Geburtstag in Zeiten der Pandemie: Voll verpennt
Geburtstag groß zu feiern, ist durch die Pandemie kaum möglich. Unsere Kolumnistin stimmt das in diesem Jahr melancholisch.
K ürzlich bin ich 32 geworden (ja, danke schön.). Normalerweise feiere ich meinen Geburtstag recht groß. Mit vielen Menschen, guten Drinks und „Gut & günstig“-Erdnussflips, weil ich irgendwo sparen muss. Dieses Jahr ist ja alles anders, vielen Menschen ist nicht nach Feiern zumute, weil sie erst vor Kurzem festgestellt haben (danke, schwarze Insta-Kacheln), dass es Rassismus gibt und die Polizei sich oft gar nicht mal so cool verhält.
Rassismus und Polizeigewalt sind mir schon länger bekannt. Ich kannte sie, da haben sie noch in kleinen Indieclubs gespielt, aber jetzt füllen sie ja Mainstream-Arenen und Talkshows.
Dieses Jahr ist mein Geburtstag also viel melancholischer ausgefallen. Ich hab viel über das Jahr und mein Leben nachgedacht, was ich erreichen will, was überhaupt noch geht und wie lange es uns alle noch geben wird. Also alles sehr lebensbejahende und sehr positive Gedanken. Meine beste Freundin hatte mir in weiser Voraussicht ein Spa-Wochenende geschenkt (das ist nicht kapitalistisch, das ist selfcare. I don’t make the rules). Der Plan stand fest. Sie holt mich von der Arbeit ab, wir fahren zusammen ins Hotel und dann Sauna, Masken und endlos viel Essen.
Wir kamen an, aßen etwas und wollten danach das Wellnessprogramm schön hochfahren. Wir beschlossen, zum Essen ein bisschen TV zu schauen.
Ruhe tanken am See
Um 20.15 Uhr lief der deutsche Comedypreis und um 20.30 Uhr schlief ich ein. Irgendwo zwischen einer Mockridge-Musical-Nummer und Felix Lobrechts „Dankesrede“ fiel ich in einen Tiefschlaf und träumte von einer Welt ohne Corona, Comedy und Polizeigewalt. Ich wachte am nächsten Morgen auf, Deutschland war 30 Jahre lang wiedervereint und ich war 32 Jahre und einen Tag alt und hatte einfach meinen Geburtstag verpennt.
Ich redete mir ein, dass es gut ist, etwas auf die Bremse zu treten und ruhiger, nachdenklicher (besonnener) zu werden. Und ehrlich gesagt: Ein Geburtstag ohne den sozialen Stress, der untrennbar mit großen Partys verbunden ist, hatte auch was. Dafür gab es aber keine Geschenke oder ins Ohr gelallte Liebes- und Freundschaftsbekundungen zu später Stunde. Ich war unsicher, was mir lieber war.
Sonntagabend lag ich dann in meinem eigenen Bett und scrollte durch Instaposts von Freundinnen, die mit ihren Partner*innen und Kindern an irgendwelchen Gewässern „Ruhe tankten“, und wurde schwermütig.
Angst vor der Zukunft
Was ist, wenn ich niemals einen Partner finde? Will ich überhaupt Kinder? Will ich „Ruhe tanken“ an einem See oder Drogen nehmen und mit Unbekannten auf Tanzflächen rummachen?
Als ich bereit war, mich völlig meiner sonntäglichen Depression hinzugeben, ploppte folgende Meldung auf meinem Handy auf: Maja hat dich zu der Gruppe „Brautjungfer“ eingeladen. Happy Birthday to me.
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