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Gauck beendet NahostreiseAlle Herzen erobert

Bei seinem ersten Besuch in Israel und den Palästinensergebieten macht sich Joachim Gauck beliebt. In der PLO hat man große Hoffnung in Deutschland.

Die Eröffnung einer Schule ist eine feine Sachen für Präsidenten. Bild: dapd

JERUSALEM taz | Palästinensische Sicherheitsbeamte arrangierten auf dem Gelände der Muqataa, dem Sitz von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, 80 Särge mit den sterblichen Überresten palästinensischer Attentäter, als Bundespräsident Joachim Gauck den Nationalhymnen lauschte.

Am Donnerstag, dem letzten Tag seiner Nahostreise, wohnte er noch der Eröffnung einer mit deutschen Geldern finanzierten Mädchenschule in dem Dorf Burin bei Nablus bei, bevor er mit Abbas und Regierungschef Salam Fayyad zusammentraf.

„Bildung und Sicherheit sind für uns zentrale Elemente“, sagte der Bundespräsident und versicherte Abbas, dass Deutschland die Schaffung eines „eigenständigen, palästinensischen Staates“ unterstütze. Jede Lösung müsse beide Seiten, Israel und die Palästinenser, berücksichtigen. Mit 70 Millionen Euro unterstützt die Bundesrepublik jährlich den Aufbau der Autonomiegebiete.

Der Staatsbesuch in Israel begann für den Bundespräsidenten offiziell schon am Dienstag, als ihn Präsident Schimon Peres in allen Ehren empfing. Der noch unbekannte Gauck eroberte schnell die Herzen seiner israelischen Gastgeber. Peres traf ihn mehrere Male, und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu räumte dem Bundespräsidenten, ungeachtet seiner politisch wenig machtvollen Position, über eine Stunde länger als geplant für das Treffen ein.

Nur zwischen Gauck und Israels rechtsnationalem Außenminister Avigdor Lieberman schien der Funken der gegenseitigen Sympathie nicht unmittelbar überzuspringen.

„Für die deutsche Politik bestimmend“

Zentrale Themen waren neben den deutsch-israelischen Beziehungen und dem nahöstlichen Friedensprozess, Syrien, die türkisch-israelische Krise sowie vor allem das iranische Atomforschungsprogramm. Keine Beachtung fand in der israelischen Presse Gaucks in deutschen Medien diskutierte „Distanzierung“ von Kanzlerin Angela Merkel, die in einer Rede vor vier Jahren erklärt hatte, das Existenzrecht Israels sei deutsche Staatsräson.

Gauck selbst bezeichnete die Sicherheit und das Existenzrecht Israel lediglich als „für die deutsche Politik bestimmend“. Differenzen mit der Position der Kanzlerin stritt er später ab.

Der kaum drei Monate amtierende Bundespräsident nutzte seinen Antrittsbesuch bei den israelischen Politikern, um sich persönlich einen Eindruck zu verschaffen, Fragen zu stellen und um zu lernen. Von nur „geringfügigen Distanzen“ sprach er im Anschluss an das Treffen mit Netanjahu, obschon er im Verlauf seiner Reise wiederholt die Zweistaatenlösung hochhielt und zu „Zeichen beim Siedlungsbau“ aufforderte. Schon vor seiner Reise hatte er erklärt, in der Frage der israelischen Siedlungspolitik die Haltung der Bundesregierung und der EU zu teilen. Beide hatten den Ausbau der Siedlungen wiederholt scharf verurteilt.

Für die Palästinenser ist der Baustopp israelischer Häuser im Westjordanland unverändert Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Dialogs. Daran ändert auch Israels Freigabe der toten „Märtyrer“, die zum Teil seit fast 40 Jahren in Israel begraben lagen, nichts. „Die Beharrlichkeit der israelischen Politik, den Siedlungsbau fortzusetzen“, so meinte der Palästinenserpräsident, sei das größte Hindernis im Friedensprozess.

Solange die USA mit den Wahlen beschäftigt sind, setzt die Palästinensische Befreitungsorganisation PLO, die die Verhandlungen führt, ihre ganze Hoffnung auf die EU, in der Deutschland eine zentrale Rolle spielt. „Gauck sprach in seiner Antrittsrede von Menschenrechten, von Freiheit, Gerechtigkeit und Würde“, erinnerte die Abgeordnete Hannan Aschrawi, die Mitglied im PLO-Exekutivrat ist. „Das sind Begriffe, die wir Palästinenser verstehen“, sagt sie. „Dafür kämpfen wir.“

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12 Kommentare

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  • T
    tintenstrahler

    @ Hasso: NÖ!

  • H
    Hasso

    Von Deutschland finanzierte Mädchenschule)n?-, und kostenlose U-Boote. Und wo ist das Geld für deutsche Kindergärten? Ist nicht schon genug an Israel gezahlt worden?

  • A
    A.Bundy

    „Gauck sprach in seiner Antrittsrede von Menschenrechten, von Freiheit, Gerechtigkeit und Würde“, erinnerte die Abgeordnete Hannan Aschrawi, die Mitglied im PLO-Exekutivrat ist. „Das sind Begriffe, die wir Palästinenser verstehen“, sagt sie. „Dafür kämpfen wir.“

    LOL :D

    Ich wusste gar nicht, dass die Palis soviel Sinn für Humor und Selbstironie haben.

    You made my day, Hannan! Echt.

  • DP
    Daniel Preissler

    Liebe Pellkartoffel,

    in D. gibt es auch Mädchenschulen. Das ist sicherlich nicht dasselbe. Deren Existenz ist aber auch nicht automatisch eine Diskriminierung. Das beurteilen vermutlich besser Leute, die wissen, wie genau die angesprochenen Schulen funktionieren und was sie leisten (also nicht wir beide d;-) ).

     

    Wenn sie (wie in Ihrem Kommentar) nach Schülerinnengesichtern gehen, dann sind Mali, Senegal und Uganda Israel (und Deutschland) wohl (Zitat) "kulturell, wissenschaftlich und technologisch um Lichtjahre voraus".

    Hätte ich Ihren Kommentar wortgetreuer persifliert, hätte es statt "Israel" übrigens "den Juden" heißen müssen (wie in Ihrem Kommentar "den Moslems"), aber das fühlt sich dann doch zu krass an (und der Terminus ist wegen der religiös/ethnischen Doppelbedeutung des Wortes auch an sich etwas komplexer).

     

    Grüße, DP

  • T
    tageslicht

    @Pellkartoffel

     

     

    Soso.

    Israelis sind also Übermenschen und Palästinenser Untermenschen. Darum verdienen sie es nicht anders. Ironie der Geschichte, dass Sie hier faschistische Ideologie zur "Unterstützung" Israels heranziehen. Deshalb in Anführungszeichen, weil Leute wie Sie entlarvend für viele einseitig proisraelisch eingestellte Bürger sind.

  • RT
    Ruth Teibold-Wagner

    Vor nicht allzu langer Zeit schrieb die TAZ über Herrn Gauck so:

     

    http://www.taz.de/!88071/

     

    Damals war er der "Stinkstiefel". Einen Menschen mit einem solchen Schimpfwort so zu beleidigen ist nicht mit Artikeln wie diesem nachträglich wieder gut zu machen.

     

    Der TAZ werden die persönlichen Beleidigungen, die sie unserem Bundespräsidenten gegenüber geschrieben hat, für immer anhängen.

     

    Denn sie stehen im Netz. Und das Netz vergisst nicht. Und das ist gut so.

  • E
    end.the.occupation

    Wozu der Freiheitsepexerte Gauck schwieg:

     

    Israeli forces injure over 50 Palestinians in the West Bank and another one near the fence in Gaza. Settlers injure seven Palestinians and damage at least 150 olive trees. Also in the West Bank, Israeli authorities demolish 17 Palestinian-owned structures, including seven residences, displacing over 60 people; another two residential structures demolished by their owners. In Gaza, concerns over shortages of power and fuel continue.

     

    Aus dem Wochenreport des 'United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs' in Jerusalem

     

    Yitzhar, die jüdische Siedlung, dessen jüdische Bewohner letzte Woche unter dem Schutz der Armee einem Palästinser in das Gesicht schossen - dieses Yitzhar liegt unmittelbar in der Nähe von Burin, wo sich Gauck mit pal. Schülerinnen fotographieren liess.

     

    google "yitzhar burin settler attack" liefert 8790 hits.

  • M
    Marcus

    Keine Gleichheit?

  • G
    geschichtswerkstatt

    Dieser voreilige Besuch in einer der schwierigsten Gegenden der Welt war ein ziemlicher Leichtsinn vom unerfahrenden neuen Bundespräsidenten. Da kann jedes falsche Wort in der ewigen Waagschale der Geschichte landen. Aber Gauck ist eben ein Glückspilz. Wenn er auch darin irrt, daß die Solidarität mit Israel zwangsläufig im Ernstfall, d.h. im Kriegszustand an die Grenzen des Möglichen stößt. Ich vermute, es gilt das genaue Gegenteil. Alles andere wäre nämlich interpretierbar als die historische Vollendung der Pläne früherer deutscher Regierungen.

  • FJ
    F. Junkers

    Nachdem Trittin der TAZ "Schweinejournalismus" wegen Kritik an Gauck zum Thema Holocaust-Verharmlosung vorwarf, will man es nun wohl wieder gut machen? Indem man in diese seichte Lobhudelei des Mainstream einstimmt? Gauck hat in Israel nur vorhersehbare Textbausteine abgesondert und ansonsten alle mit Charme eingeseift wie ein Soap-Opera-Kapitän. Was er ja prima kann. Nichts wofür man ihn huldigen muss. Man sollte den Herren jetzt nicht aus der Beobachtung entlassen.

  • HD
    Hermann der serbokroatische Romantiker

    Ja, wenn Deutsche- ob Journalistinnen, Berufs- oder Freizeitpolitiker sowie notorische Kommentarspaltenfüller- ihre Juden nicht hätten, dann wären es wohl langhaardackelzüchtende Hobbits ausm Orbit. Und dann würde ich hier wohl nicht so einen Mist kommentieren. Nun gut. Zu spät. Ich konnte nicht anders...So, mein lieber Hermann, höre doch jetzt bitte auf damit, dein Freigang ist beendet, die Station geschlossen und die Meinung schließlich gegeigt...

  • P
    Pellkartoffel

    Menschenrechte, Freiheit, Gerechtigkeit und Würde“, erinnerte die Abgeordnete Hannan Aschrawi, die Mitglied im PLO-Exekutivrat ist. „Das sind Begriffe, die wir Palästinenser verstehen“, sagt sie. „Dafür kämpfen wir.“

     

    LOL! Genau darum wird für Mädchen auch eine separate Schule gebaut. Dass diese Diskriminierung von Deutschland bezahlt wird ist ein unfassbarer Skandal. An dem gespenstisch-islamistischen Outfit der Schülerinnen scheint sich auch niemand zu stören. Jeder der mal in die fröhlichen Mädchengesichter einer ganz normalen, gemischten israelischen Klasse geschaut hat, kann verstehen, warum Israel den Moslems kulturell, wissenschaftlich und technologisch um Lichtjahre voraus ist.