Gehaltserhöhungen von Schwarz-Rot: Ein schönes Stück vom Steuerkuchen
Als erste Amtshandlung will die CDU mehr Personal und mehr Gehalt für die Führungsebene. Angesichts der kollabierenden Verwaltung ein Skandal.
K aum ist die CDU an der Macht, macht sie sich die Taschen voll. Noch keine zwei Wochen ist es her, dass Kai Wegner mutmaßlich mit Stimmen der rechtsextremen AfD zum Regierenden Bürgermeister gewählt wurde. Unmittelbar danach scheint der Selbstbedienungsladen geöffnet zu sein.
Eine Senatsvorlage von CDU-Finanzsenator Stefan Evers, die am Dienstag beschlossen werden soll, sieht mehr Geld und mehr Personal für die Verwaltung vor – aber nicht etwa für die kurz vor dem Kollaps stehende untere Ebene, sondern für die Freund*innen und Getreuen von Wegner & Co in den oberen Etagen.
Dabei zählten die Büroleitungen der Senator*innen, üblicherweise ihre persönlichen Vertrauten, mit bislang rund 5.000 bis 7.000 Euro brutto im Monat schon zuvor nicht gerade zu den Geringverdiener*innen. Wie die Morgenpost zuerst berichtete und die Senatsfinanzverwaltung der taz bestätigte, sollen sie künftig mit mehr als 8.150 Euro brutto – ohne Zulagen versteht sich – noch einmal ein ordentliches Stück mehr vom Steuerkuchen bekommen. Zusätzlich gönnt sich Schwarz-Rot 19 zusätzliche Sekretariatsstellen bis zu 4.500 Euro sowie eine weitere Leitungsstelle für die Senatskanzlei.
Aus Kai Kemmerich als Regierender von AfD-Gnaden wird jetzt also Kai Diepgen: Der letzte CDU-Bürgermeister dieser Stadt, Eberhard Diepgen, brachte Berlin in den 90er Jahren den Ruf als Hauptstadt von Filz und Korruption ein – bevor er 2001 wegen des Bankenskandals gestürzt wurde. Nun droht mit Wegner und Schwarz-Rot der Rückfall in ein System, in dem die von der Bevölkerung erarbeiteten Steuereinnahmen nicht dem Gemeinwohl dienen, sondern dem der Regierenden – beziehungsweise ihrer Kumpel.
Für Gesundheit, Bildung oder Soziales fehlt das Geld
Dabei könnte die Verwaltung mehr Geld und Personal dringend gebrauchen: In den zentralen Bereichen Gesundheit, Soziales, Lehre, Erziehung, Bau oder Informatik drohen erhebliche Personalengpässe. Binnen acht Jahren scheidet knapp jede*r Dritte, also rund 43.000 Menschen, aus dem öffentlichem Dienst aus.
Doch statt Sozialarbeiter*innen, Erzieher*innen und Pfleger*innen besser zu bezahlen, eine Fallbegrenzung in Jugendämtern oder kleinere Klassen in Schulen einzuführen, um diese Berufe attraktiver zu machen, wird erst einmal großzügig Geld an die eigenen Leute verteilt.
Zugegeben, die CDU ist nicht die einzige Partei, die sich ordentlich aus der Staatskasse bedient. So haben CDU, SPD, Grüne und Linke in der ersten Sitzung des Abgeordnetenhauses nach der Neuwahl ebenfalls brisante Gehaltszahlungen beschlossen: Die insgesamt 14 abgewählten Stadträt*innen und Bürgermeister in den Bezirken bekommen in den nächsten drei Jahren 100 Prozent Lohnfortzahlung – obwohl sie nichts dafür tun. Bei Gehältern von bis zu 10.000 Euro pro Monat wird das den Haushalt mehrere Millionen Euro kosten.
Man sollte es im Hinterkopf behalten, wenn das Land Berlin bei der nächsten Tarifauseinandersetzung über die Bezahlung im öffentlichen Dienst wieder einmal auf klamme Kassen verweist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs