piwik no script img

Fridays for FutureKlimastreik in 126 Ländern

Auch in 300 deutschen Städten fordern Hunderttausende, die EU-Wahl zur Klimawahl zu machen. Immer mehr Erwachsene schließen sich den SchülerInnen an.

„Die hoffen wohl, dass wir Ruhe geben“: Luisa Neubauer am Freitag in Berlin Foto: Malte Kreutzfeldt

BERLIN/HAMBURG taz | So eine große Ausdehnung hatten weltweite Proteste noch nie: In 126 Ländern gingen am Freitag meist junge Menschen auf die Straße, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. In Deutschland war die Beteiligung mit über 300 Demonstrationen und Kundgebungen besonders groß. Waren es anfangs vor allem SchülerInnen, die freitags den Unterricht bestreikten, wollten die OrganisatorInnen das Spektrum diesmal deutlich ausweiten, um die Europawahl am Sonntag zur „Klimawahl“ zu machen.

In Berlin scheint das gelungen zu sein. Rund 17.000 Menschen – weniger als beim Besuch der Schulstreik-Initiatorin Greta Thunberg im März, aber mehr als die erwarteten 10.000 – versammeln sich mittags vor dem Brandenburger Tor, und der Altersdurchschnitt scheint höher als zuvor: Krankenhaus-Angestellte erscheinen in weißen Arztkitteln, Rentnerinnen mit Plakaten, auf denen „Omas for Future“ steht. Studierende verschiedener Berliner Universitäten beteiligen sich mit einem großen eigenen Block. „Wir sind bisher viel zu passiv gewesen“, ruft eine Studentin von der Bühne, „wir müssen zurück auf die Straße.“

Auch zahlreiche WissenschaftlerInnen unterstützen die Proteste wieder. Unter ihnen ist der Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf. Er geht in seiner Rede auf das viel diskutierte Video des YouTubers Rezo ein – und stellt klar: „Was Rezo zum Klima sagt, ist wissenschaftlich korrekt.“

Auch in Hamburg hat es Tausende Schüler nach draußen getrieben. Schon um 10 Uhr sind die Straßen rund um den U-Bahnhof St. Pauli voll. Parents, Scientists und andere erwachsene Unterstützer der „Fridays For Future“-Proteste sieht man hier weniger, stattdessen eine Jugend, die mit Hunderten Pappschildern ihrem Unmut Luft macht. Und das durchaus radikal. „System change, not climate change“, ruft die Menge.

Nach einer Rede, die den Neoliberalismus für die Klimakrise, aber auch für das Verschwinden zwischenmenschlicher Solidarität anklagt, geht es los. Als die Demo ihre Zwischenkundgebung am Gänsemarkt erreicht, schätzt die Polizei bereits 17.000 TeilnehmerInnen, etwa doppelt so viele wie bei der bislang größten Hamburger Fridays-for-Future-Demo Mitte März; die VeranstalterInnen sprechen später von 25.000 Menschen. Während am Rande kaum ein CDU-Plakat unverschont von ergänzenden Botschaften bleibt, lebt die Hoffnung auf die Europawahl am Sonntag. „Geht wählen“, fordert ein Schüler in seiner Rede – „und zwar eine Partei, die sich für Klimaschutz einsetzt“.

Während am Rande kaum ein CDU-Plakat unverschont von ergänzenden Botschaften bleibt, lebt die Hoffnung auf die Europawahl am Sonntag

Allein in Deutschland beteiligten sich nach Angaben der VeranstalterInnen über 300.000 Menschen an den Protesten. Und das macht auf die deutsche Politik offenbar zunehmend Eindruck: „Es geht nicht, dass man Vereinbarungen trifft, und sie dann nicht erfüllt“, sagte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Es ist gut, dass die jungen Leute Druck machen.“

Den DemonstrantInnen genügen solche Worte aber nicht. „Wir werden von allen Seiten gelobt“, sagte Mitorganisatorin Luisa Neubauer in Berlin. „Die hoffen wohl, dass wir dann Ruhe geben, aber das wird nicht passieren.“ Notwendig seien nicht Worte, sondern Taten, so Neubauer: „Wir brauchen ein EU-Parlament, das angesichts der größten Krise der Menschheit die Ärmel hochkrempelt.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

23 Kommentare

 / 
  • Wir leben (noch) in einer REPUBLIK. Die ist aus der Empörung im alten Rom entstanden: Lukretia Legende.



    Sie hat Rom über 400 Jahre geprägt.



    Und die Bundes-Republik?



    "BERLIN/HAMBURG taz | So eine große Ausdehnung hatten weltweite Proteste noch nie: In 126 Ländern gingen am Freitag meist junge Menschen auf die Straße, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. In Deutschland war die Beteiligung mit über 300 Demonstrationen und Kundgebungen besonders groß."



    Wir diskutieren noch?

  • Das wird nicht „einige Monate“ so weitergehen, sonder hoffentlich die nächsten 30 Jahre!

  • Danke Fff !!! Weiter so..



    Wer den Klimawandel leugnet, sollte mit dem Gärtnern beginnen.



    Der wird sehen wie gefährdet unsere Ernährung durch den Klimawandel ist. Wieviel Probleme die Trockenheit macht. Die fehlenden Insekten. Die neophyten. Die warmen Winter, die dafür sorgen, daß Viren, Pilze und Schädlinge nicht mehr durch Frost abgetötet werden.



    Eines der größten Probleme der Klimawandel Leugner ist, dass sie den Bezug zur Natur verloren haben und das sensible, komplexe System nicht verstehen.



    Wir Rasen mit Vollgas auf eine Betonmauer zu.. Und glauben wir hätten alles unter Kontrolle.



    Hahaha!

  • 0G
    05653 (Profil gelöscht)

    Die Mobilisierung Massen



    Fast alle Behauptungen zum Thema Klima in dem Video sind masslos überzogen oder ganz falsch. Dennoch bestätigt ein sogannter Klimaforscher die Behauptungen auf einer politischen Massenveranstaltung. Damit bestätigt er den Grund, warum wir Expertenregierungen per se ablehnen.

    Möglicherweise muss auf einmal alles so schnell gehen, weil der IPCC an Legitimation verlieren könnte und dann gar nicht mehr so richtig wichtig ist so ganz ohne prominente Klimaparties.

    Hier ist ein link zu den Milankovic-Zyklen, einem klimawissenschaftlichen Forschungsergebnis. Manche Wissenschaftler machen sich eben Gedanken, während andere täglich mit gesponsorten Satelliten den Meeresspiegel messen oder als Authorität auf Großdemonstrationen ihr Ego streicheln, weil ihre Messergebnisse wegen Fehlertoleranzen sowieso nichts taugen.

    diekaltesonne.de/k...etenen-warmzeiten/

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @05653 (Profil gelöscht):

      Da macht mal wieder Einer seinem Nickname alle Ehre.

      Wer sich auf Scheinreduzierungen wie 'entweder - oder' einlässt, mag in Talk-Shows gut aufgehoben sein. Beim Verstehen komplexer Vorgänge wird es schnell eng, wenn es um die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Ansätze, Erklärungen, Ereignisse ... nebeneinander geht.

      Mal mit Anders Indset beschäftigen. Als Einstieg genügt ein Beitrag aus der Phoenix-Mediathek vom 19. Mai.

      Wohl bekomm's.

    • @05653 (Profil gelöscht):

      Wieviele der Klimaforscher*innen bestätigen denn die IPCC-Berichte und wieviele nicht?

    • @05653 (Profil gelöscht):

      Moin moin!



      Sie haben aber schon mal nachgesehen, wo die im Impressum der verlinkten Seite genannten Vahrenholt und Lüning ihr Geld verdient haben, oder?

      • @Eiswein:

        Danke für Ihren Hinweis.

        Prof. Vahrenholt, ehemaliger Chef von Innogy, die zu RWE gehört und den ich schon mal live erlebt habe, hat von Klimatologie soviel Ahnung, wie Thilo Sarrazin von Kultur und Herr Gauland von Empathie. Nämlich keine.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @shashikant:

          Na, hier hat sich wohl die Abteilung der Pauschalisierer und Vereinfacher zusammen gefunden. Stichwort: Reduzierung von Komplexität???

          Der Hinweis auf die Interessen und die Geldgeber von Diskutanten besagt erst einmal ... NICHTS. Nur, woher das Geld kommt und welche Interessen repräsentiert werden.

          Selbst eine stehengebliebene Uhr zeigt zweimal am Tag die RICHTIGE Uhrzeit an. Verlässlich.

          Hilfreich wäre also der Hinweis, an welcher Stelle die Aussagen Lünings und Vahrenholts falsch sein sollen - und was demgegenüber richtig ist.

          Zur Abkürzung: ich finde diese Entweder-Oder-Debatten töricht. Sie führen ins Nichts. Aber vielleicht soll das ja auch so sein.

          Bei Problemstellungen existieren häufig mehrere Ursachen (mein früherer Doc meinte: nicht Läuse oder Flöhe, sondern Läuse und Flöhe).

          Kunst wäre es, herauszufinden, an welcher Stelle was wie stark wirkt.

          Eine Übersetzung auf das Thema Klimaerwärmung überlasse ich jedem selbst.

          Service: gerne.

          • @76530 (Profil gelöscht):

            Hallo Herr Leiberg,

            Herrn Lüning kenne ich nicht, aber Hr. Vahrenholts Kenntnisse der Erneuerbaren Energien schon. Die waren überschaubar auf dem damaligen Vortrag. Er wusste nicht, was ein Solarturmkraftwerk ist, - so etwas finden Sie z. B. in Jülich oder in Südspanien - etwas, was ich schon im Studium gelernt habe.



            Der Weltklimarat IPCC, dem mehrere Tausend Wissenschaftler angehören bzw. ihn unterstützen und weitere führende Klimatologen weltweit, sind sich einig darin, daß die globale Erwärmung auf den Menschen zurückzuführen ist, anders als die Theorien von Hr. Vahrenholt.



            Herr Vahrenholt ist Chemiker. Das ist ein weiter Weg zur Klimatologie, auch wenn viele Professoren meinen, sie könnten alles.



            Wenn Sie einen guten Überblick gewinnen wollen, lesen Sie "Wenn nicht jetzt, wann dann?" von Harald Lesch.

  • Also hoffen wir mal, dass sich diese Demos noch einige Monate hinziehen und nicht wie bei Pegida, schnell aufgeben. Es soll wohl noch Pegidaläufe geben, davon hören oder lesen tut keiner. Es wurde uninteressant. Das Klima ist doch nur begrenzt von uns Menschen beeinflussbar. Viel wichtiger wäre es doch, endlich diesem Plastikwahn entgegenzutreten. Schade, dass sich von allen Parteien anscheinend niemand dafür interessiert, wenn wir unsere Gesundheit mit Plastikpartikeln zerstören und selbst in den Meeren immer mehr davon herumschwimmt. Hier könnte der Mensch wirklich etwas ändern, aber läuft deshalb jemand auf der Strasse herum? Ja, die Verpackungslobby ist halt mächtig, da traut sich keiner und schon gar kein Politiker. So schauts. aus.

    • @marco benz:

      "Das Klima ist doch nur begrenzt von uns Menschen beeinflussbar."



      Sie bedenken schon, dass seit der Industrialisierung und dem immensen Verbrennen von fossilen Energieträgern, das Klima sich erwärmt hat und sich dramatisch weitererwärmen wird? DAS ist der menschliche Einfluss. Der menschliche Einfluss hat uns in diese Klimakrise geführt. Wenn wir die Krise abmildern/abwenden wollen, sollte mensch sich nicht nur Gedanken machen, wie das zu erreichen wäre, sondern alles daran setzen, dass das auch schnell umgesetzt wird. Plastikmüll ist ein großes ökologisches Problem. Warum aber das gegen die Klimakrise ausspielen?

  • da hat wohl einer erkannt, dass er verloren hat.



    ! Meßt Sie an Ihren Taten und nicht an Ihren Worten !

    Ja. Wählt eine Partei die sich wirklich für den Klimaschutz einsetzt - und nicht nur mit Worten, sondern bereits Referenzen vorzuweisen hat.

    • 0G
      05653 (Profil gelöscht)
      @Sonnenhaus:

      , "da hat wohl einer erkannt, dass er verloren hat."

      Ich war ja 20 Jahre nicht zuhause und bin gerade erst zurück gekommen und ein bischen schockiert über den gesellschaftlichen Wandel.

      Gibt es in Deutschland jetzt auch Wettbüros, die Wetten zu politischen Ereignissen annehmen?

  • Na klar - sie stellt die Gretchen Fragen!



    In einer Republik (res publika) liegt es am Souverän (das bin Ich) hin zu schauen auf das, was die gewählten Politiker so tun bzw nicht tun? Ich bin der Souverän!



    Geschwätz ist nichts wert!



    Nur wenn WIR hinschauen, können wir etwas sehen!



    Wir können heute erkennen, daß die "Rettung Griechenlands" nichts mit Griechenland zu tun hat, sondern mit dem Versuch der Rettung der Deutschen Bank!



    Sie hatten wohl Deutschland zum "Exportweltmeister" verholfen und die Finanzierung Deutsche Autoexporte von Daimler und BMW Taxis zu finanzieren?



    Leider konnten die Griechen mit ihren Oliven diese Taxis nie bezahlen.



    Wie wir heute erkennen ist die Deutsche Bank nicht gerettet!



    Eine alte Bauernregel sagt, Gier macht dumm! Sie soll eine deutsche Bauernregel sein? Stuttgart21 ist für mich der Beweis, dass sie stimmt.



    Ich freue mich bereits auf die Skulptur von Peter Lenk Laocoon in Stuttgart: siehe KONTEXT vom Wochenende.

    Mit der Europa Wahl haben wir die Chance einen Neuen Grünen Deal zu wählen: Den Punkt 25 auf der Europa Wahlliste: DiEM 25, die habe ich gewählt, weil sie europaweit einen Neuen Grünen Deal voran bringen wollen: "Jedes Jahr 500 Mrd. Euro in den Klimaschutz investieren!" Die EZB kann dies finanzieren, da sie keine Gewinne wie eine Geschäftsbank erwirtschaften muß, aber der Gewinn (Umwelt) kommt uns allen zu gute!

    • @Peter Meisel:

      Yanis Varoufakis, der DiEM 25 begründete, war Mitglied der Querfrontregierung von Syriza und Anexartiti Ellines. Für mich ein politisches No-Go.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Uranus:

        Tja, da hat wohl ein Jeder andere Vorlieben. Auch, was die hohe Argumentationskunst angeht: Die Einen sind eher auf Seiten der Sache, die Anderen eher bei den Personen.

        Was Varoufakis angeht, den ich seit seinem Streit mit Schäuble 2015 sehr schätze: haben Sie vielleicht auch ein, zwei klitzekleine Argumente parat?

        Nein, nein, keine Schein-Argumente dieser Art. Kritik mit Inhalt kommt immer wieder gut.

        Btw: hat Voroufakis als DiEM 25- Spitzenkandidat aktuell Hinweise Richtung Querfront für das Europaparlament gegeben? Ich habe noch nichts gehört.

        Also her mit den lästigen Fakten!

        • @76530 (Profil gelöscht):

          Wie ich bereits schrieb, ist Varoufakis eine zentrale Figur in der DiEM 25. Es wäre für etwas anderes, wenn Varoufakis aus seinem Regiuerungsamt zurückgetreten wäre, wenn er das mit Querfront begründet hätte. Gibt es da eine entsprechende Erklärung von ihm? Es geht nicht bloß um eine Person sondern um politische Entscheidungen und Positionen. An sich wurde die Querfront meines Empfinden nach zu wenig kritisch innerhalb der Linken diskutiert - was ich problematisch finde. Des weiteren muss ja keine Absichtserklärung für Koalitionsvorhaben vor Wahlen vorliegen. Solche Koalitionsbildungen können ja auch nach Wahlen angestrebt werden.

  • Erfreulich, daß einige SchülerInnen und Erwachsene auf die Straße gegangen sind, wenngleich es keinen Grund gibt, die Hände in den Schoß zu legen. Es müssen viel mehr werden, regelmäßig.

    Wenn Herr Schäuble einen lobt, ist das entweder ein Zeichen, daß man völlig falsch liegt oder daß er und die CDU, die für den Schlamassel mit der Umweltzerstörung und Klimawandel maßgeblich verantwortlich sind, merken, daß sie massiv Wähler verlieren könnten.