen in Brasilien, die von der Wichtigkeit des Regenwaldschutzes überzeugt sind, und künftige Regierungen werden zu einer Politik zurückkehren, wie sie in den letzten Jahren geführt wurde.

Sollten die jetzigen Erfahrungen mit Brasilien Konsequenzen auf die Zusammenarbeit mit anderen Regenwaldländern wie Indonesien oder denen in Zentralafrika haben?

Øyvind Eggen

49, ist seit März 2018 Generalsekretär des Regenwaldfonds. Der Fonds arbeitet mit 60 Organisationen in acht Ländern zusammen, um den Regenwald zu retten, unter anderem in Brasilien.

Es gibt ja in allen großen Regenwaldländern eine Kombination aus politischem Willen den Regenwald zu bewahren und anderen politischen Interessen den Regenwaldschutz aufzuweichen. Brasilien mit einer Regierung, die sich so uninteressiert am Regenwaldschutz zeigt, ist aber wirklich ein Sonderfall. Und vor allem dürfen wir nicht vergessen, dass der Einsatz für den Regenwald kein spezielles nationales Interesse ist. Die ganze Welt muss daran interessiert sein, weil unsere Zukunft von diesen Wäldern abhängt. Bis jetzt waren Norwegen und Deutschland die wichtigsten Beitragsgeber. Es wäre jetzt besonders wichtig, Norwegen damit nicht alleinzulassen.

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