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Gastkommentar Vorsitz SicherheitsratDeutsche Selbstüberschätzung

Kommentar von Sarah Brockmeier

Deutschland setzt für den Vorsitz im Uno-Sicherheitsrat auf Krisenprävention. Doch die deutsche Außenpolitik ist genau dort schwächer, als sie glaubt.

Die Deutschen wären gerne Experten für Krisenprävantion. Sie sind es aber leider nicht Foto: dpa

S eit Anfang der Woche ist es wieder so weit: Zum ersten Mal seit sieben Jahren hat Deutschland für einen Monat den Vorsitz des UN-Sicherheitsrates inne, des höchsten Gremiums der Vereinten Nationen. Die Konfliktprävention möchte die Bundesregierung dabei in den Fokus stellen. Dazu wird Deutschland den Klimawandel, die Rolle von Frauen in der Konfliktbearbeitung und die Abrüstung auf die Agenda setzen.

Das sind alles wichtige Themen. Doch wer sich im Sicherheitsrat lautstark für die Konfliktbearbeitung starkmacht, muss auch in die eigenen Fähigkeiten investieren, diese in der Praxis umzusetzen. Da fehlt es hierzulande an allen Ecken und Enden. Zum Beispiel: Gerade in den Krisenländern, die der Sicherheitsrat tagtäglich behandelt, fehlen deutsche Diplomaten (von Diplomatinnen ganz zu schweigen). Ihre Lageanalyse und Netzwerkpflege bilden die Grundlage dafür, dass die Bundesregierung politisch Einfluss nehmen und sich tatsächlich für die viel zitierten „diplomatischen Lösungen“ einsetzen kann. Doch meist gibt es in Krisenländern neben dem Botschafter nur einen politischen Referenten vor Ort – wenn überhaupt.

Und auch bei den Friedensmissionen der Vereinten Nationen zahlt Deutschland zwar viel, überlässt es aber in erster Linie Entwicklungsländern, Soldaten und Polizisten zu entsenden. Die deutsche Beteiligung an der UN-Mission in Mali ist ein erster wichtiger Schritt. Aber bei fast 80.000 Soldaten, die in den 14 UN-Missionen weltweit Konflikte eindämmen und Menschenleben schützen, ist der deutsche Beitrag mit etwas unter 600 Frauen und Männern weiterhin viel zu klein. Von 10.000 Polizisten, die in den Missionen im Einsatz sind, kommen nur 21 aus Deutschland. Und bei den dringend benötigten zivilen Fachkräften, den Richterinnen, Staatsanwälten, Mediatorinnen, sieht es genauso schlecht aus.

Wenn die Bundesregierung es ernst meint mit der Konfliktprävention, muss sie hier dringend investieren. Das erhöht die Glaubwürdigkeit bei den internationalen Partnern in New York.

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2 Kommentare

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  • Gppi wird unter anderen vom Auswertigen Amts gefordert, genau wie Peacelab, wo die Autorin auch beteiligt ist.



    "Our research projects are funded by the Mercator Foundation, the German Federal Foreign Office, the EU Commission’s Foreign Policy Instrument, and the EU Delegation to India. Our work on Global Governance Futures – Robert Bosch Foundation Multilateral Dialogues is supported by the Robert Bosch Stiftung. For past dialogue and research projects, we have received funding from the Mercator Foundation, the Open Society Foundation and the European Recovery Program (ERP) of the Federal Ministry for Economic Affairs and Energy. "

    www.gppi.net/issue-area/global-order

    Lobbyisten für mehr Verantwortung, mehr Einsätze, mehr Krieg...

  • Völlig richtig. Wenn man sich die letzten 30 Jahre, von Yugoslawien bis Syrien, ansieht, dann hat Deutschland auch wirklich keine besonders rühmliche Rolle gespielt. Naivität, Fehleinschätzung, Selbstüberschätzung, viel mehr ist es nicht. Natürlich viel Geld und Blauhelme, aber will man letztere wirklich als Konfliktprävention bezeichnen? Überhaupt nicht erwähnt wird das wirtschaftliche Verhalten Deutschlands. Eine wirklich langfristige Konfliktvermeidungsstrategie müsste hier ansetzen. Stattdessen exportieren wir weiterhin hochsubventionierte Lebensmittel nach Afrika und nennen das dann "Weltmarkt". Kaffee, Kakao und Baumwolle können uns gar nicht billig genug sein, aber wehe die Flüchtlinge kommen sobald die letzten Grundwasserreserven verbraucht sind. Nein, die deutsche Konfliktvermeidungsstrategie ist in Wirklichkeit nur eines: die Vermeidung von Konflikten hier bei uns.