G-20-Finanzministertreffen: Schäuble bremst Weltwirtschaft
Staatliche Investitionen schaffen Arbeitsplätze und Wachstum. Doch die Bundesregierung will der Welt ihre Sparpolitik aufdrängen.
PEKING taz | Ohne Investitionen kann auch kein Wachstum entstehen. Und angesichts der geringen Raten in gleich einer Reihe von Wirtschaftsregionen scheint auf den ersten Blick nun auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu der Einsicht gelangt zu sein: Um die Weltwirtschaft wieder auf Trab zu bringen, muss wieder verstärkt in die Infrastruktur investiert werden.
„Investitionen sind ein lebenswichtiger Bestandteil, um die Nachfrage anzukurbeln und das Wachstum zu fördern“, heißt es in einer gemeinsamen Abschlusserklärung des G-20-Finanzministertreffens, das am Wochenende im australischen Cairns stattfand. Und auch Schäuble betonte, die Beschlüsse seien „ein wichtiger Baustein zur Stabilisierung der Weltwirtschaft“.
Wirklich Geld in die Hand nehmen will Schäuble allerdings nicht. Zuschüssen vom Staat erteilte der deutsche Finanzminister weiterhin eine Absage. Stattdessen konnte sich Schäuble bei seinen Amtskollegen der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer mit der Forderung durchsetzen, dass die Finanzierung der Infrastrukturprojekte ausschließlich von privater Hand erfolgen soll. „Wir haben uns geeinigt, weg von staatlich finanzierten Wachstumsmaßnahmen zu mehr Privatinvestitionen zu kommen“, bestätigte Australiens Finanzminister Joe Hockey. Dabei steht nicht zuletzt auch Deutschland am Rande einer Rezession.
Die nun ausgehandelten Pläne sehen unter anderem vor, dass die Weltbank eine Datenbank zur Verfügung stellen soll, die es Privatinvestoren leichter macht, geplante Projekte zu finden. Mehr als 2 Billionen Dollar wollen die Regierungen zusammenbekommen, damit in den kommenden fünf Jahren die Weltwirtschaft um durchschnittlich 2 Prozent wächst. Das entspricht gigantischen rund 1,45 Billionen Euro.
Nur: Marode Brücken und Straßen finden sich vor allem in Europa und den USA zuhauf. Und auch in den Schwellenländern stellt es derzeit nicht so sehr das Problem dar, dass die Investoren nicht wüssten, wo genau neue Straßen und Schienenstrecken benötigt werden. Das sehr viel größere Problem: In den meisten Industrie- und Schwellenländern sind willige Privatinvestoren gar nicht vorhanden.
Weil diese Bedenken vor allem von der US-amerikanischen Regierung geteilt werden, soll es Verhandlungsvertretern zufolge hinter den Kulissen kräftig gekracht haben. Die deutschen Vertreter hätten darauf beharrt, dass sie „kurzfristigen Wirtschaftsanreizen“ nicht zustimmen würden, und auf die angespannte Haushaltslage in den meisten Ländern verwiesen. Die USA forderten angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in weiten Teilen Europas ein Ende der Sparpolitik in der Eurozone und ein staatlich finanziertes Wachstum.
Die Finanzminister einigten sich darauf, dass bis zum großen G-20-Gipfel der Staatschefs im November im australischen Brisbane weitere Vorschläge ausgearbeitet werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter