Die Wahrheit: Ganz, ganz großes Grummeln
Die 381.567. Wahrheitklub-Vollversammlung auf der Frankfurter Buchmesse stellte alles in den Schatten.

Die folgende Klubmitteilung des Wahrheitklubvorstands darf nur von Vollmitgliedern gelesen werden. Nichtmitgliedern ist es streng untersagt, den Textinhalt zur Kenntnis zu nehmen.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Das ganz, ganz große Grummeln auf der ganz großen Frankfurt am Main-Buchmesse verwandelte sich gen geniales Ende des zum 381.567. mal tagenden Wahrheitklubs in einen furios verfrickelten Neustart für den bei der hessischen Buchmesse 1996 aus der Klubtaufe gehobenen Verein der sage und zählenden 1.500 Mitglieder*innen! Und das kam so: Es war nämlich sowohl dem Vorstandsvorsitzenden ©Tom als auch dem Humormessias und Exekutivvorstand Michael Ringel nicht vergönnt, dieses Jahr am mit Print zugekleisterten taz-Stand die Wahrheitklubsause entscheidend eskalieren zu lassen.
So schlugen sich also, so rasant wie redlich, das Exekutivorgan Harriet Wolff, der taz-Redakteur für dies und das und Wahrheitklubkandidat Andreas Rüttenauer und leider auch der neue Kulturstaatsminister Marcus Weimer aka Rattelschneck. Letzterer fungierte als notarielle Hilfskraft, ob auch alles mit Dingen zuging zu Messefrankfurt am Main. Und das ging es!
Oder fast. Denn vergessen wurde, das Symbol schlechthin des Wahrheitklubs, den Laminator, zuständig für die Klubausweise, anzuaaahen. Nun ja. Dafür wurden ohne Anspruch auf Vollständigkeit und unter der Aufsicht des treu angereisten Vollmitglieds Reinhard Bergmann aus Stutensee, der die aberwitzige Mitgliedsnummer 33.333 trägt, mindestens 236 der wieder ausgegrabenen 1.500 Mitgliedernamen verlesen. Darunter so schöne wie Hedda Hustert und Wolf Vetter, Wane-Peter Kungelschmitt oder Jeanette Allritz und Jelly M. Onster. Großes Gebuhe und auch zaghaftes Geklatsche im massiv angereisten Publikum war die Reaktion.
Fakt und Feder ist: Der Wahrheitklub wird auf alle Fälle neu belebt werden – wie, das ist zu betrinken und zu entscheiden. Einzig kam man zu Frankfurt auf der Messe im buhenden Miteinander überein, das im kommenden Jahr eine große Karteileichenbeerdigungsfestivität aufzusetzen sei. Alle Mitglieder sind nunmehr aufgerufen, sich bei den zuständigen Organen unter wahrheitklub@taz.de zu melden. Tun sie das nicht rechtzeitig (Frist wird rechtzeitig bekanntgegeben) müssen sie damit rechnen auf der Karteileichenbeerdigungsfestivität im kommenden Jahr mit einem Nachruf, der sich gewaschen haben könnte, bedacht zu werden. Wer das wohl wollen möchte?
So neu wie Mitglieder. Oder doch nicht?
Vielleicht ist dann ja auch die Zeit angebrochen, wieder neue Mitglieder aufzunehmen. Es war schließlich lange nicht ganz einfach, an einen wahren Ausweis aus dem Laminator zu kommen. Für Andreas Rüttenauer war es nach 238.489 überaus ordentlichen Versammlungen des vergeblichen Wartens am Tag vor dem des Herrn endlich so weit. „Bin drin“, sollte er offenlesentlich gerührt später über soziale Medien seinen Sozialkontakten mitteilen.
Fakt und Feder ist allerdings auch: Der Wahrheit-Unterbringwettbewerb, ein Vierteljahrhundert alt, ist Geschichte. Dabei musste jährlich in einem Zeitungs- oder Zeitschriftenartikel, Radio- oder Fernsehbeitrag ein Nonsenssatz untergebracht werden, wie etwa 2011: „Wer auf Island zischt ein Bier, wird zur Elfe im Geysir.“ Jetzt wurde unter dem jiepernden Titel „Jede Zeit hat ihren Jieper“ eine päpstliche Bulle des Jieperpreis-Erfinders und Wahrheit-König Michael Ringel dazu verlesen. Wir zitieren: „Deshalb verfügte ich im Jahr 2024, dass der Wahrheit-Unterbringwettbewerb eingestellt wurde. Und zum Abschluss verlieh ich mir als Erfinder des Spaßes verdientermaßen selbst den Jieper-Preis. Möge der Jieper immer mit Euch sein.“ Oder auf lateinisch: „Ridentem dicere verum!“
Und wo bleibt nun die Große Ente? Das mag sich fragen, wer die Preisverleihungen vergangener Jahre aufmerksam verfolgt hat. Jener edle Brandwein namens Gran Duque d’Alba war jedenfalls in Berlin geblieben. Auf dem Trockenen blieb dennoch niemand zu Frankfurt am Main. Schaumwein wurde ausgegeben und ein kleines Fläschchen scharfen Korns bekam, wer eine Idee für einen Nachfolgewettbewerb hatte. Weglassen statt unterbringen? Nun ja. Weil noch nicht wirklich überzeugen konnte, was da von der versammelten Mitgliedschaft ventiliert worden ist, sind Ideen weiterhin gesucht. Die Große Ente möchte schließlich bald schon wieder verliehen werden.
Es ist eben viel im Fluss derzeit im Wahrheitklub – auch was die Flüssigkeiten betrifft. Am Ende jedenfalls bestätigte Kulturstaatsminister Marcus Weimer, dass bei der 381.567. Sitzung des Wahrheitklubs anno 2025 alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Und so soll es doch schließlich sein, denn nur so kann es weitergehen – jetzt und in alle Ewigkeit. Darauf einen Dujardin!
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