Geld für EinwohnerInnen Hongkongs: Prinzip Gießkanne

Das rezessionsgeplagte Hongkong verteilt „Helikoptergeld“ an alle Einwohner. Die EU sollte das auch tun, statt weiter Geld in die Banken zu pumpen.

die Skyline von Hongkong

Geld nach dem Gießkannenprinzip: Der Himmel über Hongkong Foto: Thomas Peter/reuters

Hongkong macht es richtig: Der Stadtstaat will „Helikoptergeld“ verteilen und jeden Bürger mit umgerechnet 1.300 US-Dollar beglücken. Mit diesem Zusatzgeld soll die heimische Wirtschaft angekurbelt werden, die erst unter den heftigen Unruhen gelitten hat und jetzt durch das Coronavirus zum Stillstand kommt.

Die Eurozone sollte Hongkong kopieren: Es ist deutlich effektiver, Helikoptergeld direkt an die Bürger auszuzahlen, anstatt Geld in die Banken zu pumpen. 2,6 Billionen Euro hat die Europäische Zentralbank (EZB) schon an die Banken verteilt, um die Kreditzinsen nach unten zu drücken. Doch passiert ist wenig. Die Wirtschaft in der Eurozone dümpelt, weil fast niemand Darlehen aufnimmt, um in die Realwirtschaft zu investieren. Stattdessen wird heftig spekuliert: Aktienkurse und Immobilienpreise explodieren.

Helikoptergeld hat den Vorteil, dass es direkt bei den Normalbürgern landet, die sich damit lang gehegte Wünsche erfüllen können – und die Nachfrage ankurbeln. Allerdings hat es auch Schwächen, weil es nach dem Prinzip „Gießkanne“ funk­tio­niert: Selbst Reiche erhalten den Geldsegen. Diese Mittel dürften verpuffen, denn Wohlhabende neigen dazu, zusätzliches Einkommen zu sparen.

Effektiver wäre es daher, das Geld nicht an die Bürger auszuzahlen – sondern an den Staat. Er könnte es gezielt an die Ärmeren weiterleiten und ansonsten selbst investieren. Projekte, in die Geld fließen müsste, gibt es genug, von der Schulsanierung bis zum Klimaschutz.

Alternative zum Staat

Diese naheliegende Strategie ist jedoch verbaut, weil es den Neoliberalen gelungen ist, den Staat zu verteufeln. Nur deswegen gibt es ja das Konzept vom Helikoptergeld: Erfunden wurde es vom Neoliberalen Milton Friedman, der staatliche Konjunkturprogramme vehement ablehnte und eine Alternative suchte, um Wirtschaftskrisen zu beheben.

Aber was soll’s: Die Eurozone ist neoliberal konstruiert. Ein neoliberales Helikoptergeld ist also immer noch besser, als die bisherigen EZB-Experimente fortzusetzen.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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