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Genderranking in der KommunalpolitikTrier, Stadt der Frauen

Frauen sind in vielen Rathäusern und Stadträten unterrepräsentiert. Eine Studie zeigt: Gendergerechtigkeit lebt von guten Beispielen.

Sie müssen nicht unbedingt Stöckelschuhe tragen – aber Frauen sollten in der Kommunalpoltitik präsenter sein. Bild: dpa

BERLIN taz | Beate Wübbenhorst (SPD) ist eine von zwölf Frauen im Magdeburger Stadtrat. Neben 44 Männern. Nur jeder fünfte Ratssitz ist von einer Frau besetzt. Doch Beate Wübbenhorst findet keine Frauen, die Lust auf Kommunalpolitik haben. Der Ton zu rau, die Sitzungen zeitraubend, sagt sie, und die Front der Männer zu stark.

Magdeburg liegt auf dem letzten Platz eines Genderrankings deutscher Großstädte der Heinrich Böll Stiftung. Dabei ist der Stadtrat von SPD, Grünen und Linken dominiert, die um eine Frauenquote auf ihren Listen bemüht sind. Gewinner ist Trier mit 45 Prozent Frauenanteil bei einer liberal-konservativen Mehrheit im Stadtrat. Gendergerechtigkeit hängt offenbar nicht nur von Parteipolitik ab, sie lebt von guten Beispielen.

Für das Ranking wurde ein Index aus den Frauenanteilen im Stadtrat, den Ausschuss- und Fraktionsvorsitzen, Dezernatsleitungen und der Oberbürgermeisterstelle gebildet.

Gendergerechtigkeit wächst, sobald sie gelebt wird, sagt die Frauenbeauftragte der Stadt Trier, Angelika Winter. Dort war schon 1989 jeder dritte Sitz im Gemeinderat von einer Frau besetzt. „Ich gehe davon aus, dass die gewachsene Struktur das Zutrauen geschaffen hat: Frauen können gute Kommunalpolitik machen“, sagt sie.

Frauen mögen keine langwierigen Sitzungen

An diesem Anfang scheitert Beate Wübbenhorst in Magdeburg. Sie erlebt, dass Männern das Tor zur Macht eisern bewachen. „Die sagen: Frauen können kandidieren, aber nicht auf den vorderen Listenplätzen.“

Sie ist Vorsitzende des Stadtrats. Oft würden Diskussionen in die Länge gezogen, weil sich viele Mitglieder zu Wort melden – der Aufmerksamkeit wegen. „Solche Auseinandersetzungen schrecken Frauen ab“, befürchtet Beate Wübbenhorst. Sie würde sich langwierige Sitzungen selbst gern ersparen.

Politikwissenschaftler Lars Holtkamp von der Fern-Uni Hagen, der das Ranking erarbeitet hat, macht dieselbe Beobachtung: „Frauen treten als Direktkandidaten vor allem in Wahlkreisen der Partei mit schlechtem Wahlergebnis an, während Männer sich lieber die Hochburgen aussuchen.“

Zudem erschwere das kommunale Wahlrecht in manchen Bundesländern den Einzug von Frauen in solche Gremien. Problemland sei in dieser Hinsicht Nordrhein-Westfalen. Die Landeshauptstadt Düsseldorf liegt auf dem 36. von 79 Rängen. „Man hat in Nordrhein-Westfalen nur eine Stimme, mit der man den Kandidaten und dessen Partei wählt.“ Das sorge dafür, dass viele Politiker über das Direktmandat in ein Gremium einziehen. Über Listenplätze, die als Einstieg für kommunalpolitische Arbeit gelten, werden nur wenige Sitze vergeben. Holtmann fordert eine Frauenquote.

Nur kleine Fortschritte

Ein Zeichen hat in diesem Frühjahr Rheinland-Pfalz gesetzt und eine Passage zur Gleichberechtigung ins Wahlgesetz aufgenommen. Auf dem Stimmzettel muss nun der Frauenanteil einer Liste stehen.

Die Fortschritte sind klein. Gegenüber den Studien aus den Vorjahren hat sich der Frauenanteil in der Kommunalpolitik nur leicht erhöht. In elf Bundesländern werden 2014 neue Stadt- und Gemeinderäte gewählt. Sabine Drewes von der Heinrich Böll Stiftung sagt: „Wir hoffen, durch den Wettbewerb ein bisschen Druck auf die Parteien auszuüben, ihre Listen prominent mit Frauen zu besetzen.“ Sie fordert eine Frauenquote.

SPD-Frau Beate Wübbenhorst ist eigentlich gegen die Quote. „Man muss die Leute nehmen, die es gut und engagiert machen“, sagt sie. Aber im Kampf um die guten Listenplätze wären ihr mehr Unterstützerinnen lieb. Wie sie die gewinnen kann, muss sie sich noch überlegen.

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10 Kommentare

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  • G
    Gästin

    Furchtbares Foto! Frau = Stöckelschuh? Dann kandidiere ich lieber nicht.

  • A
    anne

    Frauen haben in unserem Land JEDE Chance in Parteien einzutreten und für Ämter zu kandidieren. JEDE! Wenn sie es nicht wollen, weil es ihnen zu schwierig oder zu schwer ist oder zu unsicher, dann ist das ihr ganz persönliches Problem und kein gesellschaftliches.

     

    Es ist nicht so gedacht, dass in der Politik jeder Teil der Bevölkerung anteilig repräsentiert werden muss. Was passiert hier eigentlich?

  • D
    Desillusionist

    "Gendergerechtigkeit" - Was für eine Wortschöpfung! Ich gleich das Fenster aufmachen, damit die Luft wieder erträglich wird.

  • A
    Anna

    Es ist ein schlechter Witz, wenn das Prinzip gilt "Frauen können kandidieren, aber nicht auf den vorderen Listenplätzen". Bei einem Stadtrat aus SPD, Grünen und Linken. Aber Steuern dürfen die Frauen genauso bezahlen wie Männer. "No taxation without representation"!

    • @Anna:

      Es ist eindeutig Sache der Parteien, wie sie ihre Listen aufstellen. Jedem mündigen Bürger steht es frei, eine Partei nicht zu wählen, wenn sie ihm dabei nicht genug Rücksicht auf genderpolitische Anliegen nimmt.

       

      Davon ab scheint das auch in Magdeburg (und anderswo) nur ein Teil des Problems zu sein. Vielfach nehmen wohl Frauen die ihnen angetragenen Listenplätze einfach nicht an. Manchmal krankt halt die Emanzipation einfach daran, dass die Wahrnehmung einstiger männlicher Privilegien erschrecken unbequem sein kann.

       

      Und mit der Koppelung von Steueraufkommen an politische Teilhabe wäre ich Vorsichtig. Das kann nach hinten losgehen.

  • FEIN, liebe Freunde der Direktdemokratie! So führt man sich ad absurdum: Wenn's dazu führt, dass über Direktwahlen nicht genug FRAUEN in die Gremien kommen, DANN muss man natürlich mit gesetzlich quotierten Listenwahlen Fakten schaffen.

     

    Es läuft wirklich immer wieder auf die alte SED-Definition von Demokratie hinaus: Das ist, wenn Alle in freier und gleicher Wahl das entscheiden, was ICH für richtig halte - sonst muss leider obrigkeitlich eingegriffen werden...

  • find grad das hier voll geil: "Oft würden Diskussionen in die Länge gezogen, weil sich viele Mitglieder zu Wort melden – der Aufmerksamkeit wegen. „Solche Auseinandersetzungen schrecken Frauen ab“, befürchtet Beate Wübbenhorst. Sie würde sich langwierige Sitzungen selbst gern ersparen."

    Wie bitte?!? Ich will in die Politik, aber habt's doch bitte alle meine Meinung und haltet's Maul!!!.... wtf???

  • Frauenquote = Volkskammer 2.0!

     

    Vorbemerkung für GutmenschInnen, die zwischen Genus und Sexus nicht unterscheiden können: so weit im Folgenden geschlechtsbezogene Begriffe vorkommen - z.B. Wähler - dient die Verwendung der grammatisch männlichen Form der besseren Lesbarkeit. Gemeint sind selbstverständlich beide biologischen Geschlechter.

     

    So wie einst bei den "Wahlen" zur Volkskammer von vornherein feststand, welche Partei wie viele Sitze bekommt, soll jetzt offenbar im Voraus und ungeachtet des Wählerwillens festgelegt werden, wie sich das Parlament, bezogen auf Geschlechter, zusammensetzt.

     

    Ein prima Methode, den ohnehin schon vorhandenen Abgrund zwischen Volk und "Volksvertretung" weiter zu vertiefen. Und wenn's mit der Zwangsquote und verfassungswidrigen Manipulationen auf den Wahlzetteln nicht hinhaut und die Wähler weiterhin halsstarrig die Kandidaten nach politischen Inhalten wählen und nicht nach Beschaffenheit der Genitalien, was kommt dann als nächstes? Frauenwahlzwang unter gleichzeitiger Aufhebung des Wahlgeheimnisses? Ausgabe ausgefüllter Stimmzettel? Kandidaturverbot für Männer?

     

    Politisch unkorrekter Gegenvorschlag: wie wär's, wenn die Herrinnen der Schöpfung, es - ganz im Sinne der Gleichstellung - genau so machten, wie Männer und einfach kandidierten und sich ggf. damit abfänden, nicht gewählt worden zu sein?

  • O
    Olli

    Es ist notwendig, sich die vorausgehende Frage zu stellen:

    Wollen und brauchen wir das, was unter dem Begriff "Gendergerechtigkeit" propagiert wird?

    Zum einen ist die Verwendung des Begriffes Gerechtigkeit hier falsch. Keine Frau wird daran gehindert an der Kommunalpolitik teilzunehmen, jedenfall nicht mehr gehindert als ein Mann. Ich sehe keine Gerechtigkeitslücke.

    Es sollte also eher "Gender(Ergebnis)Gleichheit" heißen.

    Zum anderen, wenn weniger Frauen als Männer Kommunalpolitik machen wollen, weil sich "Diskussionen oft in die Länge" ziehen, so what? Was ist schlimm daran?

    • A
      anne
      @Olli:

      Nichts ist schlimm daran. Gar nichts. Es ist nur ein Problem, wenn du ein Problem damit hast.