Fußballprofis trainieren trotz Corona: Geduldete Grüppchen
In der Bundesliga bereitet man sich auf die Fortsetzung des Spielbetriebs vor. Fast überall wird wieder trainiert. Die Behörden haben nichts dagegen.
Nachdem fünf Teams schon in der Vorwoche oder noch früher wieder mit gemeinsamen Trainingseinheiten begonnen haben, wurden die Spieler von acht Mannschaften an diesem Montag zum Training gerufen. Darunter ist auch die des FC Bayern München. Die Zeit des Cybertrainigs, wie man es beim deutschen Rekordmeister genannt hat, ist also vorbei. Das mag schade finden, wer die gewollt witzigen Trainingsvideos der Profis aus Gärten, Wintergärten, privaten Folterkammern oder großen, leeren Räumen in den Häusern der Spieler unterhaltsam gefunden hat.
Jetzt müssen die Spieler wieder zum Trainingsgelände an der Säbener Straße. Aber nicht einfach so. Die Sportpostille Kicker berichtet von den besonderen Umständen der Übungseinheiten in Coronazeiten. Demnach sollen die Profis grüppchenweise zum Trainingsgelände kommen, wo sie nacheinander in der Tiefgarage abgeholt werden. Dann werden sie in die verschiedene Kabinen gebracht und trainieren auf mehreren Plätzen auf der Anlage verteilt. Duschen und essen sollen die Stars danach zu Hause. In Absprache mit den Gesundheitsbehörden ist man in München zu dieser Vorgehensweise gekommen.
Aus Frankfurt, wo die Mannschaft schon seit Ende der vergangenen Woche wieder trainiert, wird Ähnliches berichtet. Auch dort sind neue Kabinen eingerichtet worden, sodass sich nie mehr als vier Spieler zusammen in einem Raum aufhalten. Noch länger läuft schon das Training beim FC Augsburg. Der neue Trainer des Klubs, Heiko Herrlich, der vor der coronabedingten Unterbrechung des Spielbetriebs angeheuert worden ist und noch keine Partie gecoacht hat, bat die Profis schon am 23. März wieder zum Training.
Diese arg frühe Rückkehr auf den Trainingsplatz sorgte für Kritik. Herrlich meinte dazu in der Augsburger Allgemeinen Zeitung nur: „Jeder Fußballer möchte doch den Ball am Fuß haben und den Rasen spüren.“ Andere Klubs wie der FC Schalke 04 oder Borussia Dortmund folgten den Augsburgern bald und in der Liga wurde schnell über Wettbewerbsverzerrung diskutiert.
Bremer Sonderwewg
Die DFL reagierte darauf mit der Bildung einer „Task Force Sportmedizin/Sonderspielbetrieb“. Die Kommission hat unter der Leitung von Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer ihre Arbeit aufgenommen. Die besteht unter anderem darin, „spezielle Abläufe bei der Spiel- und Trainingsorganisation zu definieren und in einem Leitfaden einheitlich festzuschreiben“. Die Gesundheitsbehörden legten den Bundesligisten dabei in den meisten Fällen grundsätzlich keine Steine in den Weg. Nur in Bremen tat sich Innensenator Ulrich Mäurer schwer, dem SV Werder das Training zu erlauben. Eine endgültige Entscheidung erwarten die Bremer noch Anfang dieser Woche und beklagen auf ihrer Website einen möglichen Wettbewerbsnachteil gegenüber ihren Konkurrenten.
Immerhin geht es den Bremer Profis nicht anders als den meisten Freizeitsportlern der Republik, die seit Wochen nicht in den abgeriegelten Sporthallen und -anlagen trainieren können.
Warum die Profis in dieser Hinsicht anders behandelt werden als die sporttreibende Bevölkerung, begründet Norbert Dahmen (CDU), der Ordnungsdezernent der Stadt Dortmund, so: „Wenn Marco Reus, Axel Witsel oder Roman Bürki durch Dortmund joggen, erregt das zu große Aufmerksamkeit.“ Dazu erklärte er: „Das Gesundheitsministerium von NRW hat in einem Schreiben klargestellt, dass Profisportler einen Beruf haben und dass sie in ihrer Berufsausübung nicht beschränkt werden dürfen.“ Wie die DFL geht der Ordnungsdezernent davon aus, dass eine Sonderbehandlung des Profisports gerechtfertigt ist.
Ob eine solche Extrawurst wirklich gesellschaftlich akzeptiert wird, bleibt abzuwarten. Sie wäre jedenfalls eine Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs in der Bundesliga. Das zumindest meinte der Virologe Alexander Kekulé im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF am vergangenen Wochenende. Man müsse „eine Art spezielle Blase für die Fußballspieler“ schaffen, sagte er, um zumindest Geisterspiele zu ermöglichen.
Die Spieler müssten weitgehend isoliert leben und sich regelmäßig Tests unterziehen. „Machbar ist natürlich alles“, meinte er, „aber man muss immer überlegen, wie man den Menschen erklärt, dass der Fußball so eine Spezialbehandlung bekommt.“ Sportveranstaltungen vor Publikum hält er in diesem Jahr nicht mehr für möglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“