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Fußball-Klub-WM in ChinaPassender Partner

Eine neue, ganz große Klub-WM wird bald in der Volksrepublik ausgetragen. Die Fifa macht Kasse und liefert sich dem Regime aus.

Mit Infantinos Segen: China darf die nächste Klub-WM ausrichten Foto: Imaginechina/picture alliance

E instimmig sei die Entscheidung gefallen, hob Fifa-Chef Gianni Infantino hervor, als wäre das etwas Besonderes im obersten Gremium des Weltfußballverbandes. Betonen wollte er indes damit die einmütige Überzeugung im Fifa-Council, dass China der attraktivste Gastgeber für die neue Klub-WM 2021 ist. Andere Standorte hätten gar nicht zur Debatte gestanden.

Auch als Gastgeber der Weltmeisterschaft 2030 wird die asiatische Großmacht in Fifa-Kreisen hoch gehandelt. Der unwiderstehliche Drang zur Einstimmigkeit hat gewiss mit den lukrativen Perspektiven zu tun, welche China der Fifa bietet. Und umgekehrt ist es gerade dieser erkaufbare Einklang, der die Fifa und die Sportwelt für China so interessant macht.

Wie sehr sich das auszahlt, kann man derzeit in den USA am Beispiel der weltweit besten Basketballliga studieren. In der NBA ist nämlich das Geld, das vom wichtigsten Auslandspartner hereingeschwemmt kommt, aus den Finanzplänen gar nicht mehr wegzudenken. Von einer halben Milliarde Euro pro Saison ist die Rede.

Aus Sicht von China lassen sich auf diese Weise schon die kleinsten Misstöne aus der Welt schaffen, die das eigene Image beschädigen. Als sich vor wenigen Wochen Daryl More, der Manager der Houston Rockets, in einem Tweet mit den Demonstranten in Hongkong solidarisch erklärte, die sich gegen die Entmündigung durch die chinesische Regierung zur Wehr setzten, statuierte man ein Exempel.

Vorauseilender Sponsorengehorsam

Die Kooperation mit Houston wurde vom chinesischen Basketballverband aufgekündigt, das Staatsfernsehen stellte die Übertragung von NBA-Vorbereitungsspielen ein. Sogar die beiden Saisonauftaktspiele am Dienstag wurden aus dem Programm gestrichen. Der Sportartikelhersteller Nike nahm in vorauseilendem Gehorsam die Houston-Fanartikel aus seinen Läden in China.

Dass sich die NBA sofort per Tweet „zutiefst enttäuscht von Moreys unangemessenen Kommentaren“ zeigte, konnte die Sanktionen nicht verhindern. Der amerikanische Vize-Präsident Mike Pence geißelte am Donnerstag das Einknicken gegenüber China als „Tochterunternehmen dieses autoritären Regimes“. Auch wenn man im Weißen Haus ebenfalls mit freien Meinungsäußerungen von NBA-Vertretern so seine Schwierigkeiten hat und sie mit Ausladungen quittiert, trifft die Kritik doch sehr pointiert den Kern eines wachsenden Problems. Der organisierte Sport macht sich zunehmend zum Lakaien autoritärer Regime.

Und schon jetzt wirkt die Macht Chinas weit über die NBA hinaus. Unter den sieben deutschen Bundesligavereinen, die derzeit eine profitversprechende Kooperation mit China pflegen, wird es den ein oder anderen Funktionär geben, der mit der Protestbewegung in Hongkong sympathisiert. Nur wird spätestens seit dem kostpieligen Tweet von Morey sicherlich keiner mehr den Mund aufmachen. Das funktioniert nach dieser Machtdemonstration auch ganz ohne chinesische Zensurbehörden.

Wenn die Fifa nun in diesen Zeiten ihren Deal mit China feiert, ist das als Bekenntnis des Weltverbandes zu werten, das Kleingedruckte im Vertrag sehr wohl verstanden zu haben. Vor einigen Jahren sind der Fifa einige ihrer großen westlichen Unternehmenspartner abhanden gekommen, weil diese nicht mit einem System der Korruption, Intransperenz und des Nepotismus in Verbindung gebracht werden wollten. Ersetzt wurden sie durch große chinesische Sponsoren, die sich an dem Machtmissbrauch offenbar nicht störten.

Auch das schlecht beleumundete Internationale Olympische Komitee arbeitet mit zwei großen chinesischen Partnern zusammen. Der Milchproduktkonzern Mengniu und der Online-Händler Alibaba sponsoren das IOC zusammen im Milliardenbereich. Es wächst hier zusammen, was zusammenpasst.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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