Gegenregierung in Myanmar: Aufruf zur Revolution

In Myanmar ist aus den Massenprotesten gegen den Putsch ein Generalstreik geworden. Jetzt ruft das Untergrundparlament auf facebook zum Widerstand.

Frau in Menschenmenge hebt drei Finger, wie die meisten anderen auch. Mit dern anderen halten sie eine Kerze. Es ist dunkel und die Kerzen leuchten

Der Drei-Finger-Gruß ist das Zeichen des Widerstands gegen den Militärputsch in Myanmar Foto: reuters

Trotz der schnell steigenden Zahlen getöteter De­mons­tran­t:in­nen – mittlerweile sind es rund 100 – und mehr als 2.100 Festnahmen lässt der Widerstand gegen die Machtübernahme der Militärs in Myanmar nicht nach. Sichtbarster Ausdruck des inzwischen sechswöchigen Widerstands ist für das ­Ausland immer noch der fortgesetzte landesweite ­Massenprotest. Er wird täglich einschließlich seiner Opfer in den sozialen Medien do­kumentiert. Mutig gehen Tag für Tag Zehn­tausende Menschen in Myanmar auf die Straße und setzen sich dabei der Gefahr aus, von Polizei und Militär erschossen oder erschlagen zu werden.

Der Protest wird befeuert und ergänzt durch eine Bewegung zum Generalstreik (CDM), die seit Wochen erhebliche Teile der Wirtschaft lahmlegt. Dies sorgt dafür, dass die illegitime Militärjunta weiterhin keine wirksame Kontrolle über das Land und seine renitente Bevölkerung hat. Kaum ein Zug, Lkw oder Flugzeug kann sich noch bewegen, die meisten Banken arbeiten schon seit Wochen nicht mehr, in Ministerien und Amtsstuben geht nichts voran und viele Krankenhäuser und Bildungseinrichtungen sind geschlossen.

Und jetzt hat sich am Wochenende erstmals die dritte Säule des Widerstands gemeldet, mit nichts Geringerem als einem Aufruf zur Revolution. Mit dem untergetauchten Mahn Win Khaing Than meldete sich der Vizechef des Untergrundparlaments CRPH mit seiner Gegenregierung über Facebook zu Wort. Sein Aufruf zum Widerstand macht der Politik des Militärregimes die Herrschaft über das Land streitig.

Das ist ein Symbol nicht nur von psychologischer, sondern auch von diplomatisch praktischer Bedeutung. Bisher wurde die Junta noch nicht von anderen Regierungen diplomatisch anerkannt. Diese zögern angesichts des breiten Widerstands der Bevölkerung und wegen der menschenverachtenden Tötungspolitik der Militärs. Dem steht jetzt mit dem CRPH ein Gremium gegenüber, das aus Abgeordneten beider Kammern des Parlaments besteht, die bei den letzten Wahlen demokratisch gewählt wurden. Sie wurden direkt vor ihrer geplanten Vereidigung durch den Coup entmachtet. Doch sie beugen sich nicht. Vielmehr fordern sie als eine Art alternative Volksvertretung und Gegenregierung aus dem Untergrund das Putschmilitär heraus. Und dies unter Androhung drakonischer Strafen bis zum Tod. Damit bieten sie den Regierungen der Welt und internationalen Organisationen eine Möglichkeit, klar ihre Missbilligung des Putsches auszudrücken.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat das übrigens schon am 26. Februar getan. In einem Brief an den CRPH drückte er dem Untergrundparlament seine Solidarität aus. Bitte mehr davon!

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.