piwik no script img

Gedenkstätte HohenschönhausenKnabes kurzes Comeback

Für nur zwei Stunden kehrt Hubertus Knabe zurück in seinen Chefsessel. Daraufhin entbrennt eine Debatte um DDR-Erinnerung. Ein Wochenkommentar.

Hubertus Knabe ist gekommen, um zu bleiben – und muss doch gleich wieder gehen Foto: dpa

Erinnerungspolitik der DDR ist nicht gerade ein Thema, für das sich die Öffentlichkeit brennend interessiert. Geändert hat das ein Vorfall zu Beginn dieser Woche: Hubertus Knabe kehrte am Montag für gerade mal zwei Stunden an seinen Chefposten der Gedenkstätte Hohenschönhausen zurück. Die einstweilige Verfügung, die seine Rückkehr ermöglichte, nachdem ihn der Stiftungsrat im September abberufen hatte, wurde kurz darauf vom Berliner Landgericht ausgesetzt – auf Initiative des Stiftungsvorsitzenden Klaus Lederer (Linke).

Noch mit dem Welcome-Back-Blumenbouquet in den Armen musste Knabe sein Büro wieder räumen. Nicht nur er selbst war darüber wütend. Am Mittwoch schimpfte Arnold Vaatz, Vizechef der Unions-Fraktion im Bundestag, in einer elf Punkte umfassenden Pressemeldung, das Gericht sei von Lederer „politisch unter Druck gesetzt“ worden. Vaatz schreibt von „einer nahezu kriminellen Energie“ bei der Absetzung Knabes und vergleicht sie mit Methoden von Diktaturen. Harte Worte und Vergleiche, die mehr als hinken.

Der Behauptung, hinter Knabes Entlassung stecke eine Kampagne der Linken, widersprach laut Berliner Morgenpost der Brandenburger CDU-Landtagsabgeordnete Dieter Dombrowski, der im Stiftungsrat sitzt. Er verstehe die Aufregung nicht, schließlich habe sich die CDU bisher nicht gerade um die SED-Opfer verdient gemacht.

Das sind zwei Stimmen von vielen, die sich diese Woche über Knabe äußerten. Dass sich die Diskussion um DDR-Erinnerung an seinem Fall entzündet, ist nicht verwunderlich. 18 Jahre lang war Knabe als Chef der ­Gedenkstätte eine dominante Figur der DDR-Aufarbeitung. Harte Worte wählte er immer wieder, etwa als er bei seinem Antritt im Jahr 2000 die DDR auf eine Stufe mit dem NS-Regime stellte.

Für eine differenzierte DDR-Erinnerung

Gerade viele Betroffene fühlten, dass neben ihm kein Platz für eine andere, differenzierte Art der Erinnerung ist. Kritisieren wollten ihn nur wenige, um nicht in Verdacht zu geraten, DDR-Unrecht zu verharmlosen.

Harsch war offenbar auch Knabes Führungsstil: Laut einem Bericht von Marianne Birthler, die der Stiftungsrat als Vertrauensperson für die Mitarbeiter*innen bestellt hat, herrschte ein Klima der Angst in der Gedenkstätte; alle Entscheidungen mussten über Knabes Tisch. Sexismus habe er nicht nur geduldet, sondern sogar gefördert, heißt es in einem Schreiben des Stiftungsrates am Donnerstag.

18 Jahre lang war Knabe eine dominante Figur der DDR-Aufarbeitung.

Das ist schlimm, vor allem für die Mitarbeiter*innen. Sie haben einen Arbeitsplatz verdient, an dem sie ohne Angst agieren können. Eine Neubesetzung des Chefpostens könnte nicht zuletzt auch die Chance für eine neue Richtung in der DDR-Erinnerung sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Es ist skandalös, wie hier jemand, der den Opfern des DDR-Regimes eine Stimme verliehen hat, vergleiche z.B. H. Knabes Buch über den 17. Juni 1953, indem u.a. auch benannt wird, dass man für eine Unterschrift gegen das Regime schon mal für zehn Jahre hinter Gitter gegangen ist, mit fragwürdigen Methoden von seinem politischen Gegner, dem politischen Erben der Täterpartei SED, Herrn Lederer, aus dem Amt gedrängt wird.



    Es entsteht der Eindruck, dass jetzt die Erinnerung an die Stasimachenschaften umgeschrieben werden sollen, die bisher von Zeitzeugen authentisch am Leben gehalten wurden. Dass im Jahr 350 000 Besucher der Gedenkstätte Hohenschönhausen davon Kenntnis erhielten, passt dem Vertreter der Linkspartei offensichtlich nicht ins Konzept

  • Knabes Integration ist endgültig gescheitert.



    Der Senat sollte daher Unna zur sicheren Herkunftsstadt erklären.