Gelbwesten-Protest in Frankreich: Weniger und weitgehend gewaltfrei
Abermals protestieren tausende Gelbwesten auf den Straßen Frankreichs gegen die Regierung. Die Anzahl der Demonstrant*innen nimmt aber spürbar ab.
Nach Angaben des französischen Innenministeriums vom Nachmittag protestierten landesweit 33.500 Menschen gegen die Regierung – vor einer Woche seien es zum gleichen Zeitpunkt doppelt so viele Gelbwesten gewesen. Die Demonstrationen liefen demnach weitgehend ohne die Gewaltausbrüche der vergangenen Wochen ab.
In Paris standen am Samstagmittag nach Polizeiangaben etwas weniger als 3.000 Demonstranten rund 8.000 Sicherheitskräften gegenüber. Die Proteste fanden an verschiedenen Orten statt. Vor allem auf der Prachtstraße Champs-Élysées kam es vereinzelt zu Spannungen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten, dabei wurde auch Tränengas eingesetzt.
Auch am Platz vor der Opéra Garnier kam es zu kleineren Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten. Dort organisierten Gelbwesten ein Sit-in. Dabei knieten sie auf dem Boden, die Hände hinter dem Kopf – eine Anspielung auf eine Massenfestnahme von Schülern vor mehreren Tagen.
Auch in den übrigen Landesteilen gingen deutlich weniger Menschen auf die Straße – mit Ausnahme von Toulouse im Südwesten, wo es am vergangenen Wochenende zu Szenen heftiger Gewalt gekommen war. Hier demonstrierten nach Angaben der Präfektur mit 850 Gelbwesten beinahe so viele Menschen wie am vergangenen Samstag. Am Samstag und auch in der Nacht zuvor wurden wieder zahlreiche Straßen in Frankreich von Demonstranten blockiert.
Louvre und Eiffelturm offen
Bis zum Nachmittag seien 95 Menschen vorübergehend festgenommen und 63 Menschen in Gewahrsam genommen worden, erklärte die Polizei. Landesweit waren 69.000 Sicherheitskräfte im Dienst. Am vergangenen Samstag waren es zur gleichen Zeit bereits 598 vorübergehende Festnahmen, beziehungsweise 475 Ingewahrsamnahmen. Damals waren offiziellen Zahlen zufolge 10.000 Menschen in der Hauptstadt auf die Straße gegangen. Landesweit waren es am vergangenen Wochenende 136.000 Demonstranten.
Es ist das fünfte Wochenende in Folge, an dem die Gelbwesten protestieren. Nach dem Terroranschlag von Straßburg am Dienstag hatte die französische Regierung an die Gelbwesten appelliert, an diesem Wochenende nicht zu demonstrieren.
Während vor einer Woche in Paris Geschäfte und viele Sehenswürdigkeiten und Museen geschlossen wurden, blieben diesmal der weltberühmte Louvre und der Eiffelturm offen. Paris solle nicht den Eindruck einer „toten“ Stadt erwecken, erklärte Polizeipräfekt Michel Delpuech.
Mehr direkte Demokratie gefordert
Nach Einschätzung der französischen Regierung haben die anhaltenden Straßenblockaden und Proteste spürbaren Einfluss auf das Wirtschaftswachstum des Landes. Die französische Nationalbank hat die Wachstumserwartungen für das laufende Quartal von 0,4 auf 0,2 Prozent halbiert.
Seit Beginn ihrer Protestbewegung Mitte November sind mehrere Menschen durch Unfälle an Straßenblockaden der Gelbwesten ums Leben gekommen. Am Freitag fuhr ein Autofahrer in der belgischen Region Erquelinnes in einen Lastwagen, der aufgrund einer Straßensperre auf französischer Seite blockiert wurde. Einen Tag zuvor war ein 23 Jahre alter Gelbwesten-Demonstrant im südfranzösischen Avignon von einem Lastwagen erfasst und getötet worden.
Ursprünglich richtete sich die Wut der Gelbwesten gegen geplante Steuererhöhungen auf Sprit und Diesel, hohe Lebenshaltungskosten und die Reformpolitik der Mitte-Regierung von Staatspräsident Emmanuel Macron. Um den Konflikt mit den Gelbwesten zu entschärfen, versprach Macron zu Wochenbeginn ein Paket mit Sofortmaßnahmen im Sozialbereich, darunter eine Erhöhung des Mindestlohns um monatlich 100 Euro. Die Maßnahmen sollen bis zu zehn Milliarden Euro kosten.
Mittlerweile haben sich die Forderungen teilweise geändert. Viele der Demonstranten protestierten in Paris für mehr direkte Demokratie. Forderungen nach Einführung eines Bürgerreferendums wurden laut – und immer wieder auch nach dem Rücktritt Macrons.
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