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Friedensgespräche in Minsk scheiternOSZE sieht Schuld bei Separatisten

Die Organisation erhebt schwere Vorwürfe gegen die prorussischen Kräfte. In der Ostukraine kam es erneut zu heftigen Gefechten mit mehreren Toten.

Nach den Gesprächen in Minsk: die OSZE-Beauftragte Heidi Tagliavini. Bild: reuters

KIEW/WIEN dpa/afp | Nach dem erneuten Scheitern der Ukraine-Gespräche hat die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) den prorussischen Separatisten eine Blockadehaltung vorgeworfen. Statt über eine Feuerpause und den Abzug schwerer Waffen im Donbass zu sprechen, hätten die Aufständischen bei den Verhandlungen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk eine Revision bisheriger Vereinbarungen gefordert, teilte die OSZE am Sonntag mit.

Die Separatisten in Donezk und Lugansk hätten zudem nicht jene Vertreter nach Minsk entsandt, die persönlich eingeladen worden seien. So sei es am Samstag unmöglich gewesen, einen detaillierten Plan der Kontaktgruppe aus Vertretern der OSZE, Russlands und der Ukraine zu beschließen, kritisierte die Organisation in Wien.

Auch der Vizechef der ukrainischen Präsidialverwaltung, Waleri Tschaly, gab den Separatisten die Schuld am Scheitern der jüngsten Gespräche in Minsk. „Sie haben ultimative Forderungen gestellt. Leider ist der Friedensprozess in Gefahr“, teilte er in Kiew mit.

Die Aufständischen wiesen die Vorwürfe zurück. Separatistensprecher Denis Puschilin beschuldigte die prowestliche Führung in Kiew, auf einer im September in Minsk festgelegten Pufferzone beharrt zu haben. Diese sei aber durch Gebietsgewinne der „Volkswehr“ jetzt überholt.

Gefechte um Transportknotenpunkt

Bei heftigen Kämpfen in der Ostukraine sind nach Angaben von Regierung und Rebellen mindestens 19 Menschen getötet worden. Binnen 24 Stunden seien 13 Soldaten getötet und 20 weitere verletzt worden, erklärte ein ukrainischer Militärsprecher am Sonntag.

Drei Zivilisten seien zudem getötet und ein weiterer schwer verletzt worden, als ihre Häuser in zwei von der Regierung gehaltenen Orten in der Region von Lugansk beschossen worden seien, erklärte der örtliche Gouverneur Gennadi Moskal. Nach Angaben des Kiew-treuen Gouverneurs wurden zudem zwei ukrainische Soldaten durch Raketenfeuer in der schwer umkämpften Stadt Schastja nördlich von Lugansk getötet.

Ein Sprecher der prorussischen Separatisten erklärte, binnen 24 Stunden seien drei Zivilisten auf dem Gebiet der selbst ernannten „Volksrepublik Donezk“ getötet worden. 19 weitere seien verletzt worden. In der von Rebellen kontrollierten Stadt Makijiwka an der Grenze zu Donezk wurden drei Gebäude von Mörsergranaten getroffen, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete.

Die schwersten Gefechte lieferten sich Regierungstruppen und Separatisten um den strategischen Transportknotenpunkt Debalzewe rund 50 Kilometer von Donezk entfernt. Verteidigungsminister Stepan Poltorak sagte am Samstag, Aufständische hätten „teilweise“ die Kontrolle über die Stadt. Kiew dementierte jedoch Angaben der Rebellen, sie hätten dort rund 8000 ukrainische Soldaten eingeschlossen.

In dem seit neun Monaten andauernden Konflikt wurden bereits mehr als 5000 Menschen getötet. Seit Anfang September gilt in der Ostukraine formal eine Waffenruhe, die jedoch immer wieder gebrochen wird.

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15 Kommentare

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  • Zu Beginn des Konflikts hat Herr Poroschenko die Ostukraine zum Niederlegen der Waffen aufgefordert. Als Gegenleistung hat er Straffreiheit versprochen, keine wie immer auch gearteten Verhandlungen mit den Mitbürgern aus der Ostukraine.

    Herr Poroschenko hat auf eine militärischen Lösung gesetzt, um den Osten zu überlaufen. Er mobilisiert weitere 50000 Mann und will weiter aufrüsten. Er sollte zu einem Verhandlungsergebnis kommen und sich aus der Frontlinie zurückziehen und endlich anerkennen, dass nur eine Verhandlungslösung die Lösung sein kann.

    Seine Großoffensive am Flughafen sowie die weiterer Aufrüstung führt zu entsprechenden Gegenreaktionen der Separatisten.

  • 2012 Erhielt EU den FriedensNobelPreis,2015 subventioniert EU Abschusspremien i/d Ukraine,in einem BuergerKrieg wo die KievRegierung die Armee gegen die eigenen Buerger mobilisiert statt die Differenzen zu diskutieren.Ueber 5.000 Tote und fast eine Milion Fluechtlinge gibt es schon im Herzen Europas und kein Wort von Protest seitens der EU an die KievRegierung.Begruendung des damaligen Friedenspreises war:Fuer Friedensbemuehungen und Streben Kriege in Europa auszubannen.Fuer das Ausbleiben von Protesten seitens der EU an die Kievkrieger kann es nur eine Erklaerung geben,alles wurde so geplant.Wenn man die USA-Rolle in Kiev betrachtet dann muss das alles schon vor Jahren von der USA ueber die Nato vorbereitet sein,EU-Natominister wissen schon Jahre Bescheid.Natuerlich gibt es einen Schuldigen,Russland,das fuer die Rechte seiner Ukrainebuerger aufkommt statt die EU.Die Sanktionen sind ganz im Sinne der USA wo die Zusammenarbeit der EU mit Russland schon laenger ein Dorn im Auge waren

  • "Die spielen Krieg um ihren Drang nach Abenteuer und Zerstörung sowie ihre Gier nach Besitz und ihren Nationalismus zu befriedigen."

     

    Glauben Sie das wirklich? Geht es nicht eher im geopolitische Machtspielchen zweier Atommächte? Die gegenseitige Absteckung von Einflusssphären?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ja, die Punkte schließen sich ja auch nicht aus, im Gegenteil.

  • Dieser Krieg geht ziemlich sicher zum Großteil von Russland und einigen Prorussen aus der Ukraine aus.

     

    Die spielen Krieg um ihren Drang nach Abenteuer und Zerstörung sowie ihre Gier nach Besitz und ihren Nationalismus zu befriedigen.

     

    Die letzten beiden Punkte gelten auch für Kiew.

     

    Die ursprüngliche Schuld für den Krieg sehe ich eindeutig bei Russland.

     

    Auf Seiten der Taz sehe ich keine Parteinahme. Wer hier wie Gerda Fürch schreibt, dass die Taz von oben herab verpflichtet wird ist paranoid oder bezahlter Kommentarschreiber. Denn die gibt es im Gegensatz zur "gesteuerten deutschen Presse" (oder wie Pegida sagt: "[linksversiffte] Lügenpresse" tatsächlich haufenweise.

     

    Letztendlich sind alle Militaristen (auf beiden Seiten) dumme Ärsche, um es selbst mal radikal und dumm zu formulieren.

     

    Und auf allen Seiten (inkl. der beteiligten USA und EU) haben die Friedensbewegungen versagt.

     

    Danke Menschheit für einen großen Schritt zurück tt

  • vier Posts und alle primitivste Russenpropaganda. Es ekelt einen manchmal wirklich sich in die Foren einzulesen in denen die Putinboys ihre Sicht der Dinge absondern.

    Da wird ignoriert das nach massiver Aufrüstung und personeller Verträrkung duch Russische igkognito Truppen diese eine scheinbar erfolgreiche Offensive gestartet haben. Da haben die natürlich keine Lust sich von Diplomaten die blutigen Früchte des Raubzugs wider wegnehmen zu lassen. Das nach 70 Jahren Frieden die Ukrainische Jugend keine Lust hat sich für die okkupierten Ostlandkreise verheitzen zu lassen spricht doch für die Menschen in dem Land ,sie wollen endlich Freiheit Demokratie und Frieden haben. Wie die Polen, Balten und Südosteuropäer vorher.

    Auch die Russen wollen keinen Krieg in dem ihre Söhne in den markanten Roten Särgen heimkommen, aber der Nationalismus und Neoimperiale Kolonial Revanchismus der Sovjetnostalgiker hetzt die Menschen auf und lässt in perverser Kälte den Konflikt am köcheln. Sanktionen sind noch zu mild und hoffendlich geht dem Regieme bald das Geld aus zum Kriegeführen.

  • Die einseitige Richtung der Berichterstattung in der taz und ihrer Korrespondenten ist seit 9 Monaten festgelegt. Deshalb heißt der Schwerpunkt ja auch:

     

    "Die Ukraine droht auseinanderzubrechen. Internationale Interessen Russlands überlagern den Konflikt und heizen ihn zusätzlich an."

     

    Eine Änderung und ein Ende dieser auffallend, schon oft kritisierten einseitigen journalistischen Arbeitsleistungen ist nicht in Sicht. Denn Europa muß ja mit einer Stimme sprechen! Dazu werden dann eben auch und möglichst alle westlichen Medien verpflichtet.

     

    Kein westlich orientiertes Medium, Journalist, Reporter wagt aus der Selbstzensur auszusteigen und Zivilcourage zu zeigen - gegen die Bevormundung durch EU, "Troika", USA, Deutschland und NATO.

     

    Kritik an der Politikrichtung der Kiewer Regierung mit diesem Poroschenko ist soundso tabu. Das verhindern auch erfolgreich Polen und die baltischen Staaten.

  • Die OSCE hat hier eine etwas arg vereinfachte Sicht. Man kann nicht wegdiskutieren, dass die Ukraine seit Septemer ungfähr 50% des Landes um Donezk verloren hat. Also kann man auch nicht auf diese Grenze zurück-kommen. Dass die Ukraine gerade am Verhandlungstag massivst angriff ist für die Vertreter des Donbass genug um eben Ihre Stellvertreter zu schicken. Strategie ist und bleibt Chefsache, ob Churichill, Napoleon oder die Vertreter des Donbass ist da ganz irrelevant.

  • "Seit Anfang September gilt in der Ostukraine formal eine Waffenruhe, die jedoch immer wieder gebrochen wird."

     

    Ich weiß nicht, ob es dem Team der TAZ schon aufgefallen ist. Aber der Waffenstillstand ist beendet. Östlich von Donezk tobt eine Kesselschlacht, die evtl. entscheidend für den Ausgang des Krieges ist. Das sieht man schon daran, dass die Vertreter der Kiewer Regierung auch mal in Kiew erschienen sind. Das die Separatisten gerade jetzt kein Abkommen mit einer Festschreibung der alten Linien wollen, war ja wohl zu erwarten. Die sind doch schließlich nicht blöd.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Entschuldigung. Meinte natürlich:

       

      "...mal in Minsk erschienen sind."

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Klar, wirklich einleuchtende logic. Waffenstillstand schliese, wenn man gerade Boden verliert und Waffenstillstände brechen, wenn man wider Boden gut machen kann, um neue Waffenstillstände mit Landerweiterung zu schliesen. Ganz supper Logic

        • @Wandel:

          So funktioniert das nun mal.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Wenn alle so denken würden, gäbe es nicht sowas wie ein Waffenstillstand und die Welt wäre schon lange im Blut ertrunken. Bin ich froh, dass nicht alle so denken.

  • Da schicken die Rebellen nicht , wie die Ukraine fordert, betimmte Anführer nach Minsk, für die Ukraine kommt auch nicht der von den Rebellen angeforderte Präsident. Die Ukraine sagt das Treffen ab, und laut OSZE sind die Rebellen Schuld am Scheitern der Verhandlungen. Im Minsker Abkommen wurde der Flughafen von Donezk dem Gebiet der Rebellen zugesprochen. Die Ukraine greift diesen Flughafen an, bricht also das Abkommen. Jetzt setzt die ukrainische Regierung Kopfprämien auf getötete (ermordete) Ukrainer der Gegenseite aus, will diese mit Euro bezahlen, die sie nicht hat und auch nie zurückzahlen wird. Das dieser Regierung zur Verfügung, geliehene Geld wird im Krieg verbrannt, landet in den Taschen der Oligarchen, die daran verdienen. Wann endlich kapiert man in der EU, dass diese Bande von Oligarchen undd Faschisten Europa in "den großen Krieg" hineinziehen will? Syrien wird mit Recht kritisiert, weil es die eigene Bevölkerung bombardiert - wann kritisieren die Vertreter westlicher Werte endlich die Ukraine, weil sie dasselbe tut und belegt diese mit Wirtschaftssanktionen, stoppt die Finanzierung des Krieges und Gespräche mit EU und NATO? Oder ist westliche Heuchelei, Verdienen am Krieg das Leitmotiv von EU und USA?

    • @Emil:

      Ach Quatsch , EMIL : EU und USA waren , sind und werden immer die GUTEN sein . Ihnen kommt es hier allein auf die Wiederherstellung des Rechts , des Völkerrechts an . LOL

      Und das lassen sie sich eine Menge Dollars und Euronen kosten , die EU auch Wirtschaftswachstum wegen der Strafmaßnahmen gegen Russland .

      Dass mit der Ukraine auch nach einem (nicht absehbaren) Ende des absurden Bürgerkrieges für die EU kein Blumentopf zu gewinnen sein wird , das zu wissen möchte man den Machern unterstellen dürfen .