Gedenken und Hilfe in Berlin: Solidaritätsblockade
Das Innenministerium verweigert Bundesländern die Aufnahme von Menschen in Not: In Berlin blickt man auf Moria und erinnert an Hanau.
D ieser Sommer kippelt. Da sind die notwendigen Einschränkungen, die unnötige Repression, die Zusatzbelastungen und das Weniger. Da sind das schöne Wetter und ein Klima, das umzukippen droht. Da ist der berlinische Drang nach Leichtigkeit und Selbstbestimmung. Nach sexueller und geschlechtlicher Autonomie, nach interkiezionaler und politischer.
Da ist ein Bundesinnenminister der uns die Aufnahme von Menschen in Not verweigert. Und da sind die Unermüdlichen, die von Berlin aus für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen und gegen den Rassismus hier und dort.
Da ist die Hoffnung, dass nicht nur rich kids sich in ihren Ferien einwenig selbst und selbstbestimmt erfahren durften beim Unterwegssein, beim Draußenschlafen. Unterwegssein, Draußenschlafen: Auch das sind Kippelworte. Sie können Freiheit bedeuten und Wohnungslosigkeit. Sie können frische Luft in heißen Nächten bedeuten, Flucht und politische Verfolgung.
„Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir“, fasste die Kippfigur Immanuel Kant einmal die ganz großen Fragen zusammen. Um Selbstbestimmung ging es auch ihm.
Gedenkdemo Hanau & Vagabundenvollversammlung
Da die Kulturbeilage taz Plan in unserer Printausgabe derzeit pausiert, erscheinen Texte nun vermehrt an dieser Stelle. Mehr Empfehlungen vom taz plan: www.taz.de/tazplan.
Ein halbes Jahr nach dem rassistischen Anschlag von Hanau stellt das Aktionsbündnis Antira auch in Berlin eine Gedenkdemo auf die Beine. „Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen“ sind dabei Selbstauftrag und politische Forderung (Mittwoch, 19. August, 18 Uhr, Hermannplatz).
Der Vagabundenkongress wiederum schlägt sich auf die Seite vonwohnungslosen Menschen. Es gibt Essen, Austellungen und Workshops. Am Samstag steht eine Kundgebung an, am Sonntag die Vagabundenvollversammlung unter dem Titel „Wir zählen und erzählen uns“ (Freitag, 21. bis Sonntag, 23. August, Mariannenplatz. Mehr Infos auf vaga2020.de).
Seehofer blockiert Solidarität
„Lasst uns gemeinsam laut sein: Trotz Not und Verzweiflung im Elendslager Moria hat Seehofer die humanitären Aufnahmeprogramme der Länder Berlin und Thüringen gestoppt und blockiert damit Solidarität und Menschlichkeit“, heißt es im Aufruf zu einer Fahrraddemo am Samstag. Die zentrale Forderung: „Griechische Lager evakuieren – Jetzt!“ (Samstag, 22. August, 14 Uhr, Breitscheidplatz).
Der Film „Schlafe mit den Schuhen an“ dokumentiert die Flucht zweier katalanischer Aktivisten vor staatlicher Repression. Sie müssen unterwegs bleiben, draußen schlafen. Zu sehen ist die Doku im linken Sommerkino in Weißensee (Sonntag, 23. August, 19.30 Uhr, Große Seestraße 9).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Netzgebühren für Unternehmen
Habeck will Stromkosten senken