piwik no script img

Debatte Israel-PalästinaWir haben verloren

Kommentar von Carlo Strenger

Über Jahrzehnte haben Israels Linke und internationale Beobachter an die Zweistaatenlösung geglaubt. Aber sie wird nicht kommen.

Kein Freund der Zweistaatenlösung: Israels Premier Netanjahu. Bild: dpa

W enn es um die Lösung des Nahostkonflikts geht, haben internationale Beobachter eine Standardantwort: „Jeder weiß, wie die Sache ausgehen wird.“ Ein Staat für Israel, einer für die Palästinenser – etwa so, wie es US-Präsident Bill Clinton schon im Jahr 2000 vorgeschlagen hat.

Auch die israelische Linke hat sich über Jahrzehnte durch ihr Bekenntnis zu einer Zweistaatenlösung definiert. Aber es ist an der Zeit, einen kalten, harten Blick auf die Realität zu werfen: Wir haben verloren.

Im letzten Jahr hat bereits der palästinensische Philosoph Sari Nusseibeh in seinem Buch „Ein Staat für Palästina?“ das Ende der Zweistaatenlösung verkündet. Die Juden seien durch ihre Geschichte so traumatisiert, dass sie die Souveränität über die Westbank niemals aufgeben würden – und ein palästinensischer Staat sei weiteres Blutvergießen nicht wert.

Ich war damals nicht bereit, Nusseibehs Idee zu akzeptieren. Auch heute ist die Zweistaatenlösung aus moralischen, politischen und demografischen Gründen immer noch richtig. Aber sie wird schlichtweg nicht kommen – und daran wird ein Antrag in der UNO auf eine Aufwertung des Status Palästinas nicht ändern.

Traumatisierte Israelis

Ein Grund dafür ist, dass die Linke in den nächsten Jahren keine Chance haben wird, wieder an die Macht zu gelangen. Das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends hat ihr Versprechen, dass Frieden möglich ist, zum Gegenstand des Gespötts gemacht.

Carlo Strenger

ist Professor für Psychologie in Tel Aviv. Für die israelische Zeitung Ha'aretz schreibt er die Kolumne „Strenger than fiction“. In Deutschland erschien 2011 sein Buch „Israel. Einführung in ein schwieriges Land“ (Jüdischer Verlag).

Ausgangspunkt war die Zweite Intifada mit ihren Selbstmordattentaten, deren traumatische Wirkung auf die Israelis von vielen Beobachtern unterschätzt wird. Dann folgten der Sieg der Hamas bei den Wahlen 2006 und die anschließende Spaltung der Palästinenserregierung, der anhaltende Beschuss Israels aus dem Gazastreifen sowie der Zweite Libanonkrieg.

Israelis haben seitdem geradezu eine Allergie gegenüber dem Wort „Frieden“ entwickelt. Sie glauben, dass sich Israel in schlechter Nachbarschaft befindet und in den nächsten Jahrzehnten um seine Existenz kämpfen muss; dass uns Macht und Wachsamkeit eher als Diplomatie und Flexibilität überleben lassen werden.

Als Ergebnis schauen die Israelis mit tiefer Besorgnis auf den „arabischen Frühling“ – ein Ausdruck, den sie nicht einmal verwenden. Sie vertrauen der Muslimbrüderschaft nicht, die die Macht in Ägypten übernommen hat; sie sind zutiefst besorgt wegen des syrischen Bürgerkriegs und fürchten, dass die Hisbollah an einem bestimmten Punkt des Konflikts ihr gesamtes Waffenarsenal vom Libanon aus auf die israelische Bevölkerung abfeuern wird.

Und dazu kommt die Möglichkeit eines atomar bewaffneten Iran. Psychologische Untersuchungen haben in Dutzenden von Ländern gezeigt, dass Menschen, die existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sind, dazu tendieren, nach rechts zu gehen und weniger tolerant zu sein.

Der Elefant inmitten des Raums

Angesichts der Instabilität des Nahen Ostens wird es in der absehbaren Zukunft keine Mitte-links-Regierung in Israel geben. Benjamin Netanjahu wird aber weiterhin den Ultraorthodoxen und den nationalreligiösen Siedlern schmeicheln. Er ist der Überzeugung, dass ein lebensfähiger palästinensischer Staat eine Gefahr für Israel darstellt, und hofft, dass er die Palästinenser durch eine Ausweitung der Siedlungen dazu bekommt, sich mit weniger zufriedenzugeben.

Während Netanjahu sich zwar verbal noch zur Zweistaatenlösung bekennt, haben sich die meisten Mitglieder seines Kabinetts längst explizit für eine Einstaatenlösung ausgesprochen – allerdings eine, in der die Palästinenser keine vollen Bürgerrechte erhalten. Aber auch israelische Oppositionsvertreter sprechen aus Angst, Wählerstimmen zu verlieren, kaum von zwei zukünftigen Staaten. Die Linke und die Mitte ziehen es vor, über soziale und ökonomische Fragen zu reden und den Elefanten in der Mitte des Raums zu ignorieren.

Seitdem ich die Idee, dass die Zweistaatenlösung tot ist, in Israel erstmals publiziert habe, haben mich Freunde und Leser nach einer Alternative gefragt. Einige haben gemutmaßt, dass ich die alte linke Idee eines einzigen Staates für Juden und Palästinenser nun befürworte; andere vermutet, dass ich zur Rechten gewechselt bin.

Beides ist nicht der Fall. Aber es gibt Momente, in denen man realisieren muss, dass das eigene politische Programm nicht länger machbar ist, auch wenn man keine der Alternativen gutheißt. Wir müssen uns, mit müden Herzen, dennoch nach anderen Möglichkeiten umsehen. Die natürlichen Verbündeten der Linken sind diejenigen auf der Rechten, die an die Werte einer liberalen Demokratie glauben, wie etwa Knesset-Sprecher Reuven Rivlin und der frühere Likud-Minister Mosche Arens. Beide sind dafür, die Westbank zu annektieren, gleichzeitig aber den Palästinensern die vollen politischen Rechte einzuräumen.

Kampf mit Gebärmüttern

Selbst in diesem Fall stünde ein solches Land vor großen Problemen: Wie können zwei Völker, die in einen tödlichen Konflikt miteinander verstrickt sind, zusammen einen Staat lenken? In einem solchen Land würde über Jahrzehnte um die ethnische Vorherrschaft gekämpft – und die zentrale Waffe dazu wäre, wie der Demograf Arnon Soffer einmal gesagt hat, die weibliche Gebärmutter: Juden und Palästinenser würden einander bekämpfen, indem sie so viele Kinder wie möglich bekommen, um eine Mehrheit zu erhalten.

Aber vielleicht würde sich ein solcher Staat auch nicht allzu sehr von der jetzigen Situation unterscheiden. In Israel findet schon jetzt ein Kulturkampf statt: Nationalreligiöse und ultraorthodoxe Juden setzen darauf, säkulare Juden an Geburten zu übertreffen. Viele von ihnen warten darauf, dass sich die israelische Demokratie in eine Theokratie verwandelt.

Ich habe keine Illusionen, dass der neue Staat ohne schmerzhafte Konflikte existieren kann. Aber die Mehrheit des Israelis haben sich de facto durch ihre Politik (darunter den Siedlungsausbau) ebenso für eine Einstaatenlösung entschieden, wie sie die Palästinenser durch eine ganze Reihe von historischen Fehlern herbeigeführt haben. Wir werden das Beste daraus machen müssen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

28 Kommentare

 / 
  • S
    SomaRiot

    Einen wirklichen Frieden in Israel/Palästina wird es geben, wenn alle benachbarten und auch die gar nicht mal so benachbarten Staaten Israel voll akzeptieren, der Antisemitismus in der arabischen/islamischen Welt einigermaßen eingehegt wird bzw. zumindest nicht weiter öffentlich gefördert wird. Ist derzeit leider nicht in Sicht. Die internationale antisemitische "Linke" und "Friedensbewegung" trägt (ob ihrer Bedeutung hoffentlich nur unerheblich) dazu bei, dass es nicht zum Frieden kommt, indem es den antiisraelischen Kräften im Nahen Osten ideologische und politische Rechtfertigung und Unterstützung liefert.

  • B
    bull

    Ein Staat Israel wird sich auf Dauer nicht gegen eine komplett ablehnende Nachbarschaft halten können.Irgendwann wird es wieder soweit sein und die Juden werden wieder Ihre Heimat verlieren.Wer es nicht schafft sich seine Nachbarn zu Freunden zu machen oder zumindest zu eine friedlichen Koexistenz mit Ihnen zu gelangen hat kein Existenzrecht.Eines Tages werden die Juden erkennen dass Ihr alleiniges Setzen auf den Westen ein grosser Fehler ist.Der Westen benutzt nämlich den Staat Israel nur solange es Öl gibt in der Region.Danach wird Ihm der Staat Israel scheissegal sein.

  • DP
    Daniel Preissler

    merci, tommy!

  • T
    tommy

    @gonzi: Was ist mit den israelischen Juden, die aus dem Nahen Osten stammen? Sind das in Ihrer Sicht auch Kolonialisten von "andernorts"?

    @Preissler: Die Kommentare waren teilweise bereits vor zwei Tagen freigeschaltet, aber über dem Artikel war keine Zahlenangabe zu sehen (wie jetzt z.B. "24 Kommentare"). Man kann die Kommentare aber trotzdem lesen, wenn man auf "Kommentar schreiben" klickt und dann hochscrollt. Das ist oft so, dass Kommentare schon freigeschaltet sind, aber über dem Artikel noch keine bzw. eine veraltete Zahlenangabe steht. Offensichtlich benutzt die taz ineffiziente Technik.

  • DP
    Daniel Preissler

    Sehr schade, dass zu diesem Artikel keine Kommentare freigeschaltet werden - während bei anderen Artikeln vom 23.09. dies schon geschehen ist.

    Vielleicht bringt ja mal jemand eine Studie heraus, nach welchen Kriterien sofort veröffentlicht bzw. retardiert wird. Oder ist das alles Zufall? Am besten wäre wohl, man folgte der Eingangs-Zeit; dann bliebe kein Raum für die unterschiedlichsten Spekulationen.

    Grüße, DP

  • G
    Gonzi

    Der Westen sollte sein Israel in den USA oder Europa entstehen lassen.

    Im Nahen-Osten wird sowieso niemand vergessen, dass man diesen Staat und die in tragenden Menschen von anderorts in diese Region gebracht hat.

  • AD
    Ahmet der Doische

    Die "Linke" hatte schon immer das Problem, selbst einfache Sachverhgalte zu kompliziert darzustellen und damit nicht vermitteln zu können.

    Die Rechte dagegen kommt stets mit einfachen Botschaften, die jeder Depp versteht, selbst wenn die Botschaft reiner Schwachsinn ist.

     

    Seit dem Ende des Kalten Krieges ist die Linke doch eh am Arsch und völlig orientierungslos. Die nachfolgende Generation Wohlstand mit ihrer apolitischen Haltung und dem "Hä?"-Verständnis zeigt sich doch schon zur Genüge auf taz.de, was erwartet man also noch von der einstigen intellektuellen Elite Israels bzw. der Juden?

    Hat da ernsthaft wer geglaubt, alles würde so bleiben wie früher?

     

    In den vergangenen Jahren ist international alles nach "Rechts" gedriftet, so wie vorher ein Jahrzehnt nach "Links". Aber a) hat sich auch die "Rechte" stark verändert (siehe z.B. die Merkel-CDU) und b) ist die "Linke" heute eine Wohlstandsgeneration im Schleichgang, weichgespült durch Savoir Vivre und Hightech-Alukinderwagen, 2 Autos und Penthouse mit Terrasse im Prenzlberg - mit eigenem Aufzug fürs Auto. Das wird bei den intellektuellen Juden Israels und weltweit auch nicht anders sein.

     

    Es wird nie mehr so wie früher, also was soll's?

  • C
    Cosmo

    Wenn der arabische Staat eine westliche Demokratie wäre, steht einer Zweistaatenlösung gar nichts entgegen. Demokratien handeln miteinander, schließen Verträge, an die sie sich halten und machen Kompromisse. Mit einer arabischen Dikatuatur wie der PLO oder einem Gottesstaat mit der Hamas ist eine Zweitsaatenlösung tatsächlich ausgeschlossen. Es wird immer wieder zu Konflikten mit der Diktatur kommen. Wir müssen also auf die arabische Demokratie und den arabischen Rechtsstaat hoffen . . .

  • N
    nehmetorzak

    eine zweistaaten lösung ist nur machbar, wenn sie gewollt wird.das rechte israel will aber eher expandieren als völkerrechte oder menschenrechte einzuhalten.das ist innerhalb der uno nicht neu..

    china kommt auch daher obwohl es tibet überfallen hatte und will von westeuropa waffenlieferungen.

    manche politiker sind halt in ihrer eitelkeit und ihrer ihrem nationalismus beschränkt.

    für israel bestünde die zwangsmöglichkeit innerhalb der uno...die zweistaatenlösung ultimativ umzusetzen.

    eine unkontrollierte verkehrsverbindung der beiden gebiete mittels straßentrasse ist zu gewährleisten.

    so etwas geht,z.b. in nordostpreußen.es wäre auch egal ob hier waffen transportiert würden,da es sich um die staatliche souveränität eines palästinenser staates handeln würde.wird es nicht zu dieser lösung kommen läuft die sache auf einen krieg in der region hinaus...den selbst israel nur durch völlige erschöpfung seiner eigen und seiner gegner begleichen aber nicht gewinnen kann.

    das sollte diesen religiösen rechten nationalisten

    klar werden.und wie gesagt israel hat kein moralisches recht sich auf europäische oder natohilfe zu berufen.der staat war von anfang an illegal und israel war nie wirklich bereit eine zweistaatenlösung umzusetzen...jedenfalls hatte das keine bleibende mehrheit..nur wer sich in widerechtliche angelegenheiten verstrickt ,wird darin umkommen.und niemand muß in israel leben..

    wem es zu teuer oder zu asozial oder zu verbrecherisch ist...der westen kann noch gute leute brauchen..der staat israel ist eine menschenrechtswidrige fehlgeburt...und das leben in ihm ein leben auf dem pulverfass.das schweigen zu brechen wird allein nicht reichen und dem einzelnem

    nur wenig...abwandern wäre wohl bei der politischen aussichtslosigkeit die beste lösung...israel wird ein land religiöser größenwahnsinniger...das paßt dann sicher zur umgebenden politischen landschaft.

  • J
    Joe

    Keine Siedlungen, keine Mauern, müssten

    wir dann wirklich um die Zionisten trauern?

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Klar, die Israelis müssen dann wohl nur den Friedenskurs der Palästinenser einschwenken. Jetzt muss man nur noch die palästinensische Friedensbewegung ausfindig machen. Jemand eine Idee?

  • B
    Benjamin

    Die Palästinenser hatten doch bisher keine Chance auf eine gerechte Lösung. Israel ist das verzogene Kind des Westens...

     

    Wie war es noch vor einigen Jahren? Der ganze Westen weint um Gilat Shalit und gleichzeitig sitzen 10.000 Palästinenser, darunter 800 Jugendliche, im israelischen Knast.

  • D
    Domi

    Wenn die Israelis traumatisiert sind, dann müssen die Palästinenser psychisch tot sein.

  • FF
    fa fa

    Hauptsache die Perspektive der Leittragenden ausblenden.

     

    Die Zeiten ändern sich. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Nochmal 50 Jahre Sonnenbaden mit einem Seufzer abzuschließen - das wird es nicht mehr geben .. :)

  • J
    jan

    Israel's "Macht" besteht nur durch den Einfluss der Juden in USA, Britanien und Frankreich. Und in diesen Nationen verschmelzen die Juden in der nationalen Bevoelkerung. Von den 5.5 Millionen Juden in USA, heiraten die Haelfte nichtjuedische Partner und deren Kinder werden zur zwei Drittel nicht als Juden erzogen. "The Vanishing Jew" ist das Buch vom bekanntesten pro-Israel juedischen Jurist in USA - Dershovitz. Also das Israel als geopolitische "Macht" wird in einigen Generationen allein und unwichtig . Zeit ist die starke Waffe Palestinas.

  • LK
    Lenning Köstler

    Wenn Carlo Strenger schreibt, dass es in absehbarer Zeit in Israel "kein Mitte-Links-Regierung geben wird", und Israel deshalb nicht von Innen heraus aus eigener Kraft zu einer Politik des Ausgleichs mit den Palästinensern zurückfinden kann, hat er damit sicher recht.

     

    Nur die Folgerung, deshalb kann es auch keine Lösung für den Nahostkonflikt geben, ist falsch, denn es bleibt immer noch die theoretische Möglichkeit, dass eine Lösung von Außen herbeigeführt wird, wie ein Blick auf ähnliche ethnische Konflikt, z. B. Serbien und Südafrika, zeigt.

     

    Sicher hätten auch keine Mehrheit der Serben ohne Druck von Außen in der Konfliktsituation Milosevic abgewählt, und sich eine Regierung gewählt, die den Kosovo aufgeben will.

     

    Auch unter den weißen Südafrikanern hätte es keine Mehrheit für einen Präsidenten gegeben, der die Apartheit abschaffen will, wenn gleichzeitig die ganze Welt Verständnis für die "vom Terror der Schwarzen traumatisierten Weißen" gehabt hätte.

     

    In Serbien konnte durch militärischen Druck, in Südafrika durch nein langdauernde Isolierung des Landes eine Wende herbeigeführt werden. In Südafrika war dazunicht einmal ein Regierungswechsel nötig, sondern Botha, der als Verteidiger der Apartheit angetreten war, schaffte sie schließlich ab.

     

    Was den Nahostkonflikt von den anderen Konflikten unterscheidet, ist der fehlende internationale Druck auf die Besatzer, den Staat, der die ethnischen Säuberungen und Enteignungen vornimmt. Nötig wäre also eine veränderte Haltung zunächst der Europäer, der vielleicht irgendwann die USA folgen würden, wenn sie vielleicht einmal amerikanische Interessen den Interessen Israels überordnen.

     

    Solange man aus falsch verstandener Solidarität mit Israel Täter und Opfer vertauscht oder auf eine Stufe stellt und von den Opfern der Besatzung verlangt, dass sie die Sicherheit der Täter garantieren, steht die internationale Gemeinschaft einer Lösung im Wege.

  • L
    leon

    Unbekannter:

    Inflationen sind schon über viele nicht gescheiterte

    Staaten hineingebrochen.

    Das hat mit gesellschaftlichen Umbrüchen,

    mangelnden Finanzmarktwissen der Verantwortlichen

    und mit vorsätzlichen Provokationen zwecks Versuches

    außerdemokratischen Lösungsstrategiezwanges

    zu tun.

    Staaten definieren sich durch die Kultur und die

    verbindenden gemeinsamen Emotionen und der inkludierenden Schutzautonomie.

    Dadurch überstehen sie alle Besatzungen und Demütigungen.

    Israel war dumm, denn es hat das Geld verschwendet.

    Es war nicht in der Lage seine gewaltigen

    geistigen, spirituellen Ressourcen zur Integration

    der Gefühlswelt der Muslime in die eigene

    Staatstheorie voranzubringen und die Kulturen

    verantwortungsvoll zu verschmelzen.

    Das Geld hat als Trennungsbrandsatz seine

    Beschleunigungswirkung entfaltet, um durch die

    Ängste und erlittenen Demütigungen in

    Gegengewalt, Kulturkampf und zivilisatorischer

    Hegemonialentfaltung vermehrt zu werden.

    Sie hat die Trennung durch Religionen und

    die Überbetonung des militärisch-finanziell-rationalen Komplex zum Höhepunkt getrieben,

    anstatt die Gefühle, Sehnsüchte und Hoffnungen

    der Palästinenser mit anzusprechen, so dass sie den

    neuen Staat mehr trauen, als ihren Führern

    und in ihr Zugehörigkeitsempfinden integrieren.

    Israel und die Palästinenser belegen in ihren

    Vergeltungsaktionen die Menschen des anderen

    Halbstaates mit einer Kollektivschuld. Das ist nicht

    richtig.

     

    Die von Israel geschaffenen, paranoiden Trennungen

    noch junger nicht radikalisierter und friedlicher Muslime in einer Staat-im-Staat-Apartheidslösung

    mit superkorrupter Autonomiebehörde züchtet

    den Hassfeind geradezu heran, gegen den sich Israel/Palästina

    dann ständig wehren darf. Es ist eine absurde

    Staatspolitik. Weiterhin kann kein Land auf

    Dauer aus zwei getrennten Staatsteilen ohne sicheren

    Übergang(Westjordanland und Gaza) existieren-auch als Staat-im-Staatlösung

    ist es zu kompliziert.

    Bekannte Zankäpfel dieser Art z.B. durch die Friedensbestimmungen von Versaille auf Deutschland

    erzwungen, programmieren den nächsten Ärger gleich mit. Man sollte auch einmal aus der Geschichte lernen.

    Meine vorangegangene Meinung revidiere ich nicht.

    Aber einen Plan B sollte man immer für den Notfall

    bereit halten.

  • BF
    brain freeze

    Zitat: "Ein Grund dafür ist, dass die Linke in den nächsten Jahren keine Chance haben wird, wieder an die Macht zu gelangen. Das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends hat ihr Versprechen, dass Frieden möglich ist, zum Gegenstand des Gespötts gemacht."

     

    Das mag sein ja sein, nur kann das nach dem zweiten Jahrzehnt schon wieder anders aussehen; was soll also die Larmoyanz.

     

    Die Linke hat weltweit verloren, wenn damit Anhänger gesellschaftlicher Utopien des Friedens, der Gerechtigkeit usw. gemeint sind, nicht nur in Israel. Sie sehen neben machtstrotzenden Realos aller Farben momentan ziemlich mickrig aus. Das stimmt.

     

    Aber, was haben denn die Falken wirklich erreicht? Sind das Siege?

  • H
    Horsti

    Welcher Politiker war es, der schon vor Jahren sagte daß Israel sich auf Dauer nicht in Nahost wird halten können?

  • T
    tommy

    Einstaatenlösung - hört sich nach Irrsinn an, der nicht funktionieren kann. Ist ja deprimierend, aber man bekommt langsam den Eindruck, dass die Zukunft Israels und der Palästinensergebiete entweder auf einen Apartheidstaat hinausläuft (der auf Dauer jegliche internationale Unterstützung, auch der USA, verlieren wird) oder auf einen Gottestaat, entweder jüdischer oder islamistischer Prägung, je nachdem wer mehr Kinder hat. Das kann nicht gut enden und ist angesichts der Atomwaffen Israels potentiell auch für den Rest der Welt gefährlich.

  • U
    Unbekannter

    Ich sehe Israel als gescheitert an, wenn dort Massendemonstrationen veranstaltet werden, die Inflation

    immer weiter die Mittelschicht auffrisst und

    der militärisch industrielle Komplex seine Macht entfaltet.

     

    Außerdem ist es total bescheuert jedem "Juden"

    erlauben dorthin einzuwandern, wenn die Resourcen begrenzt

    sind und die Leute, die dort zu erst waren wirtschaftliche Härten erleben, zudem sind Juden nicht

    in jedem Land gleichstarken Anfeindungen ausgesetzt.

     

    Wie kann es sein, dass soviel Geld für Rüstung verschwendet wird? Die Palästinenser wollen einen eigenen

    Staat und ein menschenwürdiges Dasein.

     

    Außerdem vermehren sich die Radikalen auf beiden Seiten,

    wie die Hasen. Wie kann es sein, dass Leute ohne Arbeit

    auch noch für's Kindermachen begünstigt werden?

     

    Das ist Sprengstoff für einen Staat und eine ganze Region.

     

    Meiner Ansicht nach, sollte es Sozialreformen geben,

    damit eine Zweistaatenlösung nach dem kompletten Kollaps

    eine friedliche Zukunft sichert.

     

    Israel wird das nationale Trauma der Raketenangriffe

    erst überwinden, wenn ihre Schutzmacht USA kein wertvolles

    Geld mehr zur Verfügung stellen kann bzw. der Schekel ins bodenlose fällt, dafür kann man nämlich keine Palästinenser oder anderen Leute verantwortlich machen.

     

    Ich hoffe inständig auf einen geordneten Wiederaufbau,

    wenn das ganze Kartenhaus zusammenbricht.

     

    Für eine Hyperinflation auf israelischer Seite, kann man

    jedenfalls keine Besatzungsmacht verantwortlich machen.

  • RK
    Roland Krüger

    Im 21. Jahrhundert dürfte es eigentlich nach aktuellem Lesart keine Besatzung mehr geben. In Palestina wird es deduldet. Auch von Deutschland. Warum eigentlich? Trägt etwa Deutschland kein Mitschuld an der Situation? Wenn Deutschland nur 1% vom der Verantwortung gegenüber Israel den Palestinensern gegenüber zeigen würde, wäre dem Frieden tatsächlich gedient.

    Israel beweist seit über 63 Jahren: Wir wollen keinen ehrlichen Frieden mit den Nachbarn!

  • DK
    David Korn

    "Die Juden seien durch ihre Geschichte so traumatisiert, dass sie die Souveränität über die Westbank niemals aufgeben würden"

     

    Der Satz ist absolut Quatsch. Es leben kaum noch Holocaustüberlebende. Diejenigen, die heute die Politik machen, haben mit der Shoa gar nichts mehr zu tun.

    Das Buch "Das 11. Gebot: Israel darf alles." von der Galinski-tochter bringt die eigentlichen Probleme auf den Punkt. Palästina hat kein Lobby und keine Macht um ihren Staat durchzusetzen, währendessen stiehlt Israel ihnen mit illegalem Siedlungsbau das von der UNO zugesprochene Land.

    So kann kein Lösung zustande kommen.

  • R
    rufijane

    Eine Zwei-Staaten-Lösung war nie geplant. Das war politisches Geplapper, denn der Staat Palästina hätte immer aus zwei Flächen (Gaza, Westbanks) - und damit aus zwei Teilstaaten - bestehen müssen, sodaß in Wirklichkeit eine Drei-Staaten-Lösung zur Umsetzung angestanden hätte und anstehen würde. Diese Fakten werden aber insbesondere von den gern einflußnehmenden Europäern geflissentlich übersehen, obwohl diese in Gaza wie in der Westbank an den sehr unterschiedlich denkenden politischen Führern sehr sichtbar werden, einmal ganz abgesehen von der speziellen Geschichte der Westbanks selbst, auch so gut wie nie thematisiert.

  • B
    Bruno

    Ein erstaunlich rationaler Artikel, der tatsächlich ohne die üblichen einseitigen Schuldzuweisungen an Israel auskommt. In der Tat muss man feststellen, dass weder "den" Palestinänsern noch "den" Israelis an einer Zweistaatenlösung gelegen ist. Beide kämpfen um das selbe Stück Land. De facto wird seit Jahrzehnten in Israel/Palestina ein mehr oder weniger verdeckter Krieg um das selbe Stück Land ausgefochten. Je länger dieser Krieg andauert, desto mehr Leid fügen beide Seiten einander zu, desto unwahrschenlicher wird eine Lösung.

     

    Beide Seiten scheuen den offenen Krieg. Die Israelis, weil sie vor der Weltöffentlichkeit nicht endglültig moralisch verurteilt werden wollen, jedoch massiv auf die Hilfe aus den USA angewiesen sind. Die Palestinenser, weil sie der Feuerkraft der israelischen Armee nichts entgegen zu setzen haben. Dieser Konflikt wird wohl oder über mit den bislang bekannten Mitteln auf unabsehbare Zeit erbittert ausgefochten werden - leider.

     

    Obwohl gerade die Linke mit ihrer Vorhersage zur deutschen Wiedervereinigung ("Die Deutsche Frage ist nicht mehr offen") eine bemerkenswerte historische Fehleinschätzung vorgenommen hat, wäre es doch wirklich mehr als vermessen im Konflikt zwischen Palestinänsern und Israelis auf eine Lösung aus heiterem Himmel zu hoffen.

  • A
    alex

    Wenn die Zwei-Staaten-Lösung also unrealistisch sein soll, wie unrealistisch ist dann erst eine Ein-Staaten-Lösung mit "gleichen" politischen Rechten. In Israel, Westjordanland und Gazastreifen leben ca. 6.000.000 israelische Juden und ca. 5.600.000 israelische und palästinensische Araber, das Flüchtlingsproblem mal ausgeklammert. Für den Autor ist also vorstellbar, dass die Araber im Knesset 50% der Sitze stellen? Oder soll es diese Gleichberechtigung dann nur mit Einschränkungen geben? Ich würde das wirklich gern verstehen, schade dass die Autoren hier nicht auf Rückfragen antworten. Für die Hardliner ist ein Konsens schlicht nicht möglich, welcher Art auch immer. Auf palästinensicher Seite propagieren die Extremisten einen Kampf bis zur Vernichtung Israels, auf israelischer Seite träumen die Zionisten von einem jüdischen Staat zwischen Nil und Euphrat. Glaube versetzt ja bekanntlich Berge. Und die aufgeklärte Stimme soll sich jetzt zwischen beiden Seiten wegducken? Die Kapitulation der Vernünftigen wird diese Leuten niemals zur Räson bringen, vielmmehr wird ein blutiger Existenzkampf dann in den nächsten Jahrzehnten zu Realität.

  • DP
    Daniel Preissler

    Ein großer Text!

     

    "Einige haben gemutmaßt, dass ich die alte linke Idee eines einzigen Staates für Juden und Palästinenser nun befürworte; andere vermutet, dass ich zur Rechten gewechselt bin.

     

    Beides ist nicht der Fall. Aber es gibt Momente, in denen man realisieren muss, dass das eigene politische Programm nicht länger machbar ist, auch wenn man keine der Alternativen gutheißt. Wir müssen uns, mit müden Herzen, dennoch nach anderen Möglichkeiten umsehen."

     

    Meine Hochachtung und meinen Dank für diese Worte!!!

  • H
    Harro

    Die Israelis schauen nicht nur mit Besorgnis auf den arabischen Frühling, sie haben auch so was versucht wie einen israelisch-sozialen Frühling, eine Protestbewegung gegen die massive Ungleichheit, die hohen Lebenshaltungskosten und die abnehmende soziale Kohärenz Israels zu initieren.

    Hafiz al-Assad sagte einst, dass er wegen seiner Ablehnung des Friedensabkommens nicht zu kritisieren sei, schließlich sei ja auch halb Israel dagegen und das würde in westlichen Medien ja auch nicht in dieser Form rapotiert bzw. kritisiert. Damit hatte sich wohl Syrien ein paar Jahre Restruhe erkauft, aber Frieden hängt von allen beteiligten Parteien ab und da macht Israel selber die Ausnahme. Die eine Seite unterzeichnet ein Abkommen, dann wechselt die Regierung und die nächste lehnt das ab. Jordanien hätte bei diesem Bäumchen-Wechsle-Dich untergehen können.

     

    Und dann kommen solche Kommentare hier. Im Kern sagt Carlo Strenger aber auch eine Runde neue Gewalt vorraus, denn die Puppen-Regierunge im Nahen Osten werden langsam durch echte, gewählte Regierungen ersetzt und die wollen die doppelten Standards des Westens und Israels nicht mehr akzeptieren.

     

    Für mich ist es eher ertaunlich, dass vielen Israels diese im sozia-wirtschaftlichen Sinne Doppelten Standards im eigenen Land zum Hals raushängen. Da haben tatsächlich Israelis von Nachbarn, von Feinden, gelernt. Und damit gebe es doch auch ein Zeichen dafür, dass Israel sich doch ein Stück in diese Region integriert hat. Auf lange Sicht sind demokratische Nachbarregierungen anstrengender, aber auch chancenreicher, nur, dass setzt voraus, dass Israel Abkommen nicht immer mit jeder neuen Legislatur interpretieren kann. Hafiz Assad hatte nämlich damals recht gehabt, es war für ihn sicherlich gold wert, dass er nicht auf das Oslo-Abkommen aufgesprungen war. Eine Anti-Friedenshaltung war innenpolitisch besser als sich mit Israel einzulassen.