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Gastbeitrag zur Sexismus-DebatteMedien, die auf Ausschnitte starren

Kommentar von Agnes Krumwiede

Im politischen Alltag sei sie nie sexuell belästigt worden, meint die Grünen-Politikerin Krumwiede. Aber die Medien berichteten mehr über ihren Körper als über ihre Politik.

Endlich geht's um Inhalte: Krumwiede beim „politischen Speed-Dating“ mit einem Bürger. Bild: dapd

I n der vergangenen Woche kontaktierten diverse Redaktionen mein Büro im Zusammenhang mit dem Sexismusvorwurf an Rainer Brüderle: Ob auch ich mich zur Debatte um Sexismus in der Politik äußern wolle, schließlich sei ich eine „schöne Abgeordnete“, wie einer der Anrufer seine Anfrage meinem Mitarbeiter gegenüber einleitete. Ich lehnte ab.

Wenn es um sexuelle Belästigung durch Politiker geht, habe ich nichts beizutragen. Ich habe mich noch nie von einem Politiker-Kollegen belästigt gefühlt. Schlüpfrige Anmachen und zotige Sprüche von Angesicht zu Angesicht gehören nicht zu meinen einschlägigen Erfahrungen als junge Bundestagsabgeordnete. Sexismus und Frauenfeindlichkeit sind trotzdem Bestandteil meines Alltags und begleiteten meinen Einstieg in die Bundespolitik.

Bei meiner ersten Rede vor dem Deutschen Bundestag unterstellte Deutschlands bekannteste Boulevardzeitung meinem Fraktionsvorsitzenden, Jürgen Trittin, einen anzüglichen Blick auf mein Hinterteil. Ein entsprechendes Youtube-Video machte die Runde. Es ist nicht schön, mit seinem Hinterteil durch die Boulevardpresse und Comedyshows gezerrt zu werden. Am meisten empörte mich in diesem Zusammenhang eine Glosse in der Lokalzeitung meines Heimatortes. Darin unterstellte mir der Verfasser, ich hätte meinen Hintern „sorgsam inszeniert“, also die Aufregung um mein Hinterteil selbst provoziert.

Bild: Bündnis 90/Die Grünen
AGNES KRUMWIEDE

36, ist kulturpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

Ein paar Monate später legte dieselbe Lokalzeitung nochmal nach, in dem sie betonte, ich sei „dank (meines) Körpereinsatzes fast schon so bekannt wie Gabriele Pauli“. Auch die Süddeutsche Zeitung widmete sich der Geschichte. Während eines zweistündigen Gespräches wurde mir die Gelegenheit gegeben, grüne kulturpolitische Ansichten und Ziele zu erläutern.

Im darauffolgenden Artikel mit der Überschrift „Agnes und ihre Beine“ war darüber allerdings keine Zeile zu lesen. Dafür wurde das Repertoire der an mir ins Visier genommenen Körperteile erweitert. Jetzt ging es nicht mehr „nur“ um meinen Hintern, sondern auch um meine Beine.

Das Video wurde jedes Mal gezeigt

Auch einige Einladungen zu Talkshows habe ich in jenen ersten Monaten meines Bundestagsmandates angenommen. Politische Initiativen vorzuweisen hatte ich nach so kurzer Zeit im Bundestag noch nicht. Eingeladen wurde ich wegen des besagten Youtube-Videos. Ich wollte diese Aufmerksamkeit nutzen für die Kommunikation grüner und kulturpolitischer Inhalte. Beinahe jedes Mal wurde das Video eingespielt, auf dem mir mein Fraktionsvorsitzender (vermeintlich) auf den Hintern glotzt.

Ich erinnere mich an eine Talkshow, die in Köln aufgezeichnet wurde. Meinem Büro hatte die Redaktion zugesichert, das berüchtigte Video würde nicht gezeigt. Während der Aufzeichnung saß ich neben einem über achtzig-jährigen Playboy, dessen Lebensleistung darin bestand, mit ziemlich vielen Frauen im Bett gewesen zu sein. Er signalisierte mir, dass auch ich Chancen hätte, in den Kreis seiner Bettgefährtinnen zu gelangen. Ich konterte, da hätte ich ja wohl auch noch ein Wort mitzureden. Dann wurde das Video eingespielt, auf dem mir mein Fraktionsvorsitzender (vermeintlich) auf den Hintern glotzt.

Medientraining durch „Learning by doing“ war für mich mit schmerzhaften Einsichten verbunden.

Nach der TV-Aufzeichnung lag ich frustriert im Hotelzimmer und wusste, dass ich einiges ändern müsste, um inhaltlich als Kulturpolitikerin ernst genommen zu werden. Ich stürzte mich in die Arbeit, ging zu keiner einzigen Talkshow mehr, die nicht politische Themen zum Inhalt hatte, und legte mir ein dickes Fell zu. Als Deutschlands bekannteste Boulevardzeitung fand, ich zeigte „das tiefste Dekolleté des Bundestages“ … atmete ich tief durch und arbeitete einfach weiter.

Mehr, als ich zu zeigen bereit war

Wieder lernte ich durch das Lokalblatt meiner Heimatstadt eine neue Lektion zum Thema Chauvinismus. Nämlich, wie Politikerinnen abgestraft werden können, wenn sie unbequeme Meinungen vertreten. Besagte Tageszeitung hatte Thilo Sarrazin zu einer Lesung eingeladen. Als grüne Wahlkreisabgeordnete kritisierte ich diese Einladung scharf in einer Pressemitteilung.

Auf Seite 1 erschien prompt ein im Tonfall recht beleidigender Artikel – illustriert von einem Foto, auf dem durch ungünstige Körperhaltung mehr von meinem Ausschnitt zu sehen war, als das Kleid und ich ursprünglich zu zeigen bereit waren. Die Intention ist leicht zu durchschauen: Aussagen einer Abgeordneten, von der es solche Fotos gibt, müssen wir ja gar nicht ernst nehmen.

Mit dieser Methode sind kritische Äußerungen von Frauen leichter wegzuwischen als jene von Männern. Politikerinnen auf ihre Weiblichkeit zu reduzieren, geht oft einher mit einer Abwertung ihrer Kompetenz. Sexismus ist auch ein Macht- und Stilmittel des „seriösen“ Journalismus – nicht nur des Boulevards.

Deshalb empfinde ich die Empörungswelle über Sexismus in der Politik, der sich alle bekannten Zeitungen und Medien momentan anschließen, als etwas einseitig und scheinheilig. Auch die Vertreter der Zeitungs- und Medienlandschaft in Deutschland müssen sensibilisiert werden für versteckten und offenen Sexismus bei ihrer Berichterstattung über Frauen. Nach der Bundestagswahl 2013 werden hoffentlich viele junge Frauen ein Bundestagsmandat übernehmen. Sie in der medialen Öffentlichkeit nicht von vornherein systematisch auf ihre Körperteile zu reduzieren, wäre ein erster Schritt.

Große Verantwortung

Natürlich gibt es viele sehr gute und seriöse Journalisten – übrigens auch beim hier oft erwähnten Lokalblatt – mit denen ich in den letzten Jahren gerne und regelmäßig zusammengearbeitet habe. Sexismus und Frauenfeindlichkeit sind nicht nur Phänomene der Politik und des Journalismus.

Aber Medien können Meinungen beeinflussen und tragen eine sehr große Verantwortung – auch für das gesellschaftliche Klima. Sexismus und Machtmissbrauch dürfen in unserer Gesellschaft keine Chance haben. Frauen steht nicht nur der gleiche Lohn zu wie männlichen Kollegen, sondern auch der gleiche Respekt.

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49 Kommentare

 / 
  • L
    Liane

    Danke fuer diesen Artikel

     

    es waere Super wenn Ihr diese petition unterstuetzen wuerdet

     

    https://www.change.org/de/Petitionen/wir-fordern-who-wants-to-fuck-my-girlfriend-auf-tele5-unverz%C3%BCglich-absetzen?utm_campaign=autopublish&utm_medium=facebook&utm_source=share_petition

     

    es geht um die Sendung "Who wants to fuck my girlfriend" auf Tele5 unverzüglich absetzen!

  • MB
    Mario B.

    Ich fasse zusammen: wenn mein Blick in einen Ausschnitt wandert, ist nicht die Frau oder deren Ausschnitt schuld, sondern ich. Denn ich bestimme über meinen Blick.

     

    Wenn mir Evolutions-Fans erklären wollen, dass ich als Mann ja gar nicht anders könne, als so primitiv zu sein, dann lache ich. Denn zum einen beweist schon allein die Existenz vieler Männer die anders handeln (Hetero wie Homo), dass wir nicht Genen oder festgebrannten Trieben folgen, sondern unser Handeln selbst bestimmen können.

     

    Und wenn jemand die Brüderle-Debatte unsäglich findet, dann lenkt er/sie damit ja bloß vom ursprünglichen Auslöser ab (nämlich von seinen Anzüglichkeiten, die er auch nach mehrmaliger Abwehr nicht einstellte). Herr Brüderle wird durch die Berichterstattung ebenso wenig Schaden nehmen, wie ein Herr DSK oder ein berühmter Wettermann (der übrigens nicht wegen seiner "Unschuld" frei gesprochen wurde, sondern aus Mangel an Beweisen. Dass das Gericht erhebliche Zweifel an seiner Unschuld hatte, lässt sich leicht nachrecherchieren.)

     

    Wir sollten unsere Sorge daher auf den derzeitigen gesellschaftlichen Zustand lenken, der Frauen offensichtlich nach wie vor ein gleichberechtigtes Miteinander schier unmöglich macht.

  • MB
    Mario B.

    war ja klar, dass sich unter den Kommentierenden hier mal wieder ein paar der Sorte *victim blaming* befinden:

     

    - die Frau ist selbst Schuld, wenn sie sich so kleidet

    - sie soll nicht jammern, mit dem Feuer spielen, Märchen erzählen

     

    und natürlich auch die Biologisten, die meinen, Männer könnten dann nicht anders, als sich so verhalten

     

    und diejenigen, die die Täter zum Opfer machen á la Herr Brüderle wird von den Medien respektlos behandelt.

     

    GÄHN!

    Guter Artikel, danke dafür. Schade, dass noch viele dieser Artikel nötig sein werden, ehe sich einige Geschöpfe dazu herablassen werden, mal kritisch über das soeben Erfahrene und über ihre eigenen Reaktionen darauf, nachzudenken.

  • RM
    raymond M.

    Salve,

    Sie sind,

    nach diesem Artikel,

    nicht mehr nur vom "Aussehen" her,

    ein Grund "grün" zu wählen.

    Aber einer Frau ein Kompliment zu machen,

    ist ja "sexistisch".

    Also entschuldige ich mich.

    Bon courage, Raymond

  • MF
    Martin Fischer

    Das Witzigste an der aktuellen Sexismusdebatte ist die drollige Tatsache, dass sie vom Stern kommt. Das ist, als würde Al Capone rufen "haltet den Dieb".

    Nur komisch, dass der Stern sein Titelbild zum alltäglichen Sexismus nicht mit einer nackten Frau verziert hat. Das hätte dem bereits bestehenden Scheinheiligenschein die Krone aufgesetzt.

  • M
    MultiAlbert1111

    Der Gesetzgeber ist der schlechteste Moralist, was diesen unmenschlichen Sexismus befördert !

  • D
    Deblockierer

    Dieser kluge und maßvolle Artikel von Frau Krumwiede sollte das endgültige Schlusswort zu dieser zum Teil pathologisch aufgeblasenen Debatte sein.

    Was NikLemke als einziger "Kritiker" von Frau Krumwiede hier abgesondert hat, könnte die Aufsicht dieser Seite ruhig löschen!

  • G
    gesche

    den kommentar von juni kann man nur doppelt und dreifach unterstreichen. neben dem genannten dümmlichen teaser ist die bildauswahl der taz durchgängig sexistisch. immer schön mit linker witzischkeit verpackt - "wir nehmen unseren sexismus nicht ernst, wir praktizieren ihn einfach!"

     

    juni schrieb:

    "Auch die taz versucht nicht einmal sich bei diesem Thema vom Mainstream zu unterscheiden. Die folgende Zeile steht in der Printtaz als Teaser unter der Überschrift:

     

    In Sachen Sexismus sollten die Medien sich an die eigene Nase fassen, findet die grüne „Miss Bundestag“ Agnes Krumwiede

     

    Manche sind eben einfach zu blöd, ihre eigene Nase zu finden."

  • S
    supmac

    Sind nicht alle Menschen zu einem Teil Exhibitionisten?

    Angeschaut werden ist schön- nicht angeschaut werden hat etwas mit Ignoranz zu tun?

    Sexismus?

    1950?

    Wäre die Lösung eine Burqu zu tragen???

  • DA
    Dank an Ramona

    Frau Krumwiede bedienst selbst das Klischee der femme fragile, so wie etliche Pianistinnen von Eltern bis Marketingagenturen in Imagefragen nun mal geprägt und inzseniert werden.

  • N
    nixversteher

    Ich verstehe das alles nicht. Wer gut aussieht und seine Reize auch noch so demonstrativ herausstellt wie die Autorin, darf sich doch nicht darüber beschweren, wenn er (bzw. sie) bewundernde Männer- und neidische Frauenblicke auf sich zieht. Das ist doch wohl der Sinn der Übung oder etwa nicht? Natürlich rechtfertigt das sexy Outfit einer attraktiven Bundestasgabgeordneten noch keine dummen Sprüche von BT-Kollegen oder in den Medien. Aber wie gesagt, ich habe den Eindruck, die Autorin spielt ganz gerne mit dem Feuer und schreibt auch gerne darüber ;-)

  • R
    Ramona

    @Das TazKommentiererIn:

     

    Weil sich damit gut Geld verdienen lässt. Als Geschäfts- und Marketingmodell. Und weil die Herrschenden die rund um die Uhr beschworene "Geschlechterdifferenz" brauchen, um die Produktions- und Reproduktionsverhältnisse so zu zementieren, wie sie sind.

     

    Und das funktioniert aktuell auch deswegen so gut (faktisch gab es noch nie zuvor eine solche, insbesondere massenmedial verbreitete Dauerflut sexistischer und objektifizierender Bilder, Symbole und Rituale) weil sich leider viele junge Frauen bereitwillig in die gesellschaftlich gemachte, sexistische zweigeschlechtliche Ordnung einfügen und genau dort sind, wo interessierte Kreise sie systemerhaltend und -stabilisierend weiterhin halten möchten.

  • S
    Spoing

    Frauen steht auch der gleiche Respekt wie Männern zu?

     

    Also ich gebühre den Frauen in meiner Umgebung doch weit mehr Respekt als viele Medien es momentan mit dem Herrn Brüderle machen.

  • VV
    Voll vegane Brüste

    Viel schlimmer: Die meisten Sauen der parasitären Rasse Mensch geben keine Milch, kriegen aber trotzdem ständig Kälber, die den Planet kahl fressen.

  • M
    Murphy

    @von Das Taz-KommentiererIn:

    -Warum gibt es den Ausschnitt überhaupt ?

    Mit dem Dekolleté kann eine Frau ihre Weiblichkeit und erotische Ausstrahlung bewusst betonen. Dabei kann sie das Ausmaß der gewünschten erotischen Ausstrahlung dem Anlass angemessen mit der Tiefe ihres Dekolletés variieren, indem sie mehr oder weniger Haut zeigt.

     

    -Warum tragen Frauen ein Dekollete ?

    Sekundäre Geschlechtsmerkmale sind nicht direkt in die Reproduktion involvierte Merkmale nach der Geschlechtsreife, wie z. B. die weibliche Brust. Sekundäre Geschlechtsmerkmale sind physische Merkmale, die durch die sexuelle Selektion verändert werden können. Sie steigern beispielsweise oft die Attraktivität gegenüber dem anderen oder dem eigenen Geschlecht oder das Durchsetzungsvermögen gegenüber Konkurrenten.

     

    -Wenn es da ist, warum soll Mann dann nicht reingucken ?

    Die Geschlechtsunterschiede beim Menschen gehen weit über anatomische Merkmale hinaus und finden sich in vielen Aspekten der Kognition, des Verhaltens und Störungen desselben wieder. Die historische Perspektive des Mannes als Jäger und Sammler, konkurrierend mit anderen Männern um Nahrung, Ressourcen und Frauen und mit geringen Investitionen in die Erziehung der Kinder, ist konsistent mit der Entwicklung von speziell männlichen Eigenschaften wie Aggression, Konkurrenz und Raumvorstellung. Bei Frauen standen wahrscheinlich Kindererziehung und die Fähigkeit, in einer kooperativen Gemeinschaft zu überleben, im Vordergrund, was die Herausbildung von kommunikativen und sozialen Fähigkeiten beförderte. Trotz des kürzlich eingetretenen kulturellen Wandels der Geschlechterrollen wird die Evolution des Menschen auch in Zukunft Verhalten beeinflussen.

     

    Diese Unterschiede zeigen sich auch in Geschlechtsunterschieden bei der Partnerwahl und sexuellen Mentalitäten. Männer sind generellen Beobachtungen zufolge oberflächlicher, primär von Schönheit und Jugend angezogen und sexuell opportunistisch, während Frauen von Reichtum und Status angezogen werden. Das evolutionäre Interesse der Männer, eine maximale Reproduktionsrate mit fruchtbaren Frauen zu erreichen, und das der Frauen, Partner mit guten Ressourcen und besten Genen für erfolgreichen Nachwuchs auszuwählen, helfen, diese unterschiedlichen Prioritäten zu erklären.

     

    Ich konnte mir das jetzt wirklich nnicht verkneifen :)

  • N
    NikLemke

    Man stelle sich folgendes Setting vor: ein Politiker trägt bei seinen öffentlichen Auftritten Hosen, die um die Leistengegend so eng geschnitten sind, dass man nicht umhin kommt, die sich abzeichnenden Proportionen wahrzunehmen.

     

    Was würde man_frau darüber denken? Wahrscheinlich wohl: unangemessener Kleidungsstil.

     

    Man stelle sich folgendes Setting vor: ein Politiker trägt bei seinen öffentlichen Auftritten Hemden, die 2 Knöpfe weit geöffnet sind, so dass man seine Brustbehaarung sehen kann.

     

    Was würde man_frau darüber denken? Wahrscheinlich wohl: unangemessener Kleidungsstil.

     

    Man stelle sich folgendes Setting vor: eine Politikerin trägt Kleidung, die es einem Fotografen ermöglich, ihr Dekolleté zu fotografieren.

     

    Was würde man_frau darüber denken? Genau! Böser, böser Fotograf. Das ist lächerlich. Auch hier gilt: unangemessener Kleidungsstil. Einfach unprofessionell.

     

    Zu ihrer Regionalzeitung und anderen Medien, die komische Dinge über sie schreiben: Gegendarstellung. Unterlassungsklage - wenn Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Fertig ist der Lack.

     

    Aufhören zu jammern und Märchen zu erzählen - lieber selber Geschichte schreiben.

     

    Danke.

  • J
    jun

    Appendix verkennt, dass Männer gar nicht erst Grenzüberschreitungen definieren um von der Gesellschaft nicht als weinerliche Schlappwänze wahrgenommen zu werden.

  • J
    juni

    Auch die taz versucht nicht einmal sich bei diesem Thema vom Mainstream zu unterscheiden. Die folgende Zeile steht in der Printtaz als Teaser unter der Überschrift:

     

    In Sachen Sexismus sollten die Medien sich an die eigene Nase fassen, findet die grüne „Miss Bundestag“ Agnes Krumwiede

     

    Manche sind eben einfach zu blöd, ihre eigene Nase zu finden.

     

    Gute Besserung!

  • E
    Ernst

    @von Das Taz-KommentiererIn:

    Schon Ihre Frage Beschreibt das zugrunde liegende Fehlverständnis. Sie geht am Artikel vorbei und bleibt an der Überschrift hängen:

    So wie ich den Artikel lese ist es eben nicht das Problem nicht dass Frau Ausschnitt trägt und auch nicht dass Mann reinguckt.

    Das Problem ist, dass Mann (und Medien) nur noch bereit sind den Ausschnitt zu sehen und darüber die Frau kategorisch ausblenden!

  • DT
    Das Taz-KommentiererIn

    Bei der Überschrift "Medien, die auf Ausschnitte starren" stellt sich doch gleich die Frage:

     

    Warum gibt es den Ausschnitt überhaupt ?

    Warum tragen Frauen ein Dekollete ?

    Wenn es da ist, warum soll Mann dann nicht reingucken ?

     

    Kann Frau das beantworten ?

  • B
    Brigitte

    Guter Artikel. Sehr anschaulich. Habe ich gerne gelesen.

  • H
    Hasigogo

    Was Medienschaffende und die Politiker hier eint, ist ihre mangelnde Differenzierung des jeweiligen Kontexts.

     

    Steht einem ein gut aussehende Politikerin im Rahmen der _Arbeitszeit_ gegenüber, dann spricht man in allererster (!) Linie mit ihr über ihre ARBEIT. Man wird nicht dafür bezahlt, eigenen sexuellen Wunschvorstellungen nachzuhängen, sondern zu arbeiten. Und ich als Mediennutzer will nicht wissen, ob ein Politiker/in gut aussieht - ich will wissen, ob sie (er) nicht mein Geld verschwendet.

     

    Steht man hingegen der gleichen Person in der beiderseitigen Freizeit gegenüber, und die jeweilige berufliche Rolle ist ausdrücklich nicht präsent, können beide tun und lassen, worauf sich zwei Erwachsene miteinander einlassen können - und wollen.

     

    Trennung von Arbeit und Freizeit ist also hier geboten.

     

    Hat mich selbst damals schon immer genervt, wie meine männlichen Kollegen (bin selbst Mann) nach jedem Vorstellungsgespräch wissen wollten, ob die von mir interviewte Kandidatin gutaussehend würde. Meine Standard-Antwort war stets: in erster Linie brauchen wir hier jemand, die/der gut mit anpacken kann - und nicht ein Hasi, dass nur hübsch und doof ist, und für die WIR dann den Job noch mitmachen müssen. Gutes Aussehen wird billigend in Kenntnis genommen, ist jedoch nicht Pflicht.

     

    Es waren übrigens nur AkademikER, die mich mit solchen Fragen nervten.

  • A
    appendix

    @ john doe

     

    dein Kommentar verkennt auf ignoranteste Weise die bestehende patriarchale Hegemonie in dieser Gesellschaft. Die Prävalenz von Übergriffen durch Menschen, mit einem weiblichen sozialen Geschlecht, ist in Relation zu Vorkommnissen wie diesem verschwindend gering.Lediglich die betroffene Person kann definieren, ob eine Grenzverletzung stattgefunden hat!

  • H
    HeidiD

    Mit der Aufforderung, Stellung zu beziehen, weil man ja zu den "schönen" Bundestagsabgeordneten gehöre, disqualifiziert sich ein Pressemensch doch schon automatisch.

     

    Dass alltäglicher Sexismus mit Macht und nicht mit Sex zu tun hat, wir in dem Kommentar von Frau Krummwiede deutlich.

     

    Wenig deutlich wird in der ganzen Debatte, dass der alltägliche Sexismus Wegbereiter und Steigbügelhalter für jede Form von sexueller Gewalt ist - gegen Frauen, Mädchen, Kinder und Kleinkinder!

  • SH
    Schepp himself

    Eine sehr gute Beschreibung über den Umgang mit Frauen in (vielen) Medien. Zahl ich.

  • R
    Ramona

    Es gab allerdings auch mal Frauen, die sich bewusst NICHT an die gesellschaftlich verordnete "Weiblichkeit" gehalten, sich gezielt NICHT zu den überall in Medien und Werbung inszenierten "lebenden Puppen" (Zitat einer bekannten britischen Feministin) haben machen lassen.

     

    Warum inszenieren sich viele junge Frauen genau so, wie es ihnen die Massenmedien mit ihrer immer aggressiveren sexistischen Objektifizierung von kleinauf eintrichtern?

     

    Eigentlich eine rhetorische Frage. Die entscheidende Frage lautet: Warum fügen sich auch viele junge Frauen so bereitwillig in diese gesellschaftlich verordnete Rolle und "Optik", die (angeblich) gegen Sexismus angehen wollen?

     

    Wer Sexismus die Grundlage entziehen will, muss zweigeschlechtliche Rollenzuweisungen, das ständige dümmliche Gefasel über "Geschlechterdifferenz" usw. immer und überall kritisch hinterfragen, dekonstruieren und zurückweisen. Und dazu gehört auch die Reflexion darüber, wieviel von der sexistischen Ordnung Mensch jeweils selbst als vermeintlich "selbstverständlich" internalisiert hat und auch selbst reproduziert.

     

    Haut der Gesellschaft ihre sexistische Kleiderordnung und die sexistischen, pornografischen Bilder in Massenmedien und Werbung und öffentlichem Raum um die Ohren, anstatt euch bereitwillig in diese Rolle zu fügen und einzureden, dies habe etwas mit "Selbstbestimmung" zu tun. Das hat es nicht!

  • M
    Martin

    Danke für diesen Kommentar. Endlich ein vernünftiger und nüchterner Blick auf das Thema.

     

    Ich denke, dass die Problematik aber auch noch einen Schritt weiter geht. Wenn es ein gängiges Schema ist, Politikerinnen mit Verweis auf ihren Körpereinsatz zu diskreditieren, so gibt es das (vielleicht nicht im selben Ausmaß) bei Politikern z.B. mit Verweis auf ihren Blickeinsatz oder auf ihr Fremdgehen usw. ... das besagte Video unterstellt ja z.B. eben auch Trittin, dass er ein Spanner wäre. Das ist ein für ihn nicht ganz ungefährlicher Vorwurf im grünen Milieu. Und es versucht auch insgesamt die grüne Partei zu treffen.

     

    Ich glaube, dass die Geschlechterproblematik dieser Tage (mal wieder) sehr zu einem politischen Kampfmittel verkommen ist. Bei ihrem Einsatz geht es darum, den politischen Gegner zu diskreditieren.

     

    Das dient weder der Gleichberechtigung noch dem Kampf gegen Diskriminierung. Man kann daran aber immerhin einiges über die Verhältnisse erkennen.

  • KS
    karl staudinger

    kopf hoch, frau krumwiede! sie werden sich durchsetzen!

  • P
    Princess

    Danke für die Schilderung, wie im ach so aufgeklärten Deutschland im Jahr 2013 mit kompetenten Frauen umgegangen wird, nämlich total respektlos auf allen Ebenen. Als wären wir grade erst von den Bäumen runtergestiegen.

  • S
    Samira

    Danke.

    Ein intelligenter Beitrag, der diese ganze Debatte endlich mal um eine wenig besprochene Perspektive bereichert. Sexismus (und leider auch Rassimsus) in unseren wichtigsten Medien dürfte noch viel mehr diskutiert werden.

    Frau Krumwiede, ich bin sehr froh, dass es Menschen wie Sie in der Politik gibt. Alles Gute!

  • K
    koafruwe

    Leute, die gut aussehen, haben es normalerweise leichter im Leben als weniger gut ausschauende. Das ist ja längst wissenschaftlich nachgewiesen. Insofern sollte Frau Krumwiede schon mal froh sein, auf die Sonnenseite des Lebens geboren worden zu sein (das gilt natürlich auch für gut aussehende Männer). Natürlich soll das kein Argumenet für Sexismus sein. Ich will einfach nur sagen, dass Frau Krumwiede auf einem sehr hohem Niveau "jammert". Ich sehe nicht mal halb so gut aus wie Frau Krumwiede, wurde aber auch noch nie sexistisch angeglotzt, weder was meinen Hintern noch meine Beine betrifft. Sollen wir mal tauschen? - Ich gebe zu: ich schreibe das als Mann. Eine Frau würde sowas natürlich nie schreiben ;-);-)

  • I
    ironimus

    Als Mann will ich es einmal so sagen : Für Männer ist es vielleicht ungleich schwerer wenn nicht unmöglich darüberhinwegzusehen , wenn sie eine Rundum-Augenweide des anderen Geschlechts vor sich haben . Wenn sie dabei ihr loses Macho-Chauvi-Mundwerk geschlossen halten würden , könnten auch Frauen damit gut leben .

    Der ubiquitäre Sexismus in den Medien ("Sex sells !" ...Frauen-Sex wohlgemerkt) gehört längst in die Tonne .

  • AG
    Anton Gorodezky

    Meine volle Zustimmung zu diesem Artikel. Frau Krumwiede gibt Interviews und besucht Talkshows als Politikerin. Dass sie gut aussieht, wird dem auffallen, der Augen im Kopf hat, dazu brauche ich keine Zeitung. Die brauche ich, um aus ihr die politischen Ansichten und Pläne der Politikerin Krumwiede zu erfahren.

     

    Wenn ich Artikel über das Äußere von Frauen lesen will, kauf ich mir den Playboy. Naja, sagen wir nicht lesen, sagen wir anschauen.

  • H
    horst

    dass sie sich jetzt gerade in diese debatte einmischt und nicht der genderpolitische sprecher wird am ende dazu führen dass sie noch mehr in diesem thema wahrgenommen wird.

     

    und jürgen hat nicht nur "vermeintlich" sondern echt hingeguckt. er hat aber damit niemanden - offensichtlich nicht mal agnes selbst - weh getan. weh getan haben ihr die journalisten, die dieses video zigtausendmal verbreitet haben.

     

    trotzdem: bei kurzen röcken und ausschnitten aufpassen. fotografen nutzen das bekanntermaßen aus.

  • S
    shizzobi

    Danke für diesen ehrlichen Artikel, ich kann Ihnen nur 100% zustimmen.

  • G
    geschichtswerkstatt

    Auch wenn sich die gute Frau K. hier viel Mühe gibt, objektiv zu scheinen, habe ich den Eindruck, hier ist einer aufgeblasenen Story nur ein weiteres Kapitel hinzu gefügt worden. Da könnte man sich natürlich fragen, warum? Aus meiner Sicht gewinnt eine Frau (oder ein Mann) zusätzlich an politischem Potenzial, wenn sie oder er den Medien besonders attraktiv erscheint. Das ist doch genau wie in der Werbung. Und die Frauen, um die es hier geht, nutzen das natürlich ausgiebig. Und auch genderpolitisch - ich meine, nichts ist doch erschütternder für den Durchschnittsmacho als eine blonde Schönheit, die kluge Sätze spricht. Andererseits bleibt man möglicherweise als Mann lebenslang unbemerkt, weil man niemals daran dachte, so eine unverschämte Bemerkung zu machen. Was solls. Die zukünftige Gesetzgebung zum Sexismus wird gewiss mehr als interessant.

  • AM
    Achim M.

    Sie sagt es !

  • P
    poopinger

    sehr guter Artikel

  • U
    Ultraviolett

    Die Attraktivität von dieser jungen Politikerin ist nicht zu leugnen.

    Ich fände es mal interessant, wenn sie diesen Medien entgegnen würde, mit der Frage, ob sie denn eine Burka tragen müsse, damit man endlich über Inhalte reden dürfe.

    Den Effekt dieser Frage stelle ich mir fantastisch vor um ihn, den Effekt, zu interpretieren.

     

    Die Medien sind eben oft ein Sinnbild der Gesellschaft.

    Diese interessieren die Brüste und die Schönheit von Frau Krumwiede eher, als ihre Inhalte.

    Dass die Politiker ihr nicht mit Sexismus begegnen wundert mich nicht, so sehen diese sich wohl eher auf Augenhöhe mit der Dame als die Medien. Vor allem aus ihrem eigenen politischen Lager, das sich dazu verpflichtet.

    Die Gesellschaft ist auch nicht wirklich sexistisch, wie sie beschrieben wird. Sie ist eher voyeuristisch. Ich will gar nicht wissen, wieviele Frauen sich für die Artikel über ihr Aussehen interessiert haben. Es waren sicherlich nicht wenige.

  • C
    Charlie

    Das ist ein richtig guter Kommentar, der in der pseudo-hysterischen Stimmung zu diesem Thema sehr positiv durch seine Sachlichkeit und gute Argumentation besticht! Mehr davon!

  • F
    fyrecrotch

    @stratege: Sie brauchen wirklich High Tech, um einer Frau nicht in den Ausschnitt zu starren? An Ihrer Stelle würd ich mir da aber Sorgen machen...

  • H
    Holger

    Zur Sexismusdebatte haben Victor von Bülow und Evelyn Hamann doch schon alles gesagt. Wie frau sich von einem besoffenen Brüderle abgewertet fühlen kann, versteh ich nicht. Aber ich will ja auch nur ein weiches Ei. "Gott was sind Männer primitiv"

  • JD
    john doe

    "Frauen steht nicht nur der gleiche Lohn zu wie männlichen Kollegen, sondern auch der gleiche Respekt"

     

    ...von Respekt merke ich bei der "Brüderle-Debatte" nichts. Wäre Brüderle eine Frau gleichen Alters und die Sternreporterin ein Mann und würde sich über das Alter der Frau auf diese Art auslassen wäre das auch so ausgegangen wie bei Brüderle? Nein!

     

    Also, Gleichberechtigung sieht anders aus. Zu den Rechten gehören auch Pflichten!

    Manche verwechseln Gleichberechtigung mit Rosinenpickerei.

    Gut das Brüderle der Stern-Reporterin die Aufmerksamkeit schenkt, die ihr gebührt - nämlich

    gar keine.

  • M
    Markus

    Dies ist der erste Kommentar, der mir in dieser ganzen Debatte gefallen hat.

    Denn das was Frau Krumwiedel hier schildert, ist wirklicher Sexismus, nicht der plumpe Spruch von Herrn Brüderle.+

     

     

    Danke!

  • L
    Leser

    Exzellent!

  • S
    Stratege

    Wir brauchen die "Anti-Sexismus-Brille" mit automatisch abblendenden Gleitsicht-Gläsern.

     

    Immer wenn eine Frau ins Bild drängt, nimmt ein Optik-Sensor die Dame ins Visier und blendet schnell Projektionen dezenter Damenoberbekleidung auf die Untergläser ein.

    Google-Glasses wird diese Funktion in einer speziellen Germany-Version einbauen - und damit einen Gender-Preis erringen! :-))

     

    Männer ohne Anti-Sexismus-Brille müssen selbst sexy aussehen - sonst werden sie erschossen!

  • P
    Papierfliegerin

    Danke für diesen Artikel - ich habe mich in den vergangenen Tagen schon über die nicht besonders selbstkritische Diskussion in den Medien über Sexismus gewundert...

  • TE
    Thomas Ebert

    Respekt Frau Krumwiede!

    Gut das auch diese Seite der Medaille mal klar angesprochen wurde.