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Fritten-Konflikt Kolumbien und BelgienEuropäische Pommes verteidigen

Kolumbien hat eine Importbeschränkung für Fritten angekündigt. Belgien bittet die EU um Unterstützung – die bereitet eine WTO-Klage vor.

Sind das hier wohl europäische Fritten? Foto: unsplash/Gilly

Buenos Aires taz | Im Fritten-Konflikt mit Kolumbien hat Belgien jetzt die Europäische Union um Schützenhilfe gebeten. Die zögerte nicht und versprach Unterstützung: „Europa wird seine Pommes Frites verteidigen,“ sagte Handelskommissarin Cecilia Malmström. Es werde bereits eine rechtliche Auswertung vorbereitet, um den Fall eventuell vor die Welthandelsorganisation WTO zu bringen. „Wir warten nur noch auf das offizielle Schreiben aus Kolumbien, das in den nächsten Tagen eintreffen müsste,“ so Malmström.

Die Kommissarin reagierte damit auf die Ankündigung des kolumbianischen Agrarministers Andrés Valencia Pinzón, Importbeschränkungen auf „gefrorene Kartoffeln aus Belgien, Holland und Deutschland, die zu Dumpingpreisen exportieren“ zu verhängen. Wie exportoffensiv Belgien ist, rechnet der nationale Kartoffelverband Belgapom vor. So sei die Produktion zwischen 1990 und 2017 von 500.000 Tonnen auf 4,6 Millionen Tonnen gestiegen. 90 Prozent würden exportiert, ein Drittel davon in Nicht-EU-Länder.

In Kolumbien ist die Kartoffel fester Bestandteil der nationalen Küche. Der Durchschnittsverzehr liegt bei jährlich 44 Kilo pro Person und damit nur 14 Kilo unter dem deutschen Pro-Kopf-Verbrauch. Nach Angaben des kolumbianischen Verbands der Kartoffelproduzenten Fedepapa wurden 2018 in dem lateinamerikanischen Land gut 2,7 Millionen Tonnen Kartoffeln geerntet.

Die rund 50 Millionen Importkartoffeln, so die Sorge in Kolumbien, könnten die heimische Produktion zerstören. Bedroht sind vor allem Kleinproduzenten, die nach Regierungsangaben etwa 80 Prozent der Ente einbringen und nicht mehr als einen Hektar bestellen. Rund 100.000 Familien lebten unmittelbar von Kartoffelanbau.

Dumping soll untersucht werden

Schon Anfang 2017 forderte Fedepapa die Regierung auf, das mutmaßliche Dumping bei den Kartoffelimporten aus Belgien, Holland und Deutschland zu untersuchen. Im Fokus standen vor allem Herstellerfirmen von halbgaren, eingefrorenen Fritten. Laut Fedepapa würden die Pommes zwischen 13 und 29 Prozent unter dem Preis liegen, der in anderen Ländern üblich sei. Als Vergleichsgrundlage dienten die Durchschnittspreise von Fritten, die von 2014 bis 2016 aus Belgien, Holland, Deutschland und Frankreich nach Großbritannien exportiert wurden.

Im August 2017 nahm Kolumbiens Handelsministerium entsprechende Ermittlungen auf. Im November 2017 stellte man offiziell die Dumpingpraxis der Belgier fest: Sie führe zu einem erheblichen Schaden für die heimische Kartoffelproduktion. Sollten jetzt wie angekündigt tatsächlich Importbeschränkungen erfolgen, stünde Kolumbien nicht allein da. Südafri­ka und Brasilien haben bereits vor längerer Zeit Restriktionen gegen belgische Fritten wegen Dumping verhängt.

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5 Kommentare

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  • Pommes-Imperialismus und die Gegenwehr... Aber es gibt auch hier genügend Leute, die die Globalisierung für fortschrittlich halten, denn statistisch hat die die Armut verringert... Statistisch habe ich Vermögen, sage ich mir immer, wenn der Blick aufs Konto Angst auslöst.....

  • Verstehe ich das richtig: uns wären unsere Kartoffeln billiger, wenn wir sie nicht für den Export subventionierten?



    Dann sage ich doch mal: Binnenmarkt first -wenn wir damit sogar dafür sorgen, dass die Erzeuger anderer Länder nicht ihre Existenzgrundlage verlieren und wir dadurch Entwicklungshilfe sparen!!!

    • @Vidocq:

      Wenn es so wäre. Ob es so ist, steht nicht in dem Artikel, lediglich dass Kolumbien das behauptet.

  • Genau - die EU exportiert mit Macht und Aggressivität Produkte in die Länder, aus denen sie usprünglich stammen, um dort die heimische Nahrungsmittelindustrie zu schädigen und zu verdrängen. Wie so häufig.

    Ganz toll sinnvoll! Wollen wir dann demnächst auch kolumbianische Flüchtlinge aufnehmen? Z.B. der deutsche Bauernverband zeigt sich dann sicher hilfsbereit.

    Hauptsache, die Nahrungmittelindustrie kann ihre Geschäfte erfolgreich abschliessen und verteidigen.

    • @Mitch Miller:

      Ihr Kommentar gefällt mir! Genau dieselben Gedanken sind mir auch durch den Kopf gegangen, als ich den Artikel gelesen habe.