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Gas- und AtomkraftwerkeGreenwashing durch die EU

Christian Rath

Kommentar von

Christian Rath

Österreich scheitert mit der Klage gegen die EU-Kommission, Gas- und Atomkraftwerke als öko-nachhaltig einzustufen. Der Fehler ist die Taxonomie.

Atommüll ist alles andere als nachhaltig Foto: IlluPics/imago

D ie EU-Kommission durfte Atom- und Gaskraftwerke als „ökologisch nachhaltig“ einstufen. Das EU-Gericht (EuG) sieht darin keinen Verstoß gegen EU-Recht. Am Mittwoch scheiterte eine Klage Österreichs. Die EU wollte Greenwashing verhindern und betreibt jetzt selbst Greenwashing. Das war allerdings kein skandalöser Alleingang der EU-Kommission. Die meisten EU-Staaten und eine Mehrheit des EU-Parlaments trugen es mit, dass Atom- und Gaskraftwerke auch das Nachhaltigkeitslabel erhalten.

Der Fehler ist schon in der zugrundeliegenden Taxonomieverordnung der EU angelegt. Indem auch Übergangstechnologien als „nachhaltig“ eingestuft werden können, wenn sie die Versorgungssicherheit garantieren, war für eine Banalisierung der Nachhaltigkeit Tür und Tor geöffnet.

Wer bei der Geldanlage auf ein ökologisch gutes Gewissen achtet, muss nun also weiterhin genau hinsehen und darf sich nicht auf vage Angaben der Fondsanbieter verlassen. Möglicherweise haben dann Anbieter, die ausdrücklich auf AKW- und Gaskraft-Investitionen verzichten und damit offensiv werben, doch wieder einen Wettbewerbsvorteil. Zuletzt ist der Markt für nachhaltige Geldanlagen massiv gewachsen, auf rund 12 Prozent im Vorjahr. Ein weiteres starkes Wachstum wird prognostiziert.

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Allerdings bremsen US-Präsident Donald Trumps Anti-Woke-Kampagne und seine Ablehnung von Klimaschutz den Trend in den USA bereits spürbar. Immer mehr US-Unternehmen verschweigen inzwischen lieber, dass sie nachhaltige Ziele verfolgen. Insofern könnte die exzessive Ausweitung der Nachhaltigkeit durch die EU-Kommission das Label auch etwas aus der Kampfzone nehmen.

In Deutschland geht es derzeit aber weniger um private Anlagen, sondern vor allem um staatliche Vorgaben. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) will den Energieversorgern den Bau neuer Gaskraftwerke vorschreiben, statt den Netzausbau für erneuerbare Energien zu forcieren. Von neuen AKW-Subventionsruinen spricht aber nicht einmal mehr die Union. Erneuerbare Energien sind eben auch ökonomisch am nachhaltigsten und werden sich durchsetzen.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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5 Kommentare

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  • Bei Atomkraftwerken kann man zumindest darüber diskutieren (kaum CO2 Emissionen, d.h. klimafreundlich vs Thematik Endlagerung / Uran).



    Greenwashing ist ja auch sonst weit verbreitet: e-Bikes, e-Scooter, Solarzellen, CO2 Kompensationen beim Fliegen und sonstwo....

    • @T-Rom:

      E-bikes und E- Scooter sind nicht unbedingt Greenwashing, kommt auf die Anwendung an. Natürlich sind Roller und Fahrrad ohne Elektroantrieb umweltfreundlicher, je nach Strecke macht die elektrische Variante aber Sinn. Als ich in Barcelona gelebt habe ist eine Kollegin mit dem E Roller zur Arbeit. Rund 12km Arbeitsweg, 24 pro Tag. Damit war sie deutlich schneller als der ÖPNV vom Auto mal ganz zu schweigen. Und anders als das Fahrrad kann das Teil auch ins Büro gebracht werden um nicht geklaut zu werden. Ich habe selbst einen 2000w E Roller mit 70km Reichweite (auf ebener Strecke), damit kann ich auch zum Einkaufen fahren mit Wanderrucksack und 20-30kilo auch 20Grad+ Steigung den Berg hoch Karren. Da bleibt das E Auto öfter mal stehen.



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      Solarzellen? Ernsthaft? Kein Kommentar. Es sei denn es sind diese nutzlosen Solarzellen auf Powerbanks.



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      Und sogar CO2 Kompensation kann rein hypothetisch etwas bringen.Es muss dann aber auch mindestens komplett neue Aufforstung sein und die Bäume nicht gefällt werden, optimal zu Kohle verarbeitet und vergraben. In den meisten Fällen ist es zZ. Betrug, das stimmt

      .

  • "Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) will den Energieversorgern den Bau neuer Gaskraftwerke vorschreiben, statt den Netzausbau für erneuerbare Energien zu forcieren."



    Krude Argumentation.



    (a) Netzausbau kann keine Flauten überbrücken.



    (b) Ich habe noch nichts davon gelesen, dass Reiche etwas gegen Netzausbau hat.

    • @sollndas:

      1: Klar kann Netzausbau Flauten ausgleichen. Iwo weht fast immer Wind u/o scheint die Sonne.

      2: gehören zum Netzausbau m.M.n. auch Speicher.

      3: muss der gesamte Prozess vernünftig geplant werden, damit wir genau wissen ,wie viele Reservekräfte wir brauchen. Dieser ganze π×Daumen Quatsch ist doch Blödsinn und riecht stark nach fossiler Lobby. Es können ja auch Biogasanlagen gefördert werden größere Speicher zu bauen und nur bei Bedarf genutzt zu werden. Nicht nur Batterien auch Wärmespeicher sind eine Option.



      Und es fehlt in dem Konzept wie gesagt auch der Netz-Ausbau auch in Absprache mit EU Nachbarn.

    • @sollndas:

      Der Netzausbau kann lokale Ingleichgewichte, z.B. lokale Flauten, derweil woanders durchaus die Sonne scheint, oder aber der Wind weht, ausgleichen.



      Ein moderates Vorhalten von Gaskraftwerken wäre g aus meiner Sicht vertretbar, die Ministerin will aber weitaus mehr - und, vor allem, auf Kosten der Erneuerbaren@