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Gemüseknappheit in EuropaDa haben wir den Salat

Eine Kältewelle in Spanien lässt die Preise für Tomaten und Auberginen sprunghaft steigen. Im Netz findet man die Folgen eher lustig.

Ungefährdet: Paella geht zur Not auch ohne viel Gemüse Foto: reuters

Madrid taz | Wer isst schon drei Salatköpfe am Tag? In Europa herrscht gerade Gemüseknappheit, doch die ersten Meldungen über vermeintliche Rationierungen in Großbritannien sorgten im Netz eher für Belustigung denn für Panik: Die Supermarktkette Tesco bittet seine Filialen, nur noch schlappe drei Köpfe Eisbergsalat pro Person und Tag zu verkaufen.

In Deutschland ist nichts dergleichen überliefert, doch auch hier ist der Preis von Gemüse derzeit wesentlich höher als sonst. Laut der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft kostet ein Eisbergsalat im Schnitt fast 2 Euro, im Sommer waren es zeitweise unter 50 Cent.

Ausgewogene Ernährung wird dieser Tage offenbar zum Luxus. Der Grund sind Wetterkapriolen in Südeuropa. In Italien, Südfrankreich und Griechenland war es Anfang Januar kalt. In Spanien herrschte in den letzte beiden Wochen eine Kältewelle, vor Weihnachten gab es Überschwemmungen, das gab dem europäischen Gemüsemarkt den Rest.

Das Land auf der Iberischen Halbinsel produziert jährlich 18 Millionen Tonnen Obst und Gemüse, zwei Drittel davon gehen in den Export. Davon sind 5,5 Millionen Tonnen Gemüse. Nur Italien übertrifft Spanien in der Produktion mit 24 Millionen Tonnen Obst und Gemüse. Allerdings exportiert das Land mit rund 4 Millionen Tonnen Gemüse weniger als Spanien.

Pisto Manchego wird zum Luxusgericht

Auch in Spanien selbst reiben sich die Kunden die Augen, wenn sie auf den Markt oder in den Supermarkt gehen. Die Onlinetageszeitung eldiario.es rechnet entsetzt vor, was eines der günstigsten Rezepte der spanischen Küche derzeit kostet. Anstatt zwei bis drei Euro für vier Personen sind für einen Pisto Manchego derzeit über sieben Euro fällig. Das Gericht besteht aus Tomaten, Auberginen, Paprika, Zucchini und Zwiebeln.

Das Ei pro Person hat eldiario.es aus Kostengründen gar weggelassen. Nach neuen Zahlen des Landwirtschaftsministeriums im südspanischen Andalusien haben sich die Preise für Auberginen seit Jahresbeginn verdoppelt und liegen jetzt deutlich über drei Euro, grüne Bohnen stiegen um 64 Prozent, Zucchini um 57 Prozent. Auch der Salatpreis hat sich verdoppelt. Viele Felder wurden überschwemmt, die Ernte vernichtet.

Besonders betroffen sind Abnehmerländer wie Großbritannien. Sie beziehen fast alles Gemüse aus Südspanien. Neben Salat sind derzeit Brokkoli, Zucchini, Tomaten und Paprika knapp. Die Supermärkte, die oft die gesamte Produktion einzelner Kooperativen in Südspanien aufkaufen, schauen sich jetzt nach Alternativen um. Sie importieren aus Marokko, aber auch aus den USA, was die Preise noch weiter in die Höhe treibt.

„Nie dagewesene Ausnahmesituation“

Die spanischen Landwirtschaftsverbände sprechen von einer „nie dagewesenen Ausnahmesituation“. Eine Erholung des Marktes werde es vor März oder gar April kaum geben; die vom Frost geschädigten Pflanzen brauchen rund acht Wochen, um sich wieder zu erholen. Der allmähliche Rückgang des Einkaufspreises könnte außerdem nicht sofort auf die Verbraucher durchschlagen.

„Einige Produkte sind im Supermarkt weiterhin sehr teuer, obwohl sich die Lage bereits normalisiert“, erklärt UPA, ein Verband kleiner Landwirte, gegenüber der spanischen Presse. So kosten die Auberginen in Spanien 3,50 Euro das Kilo, obwohl die Landwirte weniger als die Hälfte kassieren. Bei den Zucchinis sind es 4 Euro im Supermarkt und nur 1,15 für den Produzenten.

Vor einigen Jahren gab es schon einmal einen Engpass auf dem spanischen Salatmarkt. Damals stieg der Preis pro Kopf von 50 Cent auf 1 Euro. Trotz normaler Produktion gingen die Preise nie wieder zurück.

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24 Kommentare

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  • Esst Sauerkraut!

    • @lions:

      Fleisch :)

      Das wächst in klimatisierten Ställen :)

      • @Thomas_Ba_Wü:

        Haxe mit Sauerkraut?

        • @lions:

          Pff..."Pfälzer Dreifaltigkeit" !!

          (1 Scheibe Saumagen, 1 grobe Bratwurst, 1 Leberknödel auf einem Bett aus Sauerkraut (wer will kann auch Kartoffelbrei wählen) dazu Graubrot und einen Riesling oder Grauburgunder)

  • Na ja, stimmt schon, aber im winter muss man ja auch nicht unbedingt sommergemüse essen... Essen wir eben noch mal spaghetti mit weisskohl, kartoffeltortilla, mangold, spitzkohl an hafersahne, indischen blumenkohl, winterkram halt. Und artschocken! Aber ja, grüne bohnen sind schon seit jahren ein luxusessen - momentan über 7 € das kilo aufm markt... und das in spanien! Da sind grïne bohnen mit totgekochten kartoffeln lapidar "gemüse" und alltäglicher standard in der küche, grosse nachfrage! Klar, die bauern bekommen wenig davon ab. Das tolle wirtschaftssystem hat sich ja hervorragend entwickelt mit mehreren importeuren, zwischenhändlern, grosshändlern, zwischenhändlern, lieferanten, händlern, undsoweiter, und alle verdienen was daran... freier markt für waren und dienstleistungen halt.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Jede Katastrophe ist für Kapitalisten eine Möglichkeit, ihre Profitrate zu erhöhen.

    Eine Überschwemmung bedeutet Wirtschaftswachstum. Man kann die Profitrate am Gemüsebauern steigern und verkauft auch noch mehr Saatgut und Dünger.

    In einer Immobilienkrise kann man billig Häuser kaufen, wenn die Familien erst einmal auf der Straße sitzen.

    Wenn Trump die Mauer baut, wird die Autoproduktion in den USA wohl auch nicht gesteigert werden, sondern eher gesenkt. Steigen werden vor allem die Preise und die Profitraten.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Man kann sofort neue Märkte erschließen, z.B. Gemüse aus dem Wüstenstaat Marokko oder Israel beziehen, und danach die Spanier und Griechen fallen lasse. Oder noch mehr Preisdumping betreiben.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Pech für die spanischen Bauern, dass sie keine Kapitalisten sind.

  • Und was essen die Briten, bzw von wem, wenn sie ausgetreten sind?

    • @Vidocq:

      Fisch und Chips.

  • Naja. Wer unbedingt im Winter geschmacksneutrale, auf Optik gezüchtete Massenanbau-Tomaten braucht, der muss das halt bezahlen.

     

    Das wäre eigentlich ohnehin fällig, wenn man die tatsächlichen Kosten der Massenproduktion bedenkt, inklusive Bodenschäden, Wasserverbrauch und -Verschmutzung, Sklavenarbeit etc.

    Die Bevölkerung in Nordwesteuropa ist nicht zwingend darauf angewiesen, ganzjährig billige Tomaten und Auberginen zur Verfügung zu haben. Wie wär's mal mit heimischen Gewächsen?

  • Jetzt frag ich mich nur warum das Gericht rund 200% mehr kostet, wenn der Preis für die Zutaten sich höchstens verdoppelt hat.

  • "Ausgewogene Ernährung wird dieser Tage offenbar zum Luxus."

     

    Nur, wenn völliges Fehlen von landwirtschaftlichem Wissen als Teil des "Nicht-Luxus" zählt. Wir ernähren uns seit Oktober ohne Auberginen, Zuchini, Tomaten - der geschmacklose Eisbergsalat kommt ohnehin nicht auf den Teller - Endiviensalat aus der Region dafür bis in den November.

    Also wirklich. Wer für seine ausgewogene Ernährung auf Wassergemüse aus Spanien angewiesen ist, sollte halt mal auf einen Wochenmarkt oder Bauernmarkt gehen. Mit Rot- und Weißkohl, Grünkohl, Rosenkohl, Zwiebeln, Rettichen, Karotten, Rote Beete, Kürbissen, Äpfeln und weiterem heimischem Winter- und Lagerobst bekommt man eine ausgewogene Ernährung absolut ohne Probleme hin. Und es ist mit sicherheit günstiger als das Importzeugs, auch in Zeiten, wo dieses kein Luxus ist.

    Nun ist es für die spanische Wirtschaft schade, dass da Einbußen entstehen und auch sonst liegt mir national(istisch)e Ernährung als Ideologie ziemlich fern - aus ökologischer Sicht hingegen nicht, aber da reden wir um einen Umkreis von 30-50 km. Dass ausgewogene Ernährung jetzt aber Luxus würde, ist schlicht abstrus.

    • @LeSti:

      Mir fällt nun im zweiten Winter auf, dass es zumindest bei uns keinen deutschen bzw. regionalen Endiviensalat mehr zu kaufen gibt. Selbst in der Bio-Kooperative gibt es nur Salat aus Frankreich und Spanien.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Hanne:

        Bei uns gibt es den, wenngleich nur bei wenigen Marktständen.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @LeSti:

      Genau so ist es. Andalusische Produkte, so sehr ich diese Region liebe, kommen mir eh nur im Notfall auf den Tisch. Tomaten schmecken nicht, nicht einmal im Sommer, Gurken und Salat ebensowenig. Erdbeeren und Spargel esse ich erst, wenn bei uns Saison ist, Weil die um Weltklassen besser sind als das frühreife Zeug aus Andalusien. Andalusien war bisher der Gemüseramschladen Europas, getragen von afrikanischen "Erntehelfern". Wird Zeit, dass sich das ändert, gerade im Sinne der Region. Baut einfach mehr Zeug an, was man hierzulande höherpreisig verkaufen kann. Möglichkeiten gäbe es genug, wenn der deutsche Michel nicht so auf Geiz ist geil getrimmt wäre.

    • 3G
      36855 (Profil gelöscht)
      @LeSti:

      Danke!

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @LeSti:

      ich sehe es nicht als "nationalistisch", sondern als 'makrobiotisch'. Bei mir gibt's heute Abend z.B. Petersielwurzel, Pastinaken, Palmkohl, Möhrchen und Zwiebel, in China würde man sagen, 5 Köstlichkeiten ; )

  • Kraut und Rüben!

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    Tomaten und Auberginen im Winter, wer's mag.

  • Dann bezahlt doch unseren Bauern und Gemüsebauern vernünftige Preise! Ernährt euch der Jahreszeit angepasst.

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Energiefuchs:

      ...deshalb haben die Italiener, zumindest früher, im Winter z.B. Palmkohl angebaut, der braucht den Frost, und keine Tomaten oder Auberginen.

      • @81331 (Profil gelöscht):

        Bei uns Rosenkohl

    • @Energiefuchs:

      Genau, mehr regional und saisonal kochen und wer unbedingt muss, kann auf eingefrorenes und eingemachtes zurück greifen.

      Bei dem milden Winter derzeit haben wir noch frisches Wintergemüse im Garten.

      Eine ausgewogene Ernährung ist jedenfalls nicht von südländischen Importen im Winter abhängig. Bin eigentlich ganz froh, mal keinen Eisbergsalat oder Zucchini zu sehen.