Frieden zwischen Kongo und Ruanda: Trumps Kongo-Knoten
Der US-Präsident will durch US-Investitionen Frieden zwischen Kongo und Ruanda schaffen. Doch sein Wirtschaftskolonialismus bringt das Gegenteil.
W enn Friedensversprechen Kriege beenden würden, wäre die Welt ein Paradies. Leider ist das Gegenteil der Fall, und kaum jemand weiß das besser als die Menschen im Afrika der Großen Seen. Vom Völkermord an Ruandas Tutsi 1994 bis zu den aktuellen Milizenkriegen in der Demokratischen Republik Kongo zieht sich eine Blutspur, die als Afrikas Dreißigjähriger Krieg bezeichnet wird und das Bewusstsein der Menschen noch über Generationen hinweg prägen wird.
Kongos Präsident Felix Tshisekedi und Ruandas Präsident Paul Kagame haben nun in Washington unter den Augen Donald Trumps einen Friedensvertrag unterzeichnet. Trump feiert dies als einen weiteren Erfolg seiner Staatskunst. Vor Ort weiß man es besser. Der Krieg im Osten der DR Kongo ist pünktlich zu der Trump-Friedensgala so heftig aufgeflammt wie nie. Kongos marode Armee, unterstützt von Burundi sowie lokalen Milizen, befindet sich erneut im Rückzugsgefecht gegen die von Ruanda unterstützten, gutorganisierten Rebellen der AFC/M23 (Allianz des Kongo-Flusses/Bewegung des 23. März). Erstmals haben die M23-Rebellen am Wochenende die burundische Grenze erreicht.
Alle Beteiligten wissen, wie unkontrollierbar ein regionaler Flächenbrand wäre, und daher schrecken sie alle vor den finalen Eskalationsschritten zurück – bisher noch. Aber vor Ort hat Krieg eine eigene Dynamik von rivalisierenden Gewalterfahrungen, Untergangsvisionen und Heilsversprechen.
Auf ethnischer Grundlage und mit staatlicher Unterstrützung sind im Osten der DR Kongo paramilitärische Milizen entstanden, die die Tötung oder Vertreibung aller Tutsi nicht nur predigen, sondern aktiv betreiben und auch den Kampf gegen Ruandas Langzeitherrscher und ehemaligem Tutsi-Guerillaführer Paul Kagame als legitimes Ziel im kongolesischen politischen Diskurs verankert haben. Die Tutsi-geführten Rebellen wiederum sehen in ihrem Mini-Kongo im Osten des Landes, wo sie unter dem Schutzschirm Ruandas alle Konkurrenten ausschalten und das Gewaltmonopol ausüben, ihre einzige Überlebensgarantie.
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An dieser Dynamik ändert das Trump-Abkommen nichts. Das alte Problem bleibt: Ruanda wird seine Interventionen auf kongolesischem Gebiet erst beenden, wenn von dort keine militärische oder ideologische Gefahr für seinen Fortbestand mehr ausgeht. Die Kräfte in der DR Kongo, die Ruanda und die Tutsi als zu vernichtenden Feind ansehen, werden wiederum nicht die Waffen strecken, solange Ruanda weiter auf kongolesischem Gebiet aktiv bleibt. Einen Ausweg aus diesem Teufelskreis hat noch kein Friedensprozess, keine UN-Mission, kein Demobilisierungsprogramm gefunden.
All das wissen Tshisekedi und Kagame natürlich. Sie vermuten wohl, dass Trump es nicht weiß. Sie ahnen sicher, dass es besser ist, es ihm nicht zu sagen. Und sie kalkulieren, dass die USA ihnen doch zur Seite springen könnten, sollte der Krieg eskalieren. Dieses Kalkül erklärt das vordergründig widersprüchliche Interesse der Kriegsführer an möglichst umfassenden Friedensverträgen; dieselbe Logik wohnt auch dem parallel stattfindenden innerkongolesischen Friedensprozess zwischen Regierung und Rebellen in Katars Hauptstadt Doha inne.
Washington verfolgt schon immer eine andere Logik: die der ökonomischen Annäherung zwischen Kongo und Ruanda. Das wurde jetzt durch ein neues Abkommen erneut betont. Das hat in der Vergangenheit zwar wirtschaftliche Vorteile gebracht, aber politische Konflikte nicht gelöst. Neu ist jetzt unter Trump, dass Investitionen der USA den Regierungen der Region ein monetäres Interesse am Frieden geben sollen – vor allem der kongolesischen, deren Wirtschaft gerade aus den Fugen gerät.
Der industrielle Bergbau ist seit zwei Jahrzehnten Kongos Wachstumsmotor, China ist der größte Kunde und Investor. Aber die globale Nachfrage an Kongos Hauptexportprodukt Kobalt sinkt. Im Februar verhängte Kongos Regierung einen seitdem mehrfach verlängerten Kobalt-Exportstopp, um den Preisverfall aufzuhalten. Damit brachte sie nicht nur ihre eigene wichtigste Einnahmequelle zum Versiegen, sondern sie ermutigt China geradezu, sich anderweitig umzusehen.
Wegen des Krieges brechen derweil ganze Provinzen als Einnahmequellen des Staates weg, während Militär- und Sicherheitsausgaben in die Höhe schnellen, nach manchen Berechnungen auf bis zu 30 Prozent des Staatshaushalts 2026. Um das zu finanzieren, kürzt Kongos Regierung soziale Investitionen. Sie vergrößert damit Armut und Unmut unter den bald 120 Millionen Einwohnern, von denen zwei Drittel in absoluter Armut leben, und begibt sich zugleich in wachsende Abhängigkeit von Kreditgebern und Investoren.
Ein parallel zum Friedensvertrag unterzeichnetes Strategisches Partnerschaftsabkommen zwischen Washington und Kinshasa gewährt nun den USA privilegierten Zugang zu Kongos Rohstoffen. Kongos Regierung muss demnach eine Liste „strategischer Bergbaureserven“ erstellen und zukünftig alle damit verbundenen Vorhaben einem Wirtschaftsausschuss beider Länder vorlegen, der im Konsens über die Umsetzung entscheidet. US-Interessenten genießen Vorzugsbehandlung sogar gegenüber Kongolesen – erst wenn Verhandlungen mit US-Partnern scheitern, dürfen andere gefragt werden.
Das ist nackter Wirtschaftskolonialismus, und wie sich das mit den bestehenden Verträgen mit China verträgt, auf die Kongos Regierung bisher setzt, dürfte noch interessant werden. In Anbetracht der Korruption in Kongos Bergbau – in Belgien wird gerade gegen Kongos Präsidentenfamilie wegen illegaler Bereicherung an Kupfer- und Kobaltförderprojekten ermittelt – stellt all dies einen Konfliktmotor für das ganze Land dar.
Die Abkommen von Washington stellen diesen Motor nicht ab. Sie legen eher einen Gang zu. Die Rebellen im Osten müssen nur noch warten, bis der Staat im fernen Kinshasa von selbst zusammenbricht. Aber der resultierende Scherbenhaufen wäre so groß, dass er alle Parteien unter sich begraben dürfte.
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