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G36 Das Bundesverteidigungsministerium wusste, was es bestellt, urteilt das GerichtKein Schadenersatz von Heckler & Koch

Frankfurt taz | Es ist eine Schlappe für Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) im Gerichtsverfahren um das umstrittene Sturmgewehr G36. Die 8. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz urteilte am Freitag, der Bundeswehr stehe für mögliche Mängel des Gewehrs keinerlei Schadenersatz zu. Der Rüstungshersteller Heckler & Koch war mit einer „negativen Feststellungsklage“ in die Offensive gegangen und damit einer eventuellen Klage der Bundeswehr zuvorgekommen.

Die Bundeswehr habe zuletzt 2013 Gewehre bei dem Unternehmen bestellt; sie habe deren Eigenschaften gekannt und überprüft, erklärte das Gericht. Ein Mangel liege nur vor, wenn der Verkäufer Eigenschaften zusage, aber die Zusagen nicht einhalte. Das Urteil legt nahe, dass 2013 – bei der vorerst letzten Beschaffung – keine zusätzlichen Anforderungen formuliert wurden, die sich etwa aus den Bundeswehreinsätzen in Asien und Afrika ergeben haben könnten.

An der Ausmusterung des Gewehrs, die Verteidigungsministerin von der Leyen im vergangenen Jahr verfügt hat, wird das Urteil indes nichts ändern. Umfangreiche Tests hatten damals ergeben, dass das G36 für den Einsatz unter extremen klimatischen Bedingungen nicht optimal geeignet ist.

Bei Temperaturen über 30 Grad oder bei Dauerfeuer verfehle die Trefferquote die geforderten 90 Prozent deutlich, hieß es in dem Gutachten der vom Verteidigungsministerium eingesetzten Expertengruppe. Gleichwohl sei das leichte und einfach zu handhabende Gewehr bei der Truppe beliebt, erklärte die Bundeswehr selbst. Ihren Erkenntnissen nach sei kein Soldat wegen Fehltreffer zu Schaden gekommen.

Das G36 wird weltweit in zahlreichen Armeen eingesetzt – bei der Bundeswehr aber hat es keine Zukunft. 2018 soll über ein Nachfolgemodell entschieden werden. Dessen Anforderungsprofil dürfte dann besser an die tatsächlichen Einsatzbedingungen der Bundeswehr angepasst sein. Und trotz des Punktsiegs vor Gericht bleibt der Imageschaden für beide, für das Bundesverteidigungsministerium genauso wie für den Hersteller.

Heckler & Koch wollte das Urteil am Freitag nicht kommentieren. Das Bundesverteidigungsministerium kündigte an, die Urteilsbegründung prüfen und gegebenenfalls in Berufung gehen zu wollen.

Christoph Schmidt-Lunau

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