Geldforderungen der Industrie: Verschobene Fronten

Grüne, SPD, Gewerkschaften und jetzt der BDI haben es verstanden: Der Staat braucht mehr Geld. Die Union und die FDP tun sich schwer mit der Einsicht.

Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, wartet auf den Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts im Kanzleramt.

Will sogar Steuern senken: Christian Lindner (FDP) Foto: Michael Kappeler/dpa

Der Bund der Deutschen Industrie (BDI) will mal wieder nicht wenig: ein kreditfinanziertes Sondervermögen von 400 Milliarden Euro, damit die Wirtschaft sich fit machen kann für die klimaneutrale Zukunft. Damit setzt der BDI die FDP und auch die Union unter Druck, die sich gern als wirtschaftsnah geben – deren notorisches Festhalten an der Schuldenbremse aber nicht nur der progressiven politischen Konkurrenz gegen den Strich geht, sondern offenkundig auch der Wirtschaft.

Ein weiteres Sondervermögen neben dem Bundeshaushalt wäre effektiv ein Aufweichen der Schuldenbremse, ohne sich formal von ihr zu verabschieden. Dass der BDI sich gerade jetzt vehement dafür einsetzt, ist überraschend. Schließlich haben SPD und Grüne, die für kreditfinanzierte Investitionen in die Zukunft sind, bei der Europawahl massiv an Stimmen verloren. Das kann man auch als Votum gegen eine Wirtschaftspolitik sehen, die die Transformation der Industrie aktiv gestaltet.

Es ist aber einfach deutlich: Der Staat braucht mehr Mittel, um die anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Mit ein bisschen Bürokratieabbau ist es nicht getan, wenn der Wirtschaftsstandort nachhaltig gesichert werden soll. Wenn es keine Mehrheit für eine Reform der Schuldenbremse gibt, braucht es für die notwendigen Investitionen ein kreditfinanziertes Sondervermögen. Schließlich wendet sich besonders die FDP auch dagegen, dem Bundeshaushalt durch höhere Steuern Spielraum zu verschaffen.

Im Gegenteil: Finanzminister Christian Lindner will sogar Steuern senken. So haben sich in der Wirtschaftspolitik die Allianzen verschoben. Auf der einen Seite sind Union und FDP. Auf der anderen Seite neben Grünen, SPD und Gewerkschaften jetzt auch der BDI. Während sich die einen um die Jobs von morgen sorgen, geht es den anderen um künftige Profite.

Union und FDP müssen ihren Widerstand gegen ein Aufweichen der Schuldenbremse aufgeben, wenn sie weiterhin behaupten wollen, dass sie Wirtschaftskompetenz haben. Denn die haben sie derzeit offensichtlich nicht.

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